Donnersbergkreis Rätselhaftes in verschiedenen Sprachen

Engelbert Müller und Marita Mattheck, von der im Hintergrund Motive aus ihrer Serie „burgessa“ zu sehen sind, bei der Ausstellun
Engelbert Müller und Marita Mattheck, von der im Hintergrund Motive aus ihrer Serie »burgessa« zu sehen sind, bei der Ausstellungseröffnung im Museum Pachen.

«ROCKENHAUSEN.» Zwei Künstler, zwei Welten – Marita Mattheck und Engelbert Müller. Brisanz bezieht ihre aktuelle Ausstellung im Rockenhauser Museum Pachen nicht zuletzt durch ästhetische wie inhaltliche Gegensätze. Der Titel „Zeit-Raum“ mag dabei als gemeinsamer Nenner gelten – er bleibt indessen vage und völlig interpretationsoffen. Was bedeutet hier Zeit? Was Raum? Viele Fragen stellen sich, vor allem, was die Sujets betrifft. Und gerade dies lohnt den Besuch!

Auf großes Interesse stieß die Eröffnung am Freitagabend. Nach der Begrüßung durch Stadtbürgermeister Karl-Heinz Seebald und Stefan Engel, Vorsitzender der APK (Arbeitsgemeinschaft Pfälzer Künstler), besprach die Kunsthistorikerin Claudia Gross die hohe Maßstäbe setzende Präsentation: „Im Ausstellungstitel verweist das Wort ,Raum’ auf Marita Matthecks Werk und Wollen, verweist dann der Wortteil ,Zeit’ auf Engelbert Müllers Schaffen?“ Die im südpfälzischen Leimersheim lebende Malerin und Grafikerin habe sich entschieden, nicht nur mit ihrer Kunst, sondern auch mit deren Hängung die Räumlichkeit, den Raum einzunehmen. „Durchgängig findet sich ein Davor, ein Dahinter, ein Darüber und ein Darunter. Es geht um Raum, um Perspektive, darum, wie sich die Flächen zueinander verhalten und welche Elemente zur Darstellung einer Verbindung gewählt werden.“ Bewusst erlaube die Künstlerin Assoziationen seitens des Betrachters. Mattheck arbeitet abstrakt und piktogrammartig verknappt, bevorzugt gerne düster-fahle bis durchscheinende Farbtöne – schwarz, grau, weiß. Reduziert auf ein Minimum sind insbesondere die 24 kleinformatigen Teile der Bodeninstallation „near by“: Geometrisch klare Strukturen wirken mit breitem Pinsel wie hingeworfen. Die Serie „burgessa“, 50 mal 50 Zentimeter, Holzschnitte auf Japanpapier, lässt an zeitlose Architekturen denken. Gross zu Matthecks Papierarbeiten: „Auch hier gibt es eine Entwicklung in den Raum hinein oder auch heraus. Denn die Künstlerin verwendet mehrere Druckerzeugnisse zusammen, indem sie eine bedruckte Papierbahn vor der anderen platziert.“ Die Farben verändern sich damit – bis zur Verschleierung. Und alles scheint verhalten, verschlüsselt, codiert. Sind das breite, rote Münder – in einer verhängnisvollen oder eher clownesken „Verbindung“ (zweiteilig, großformatig, Acryl auf Leinwand)? Der Fantasie der Kunstkonsumenten sind keine Grenzen gesetzt. Und genauso rätselhaft, aber in ganz anderer Sprache teilen sich im Obergeschoss des Museums die Bilder von Engelbert Müller aus Bann mit. Sie sprühen vor Intensität, springen den Betrachter geradezu an in ihrer explodierenden Farbenfreude und Vitalität. Doch bei allem sinnlichen Reiz ist nichts von ästhetisierender Harmlosigkeit zu spüren: Schemenhaft gezeichnete oder auch plastisch „hineingeheimniste“ Gestalten deuten hintergründige bis schreckliche „Geschichten“ an. Beispielsweise ein zerstörter Frauenkörper in „Verletzung“ (Acryl, großformatig). Verletzt im Krieg oder von privater Gewalt? Die Titel helfen – ähnlich wie bei Mattheck – kaum weiter, etwa „G T“: Was hat es mit dem Fahrrad auf sich? Fraglos dagegen bleibt die Aussage zu „Charlie Hebdo“ – ein Aufschrei des Künstlers nach dem blutigen Terrorakt auf das Satiremagazin in Paris. In Mischtechnik sind hier Papierschnipsel, in den Farben der Tricolore blauweißrot, auf dem geografischen Umriss von Frankreich zusammengefügt. Im Kontext zu dieser Bildaussage steht die Plastik „Schwerter zu Flugscharen“, die auf alttestamentlicher Folie radikales Umdenken fordert. Gewaltlosigkeit. Müller setzte einem im Wald gefundenem Luftlandeblech, das für die Landebahn amerikanischer Militärflugzeuge bestimmt war, optimistisch bunte Glasscheiben auf. Und mit vergleichbarem Biss hängt er mit der Reihe „Sputnik“ genüsslich einem Jux aus den Zeiten des Kalten Krieges nach. „Zeit“ sei für Müller ein sehr wichtiges Thema, führte Gross in ihrer titelbezogenen Besprechung aus. Seinerzeit hatte der in Bann unweit der Ramsteiner Air Base lebende Künstler mit einem Freund seines Sohnes aus einem alten Heizungsboiler und Versatzstücken ein blinkendes Objekt gebastelt, es mit Hammer und Sichel versehen, den Insignien der damaligen „CCCP“, und es in der Nähe seines Hauses abgelegt. Eine sehr erfolgreiche Provokation. „Das Ding auf der Wiese“, so die Überschrift der RHEINPFALZ, sorgte für große Aufregung in Bann – handschriftlich festgehalten von Müller in „Sputnik IX“. Die Ausstellung „Zeit-Raum“ im Museum Pachen ist bis zum 18. Juni zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 14.30 bis 17.30 Uhr, Tel. 06361 22136. Weitere Informationen unter www.rockenhausen.de

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