Rockenhausen Schuldspruch für Betreiberin: Zukunft von Gnadenhof nach Urteil offen

Hätte man den Tieren Leid ersparen können? Diese Frage beschäftigte das Gericht.
Hätte man den Tieren Leid ersparen können? Diese Frage beschäftigte das Gericht.

Der Schuldspruch einer Richterin hat einen Gnadenhof für betagte Tiere in seinen Grundfesten erschüttert. Zwar treffe die Betreiberin „nur“ eine indirekte Schuld am Tod zweier Ziegen. Doch damit der Hof überhaupt fortbestehen kann, muss die Frau schnellstmöglich den Zaun grundlegend erneuern.

Die Vorwürfe klingen hart: Eine 65 Jahre alte Frau soll den Tod zweier Wirbeltiere „ohne vernünftigen Grund“ herbeigeführt und einem weiteren erhebliche Schmerzen zugefügt haben. Gemäß Tierschutzgesetz wird die Tötung als Straftat gewertet, zunächst unabhängig davon, ob der Mensch vorsätzlich handelt oder überhaupt aktiv dazu beiträgt. Denn genau davon kann im Fall der Betreiberin eines Gnadenhofs im Donnersbergkreis keinerlei Rede sein.

Die 65-Jährige hat nämlich nichts getan. Beziehungsweise zu wenig getan, um den Tod der Tiere zu verhindern. Zwei Ziegen hatten sich im vergangenen Frühjahr im Zaun der Weide verheddert und waren verendet. Eine dritte, die ebenfalls feststeckte und dem Tode geweiht schien, konnte auf den letzten Drücker gerettet werden – nicht zuletzt dank eines Kriminalbeamten, der – mit den Todesfällen konfrontiert – auf dem Gnadenhof mal nach dem Rechten hatte schauen wollen.

Strafe fällt empfindlich aus

Das Leid der Tiere zu verhindern, dies wäre objektiv betrachtet möglich gewesen, befand die Strafrichterin am Amtsgericht Rockenhausen. Sie sah von daher die Verstöße gegen das Tierschutzgesetz als erwiesen an und belegte die 65-Jährige mit einer empfindlichen Geldstrafe: 110 Tagessätze schlagen sich im polizeilichen Führungszeugnis der nicht einschlägig vorbestraften Frau nieder. Die 65-Jährige wäre mithin erneut vorbestraft, sobald das Urteil Rechtskraft erlangt.

Dass die Tagessatzhöhe mit zehn Euro wiederum auf Mindestniveau angesiedelt ist, hängt mit der prekären finanziellen Situation der Frau zusammen. Notorischer Geldmangel dürfte auch ursächlich für die Verhältnisse auf dem Gnadenhof sein. Denn die Einrichtung werde allein von Sponsoren und Spendern und dank ehrenamtlich tätiger Helfer vorm Zusammenbruch bewahrt. Daran ließ die Frau, die rund 50 Wiederkäuern ein Zuhause bietet, keinerlei Zweifel.

Gegen Strafbefehl Einspruch eingelegt

Der Frau war wegen der Vorfälle bereits ein Strafbefehl ins Haus geflattert. Dagegen aber hatte sie Widerspruch eingelegt, woraufhin es zwangsläufig zur Hauptverhandlung gekommen ist. Unverkennbar war dabei, dass sich die Frau von den Vorwürfen ins Mark erschüttert fühlt. Die Anwältin an ihrer Seite versuchte alles, das Engagement der Angeklagten zu betonen, die alle ihre Tiere beim Namen kenne, die sich völlig der Pflege von Kreaturen verschrieben habe, die auf dem Hof ihr Dasein fristen dürften, ohne dass ihnen Unheil in Gestalt des Schlachters drohe.

Kein gutes Zeugnis stellte indes die Sachverständige der Betreiberin aus. Dort habe man sogar schon Tiere hinken sehen, sagte eine Vertreterin des Kreis-Veterinäramts. Nun, das sei aber auf den zweiten Blick gar nicht so verwunderlich. Schließlich handele es sich um einen Gnadenhof, auf dem einige Tiere geradezu biblischen Alters lebten, argumentierte die Verteidigerin, die nach eigenen Angaben noch am Morgen des Verhandlungstags interessehalber bei der Klauenpflege eines 17 Jahre alten und von Arthrose geplagten Ziegenbocks mitgewirkt hatte.

Tierhaltungs-Verbot merklich abgemildert

Die Kreis-Veterinärin beschrieb indes, wie der perfekte Zaun gestaltet werden müsse, der den Tieren solch Übel wie das zur Verhandlung stehende erspare. Dass an dem Zaun dringend etwas getan werden müsse, forderte denn auch die Richterin.

Trotz des Schuldspruchs: Einen kleinen Erfolg hat die Betreiberin erzielt. Das auf gravierende Verstöße folgende totale Tierhaltungsverbot hat die Richterin abgemildert. Ursprünglich war vorgesehen, der Frau für fünf Jahre jegliche Tierhaltung zu untersagen. Damit wäre ihr auch ihr Hund weggenommen worden, der laut Verteidigerin in einem fabelhaften Zustand ist. Die Richterin untersagte der Frau lediglich die Haltung von Wiederkäuern, ein Betreuungsverbot ist nicht inbegriffen. Demnach könnte der Hof weiter existieren – unter dem Vorbehalt, dass der Zaun erneuert wird. Klappt das, sei sie gerne bereit, das Haltungsverbot schon nach einem halben Jahr wieder aufzuheben, betonte die Richterin.

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