Rockenhausen „Pflegeberufe längst nicht so schlecht wie ihr Image!“

Ob im ambulanten oder im stationären Bereich: Pflegekräfte sind das zentrale Bindeglied zwischen Ärzten und Patienten. Ohne sie
Ob im ambulanten oder im stationären Bereich: Pflegekräfte sind das zentrale Bindeglied zwischen Ärzten und Patienten. Ohne sie geht es nicht.

Nach zweijähriger Pause kehrt am 7. Oktober die Karrieremesse „Pflege und Gesundheit“ zurück nach Rockenhausen. Die RHEINPFALZ hat sich bei Ausstellern umgehört: Wo drückt die Pflegekräfte im Donnersbergkreis der Schuh?

„Was die Mitarbeiter zu leisten haben, müsste gesellschaftlich mehr gesehen und geachtet werden“, meint Iris Schmittinger von der Mobilen Pflege Donnersberg. Die 48-Jährige leitet den Pflegedienst in Göllheim, der seit 2019 unter dem Dach der Protestantischen Altenpflege Westpfalz angesiedelt ist. Selbst als Palliative Nurse ausgebildet, bietet Iris Schmittinger mit ihrem Team auch eine ambulante Palliativversorgung, um Patienten so lange wie möglich ein Leben im gewohnten Umfeld zu ermöglichen. Eine anspruchsvolle Aufgabe, für die sie sich mehr Anerkennung wünscht.

„Dass man einmal klatscht, wie das zu Corona-Zeiten der Fall war, reicht vorne und hinten nicht. Es muss in der Gesellschaft mehr gesehen und geachtet werden, was man als Gesundheitspfleger wirklich macht. Dieses Popo-Abwischen, von dem immer die Rede ist, ist ja nur eine Nebensache. Wir entlasten die Ärzte, es ist so viel medizinische Dienstleistung drin, das muss man sich einfach mal bewusst machen.“ Auch wenn sich die finanzielle Situation schrittweise verbessert hat, meint Schmittinger, brauche es sicherlich noch ein bisschen mehr Geld. Fast genauso wichtig ist ihr, dass „wir als Einrichtungen unsere Fachkräfte natürlich auch nicht verheizen dürfen“. Kleine Bonbons wie Yoga-Kurse, E-Car- oder E-Bike-Leasing und ähnliches sorgen für Anerkennung. Als Positiv-Beispiel führt die Pflegedienstleiterin die Schweiz und Großbritannien an. „Da ist eine Krankenschwester ganz anders angesehen. Wir haben hier immer noch wenig Lobby. Richtig streiken können wir nicht, da bleiben Patienten auf der Strecke.“

Schlagkräftige Vertretung nötig

Gerade deshalb sei es wichtig, sich für eine schlagkräftige politische Vertretung einzusetzen, betont Katja Brück-Hansen. Die stellvertretende Pflegedirektorin des Westpfalz-Klinikums für die Standorte Kirchheimbolanden und Rockenhausen kennt die Probleme, die Corona und die dünne Mitarbeiterdecke aktuell mit sich bringen, nur zu gut. Sie appelliert: „Ich muss mich als Pflege politisch engagieren. Dies ist zum Beispiel möglich in der Pflegekammer, die für uns als Berufsgruppe als Ansprechpartner fungiert und auf politischer Ebene unsere Interessen vertritt!“ Was sie sich von der Pflegemesse in Rockenhausen verspricht? Die Antwort ist klar: „Neue Mitarbeiter rekrutieren. Pflegenotstand, Fachkräftemangel – wir brauchen neue Mitarbeiter, Menschen, die Spaß haben in die Ausbildung zu gehen, genauso wie Menschen, die als ausgebildete Pflegekräfte uns am Westpfalz-Klinikum unterstützen.“

Miteinander ins Gespräch kommen

Angelika Herr ist Einrichtungsleiterin der Zoar-Wohnanlagen in Alsenz, Winnweiler und Rockenhausen. Sie sieht den anstehenden Messetermin als eine wichtige Möglichkeit, endlich wieder persönlich mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. „In der Gesellschaft ist häufig nicht wirklich klar: Was heißt Pflege eigentlich? Welche Zukunftsperspektiven habe ich da? Im persönlichen Kontakt können wir verdeutlichen: Pflege beinhaltet so viel mehr als reine Körperpflege.“ Gute Erfahrungen hat sie mit Quereinsteigern gesammelt, die bei Zoar fast ein Drittel der Berufsanfänger ausmachen. „Die kommen aus allen Bereichen, Büro. Einzelhandel, Rückkehrer nach einer Phase der Familienarbeit.“

Ähnlich wie in Göllheim ist es auch bei Zoar in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, offene Ausbildungsplätze zu besetzen. „Hatten wir früher sechs bis zehn Auszubildende, sind wir jetzt froh, wenn wir im Durchschnitt auf fünf Azubis kommen.“ Und das, obwohl das Gehalt attraktiv sei. „In der Pflege lässt sich mittlerweile gutes Geld verdienen“, erklärt Yves Schmitt, Leiter Finanzen und Controlling bei Zoar. „Das Azubi-Gehalt in der Pflege ist eines der besten, hier kann man bereits im ersten Jahr über 1000 Euro verdienen“, erläutert Sabine Schmitt, bei Zoar für die Personalentwicklung zuständig. Dennoch werden Stellen immer wieder nicht besetzt.

Auflagen, Pflichten, Dokumentationen

Angelika Herr sieht einen Grund dafür in den zahlreichen Auflagen, welche die Pflegekräfte zu erfüllen haben. „Dokumentationspflichten, im letzten Jahr die Corona-Impfpflicht, zahlreiche Verordnungen, die immer noch bestehende Masken- und Testpflicht und erhöhte Hygieneauflagen“, zählt sie auf. Statt direkt am Menschen zu arbeiten geht die Zeit für viele andere Pflichten drauf. „Das nimmt sicherlich etwas den Spaß am Beruf.“

Was muss in Zukunft passieren, damit Pflege (noch) besser gelingt? Bei Zoar ist man sich einig: „Wir brauchen einen gesunden Mix aus Jung und Alt, eine gesunde personelle Ausstattung und eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Einrichtung. Wir brauchen Ruhe statt ständig neuer Verordnungen und Veränderungen in der Ausbildung. Die Pflege ist längst nicht so schlecht wie ihr Image.“

Info

  • Karrieremesse „Pflege & Gesundheit“: Freitag, 7. Oktober, 9 bis 13 Uhr, Sporthalle der Berufsbildenden Schule Rockenhausen, Alleestraße 8. Veranstalter sind der Donnersbergkreis, die Lokale Aktionsgemeinschaft Donnersberger und Lautrer Land sowie das Wirtschaftsforum Donnersberger Land in Kooperation mit der Berufsbildenden Schule Donnersbergkreis.
  • Mehr als 20 Infostände. Die teilnehmenden Betriebe haben Stellenangebote dabei, mehrere Bildungsträger stellen Möglichkeiten der Ausbildung vor.
  • Weitere Infos bei „Job aktiv“-Managerin Gerda Gauer unter 06352 710490
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