Donnersbergkreis Ohrenbeichte und Sauerkraut

Pater Wojciech Kordas im Altarraum der Klosterkapelle
Pater Wojciech Kordas im Altarraum der Klosterkapelle

Das Kloster der Minoriten ist ein schmuckloses Gebäude neben der Wallfahrtskirche. Auch im Inneren herrscht karge Bescheidenheit. Von einem langen Gang gehen Räume ab, die Türen sind verschlossen, es riecht nach Gekochtem. Pater Wojciech, glattrasiert, mit Brille, bittet ins Besprechungszimmer. Es ist still. Schließlich wohnen nur sechs Personen hier. „Wir nutzen nicht alle Räume, denn wir zahlen dem Bistum Miete“, sagt Wojciech. Der Pater trägt eine schwarze Kutte und um die Taille einen hellen Strick, wie bei den Franziskaner-Minoriten üblich. Die Kapuze seines Habits ist nicht so groß wie bei den anderen Ordensleuten der Franziskaner: den Braunen Franziskanern und den Kapuzinern. Wojciech hat keinen Ordensnamen. „Der ist im Franziskanerorden nicht mehr gebräuchlich. Wir behalten unsere Taufnamen. Wojciech entspricht dem deutschen Adalbert“, erläutert der Sohn eines Kaufmanns und einer Kindergärtnerin, der 1965 im Kreis Breslau (Polen) geboren wurde. Der Theologe zeigt die Klosterkapelle: ein schlichter Raum mit modernen Reliefs. Abbildungen des Franz von Assisi, der Heiligen Elisabeth, des Petersdoms. Ebenfalls schmucklos, aus hellem Holz ist der große Beichtstuhl am Eingang. Den können Menschen unter der Woche ohne Anmeldung nutzen. „Es genügt, die Beichtglocke zu drücken“, dann komme ein Beichtvater und nehme die Ohrenbeichte ab. „Jeden Tag“, sagt Wojciech, „machen viele Menschen“ davon Gebrauch. Das Essen ist fertig. Der Gast wird zu Tisch gebeten: Pater Radek spricht das Tischgebet. Die Gruppe bekreuzigt sich, wiederholt Passagen des Vorbeters. Pater Kamil, ein Kaplan, ist noch dabei. Pater Darek, der Guardian, wie der Klosterleiter genannt wird, verspätet sich ein wenig. Er ist Pfarrer in der Pfarrei Hl. Franz von Assisi, zu der die vier katholischen Gemeinden in Oggersheim, Ruchheim und der Notwende gehören. Kaplan Peter sei verhindert, heißt es. Bruder Alexander ist der sechste am Tisch. Er ist kein Theologe, er ist Koch und Sakristan, also Küster. Jetzt serviert er den ersten Gang: eine hervorragend gewürzte Pilzsuppe mit Reis. Die Patres essen mit Appetit. Es wird geplaudert, Reporterfragen werden beantwortet. Hauptgang ist Sauerkraut mit Kasslerscheiben und Salzkartoffeln. Mancher greift ein zweites Mal zu. Lediglich Pater Wojciech nimmt nur ein halbes Stück Fleisch. Ihm scheint irdische Nahrung weniger wichtig als seinen Mitbrüdern. Er wirkt in dieser Runde fast wie ein Gast. Als Nachtisch hat der Küchenchef reife Bananen püriert, mit Sahne verfeinert und mit Kakaopulver bestreut. Die Köstlichkeit serviert er in Glasschalen. Es bleibt viel übrig. „Alexander kocht immer für 20 Personen“, scherzt der Guardian. Doch es ist kein Scherz. Denn an der Klosterpforte steht ein Tisch mit zwei Stühlen. „Hier können Bedürftige ungestört essen“, sagt Bruder Alexander. Er wisse halt nicht, ob und wie viele Menschen vorbeikommen. Deshalb soll genug für alle da sein. Wojciech Kordas spricht – außer seiner Muttersprache Polnisch – noch fünf Sprachen: Deutsch, Italienisch, Englisch, Russisch, Französisch. Darauf angesprochen, wehrt er bescheiden ab: „Nur Brocken von einigen.“ Die Information stammt von einem protestantischen Kollegen. Dass er im Kloster nicht nur betet und die Mahlzeiten einnimmt, sagt Wojciech jedoch selbst. Er arbeitet in der innerstädtischen Pfarrei als Kooperator, „sozusagen als rechte Hand“ von Dekan Meißner, vor allem in der Seelsorge. Weil er kein großes Aufheben um die eigene Person macht, lässt sich seine Biografie nur skizzieren: Philosophiestudium in Krakau, Abschluss des Theologiestudiums in Fribourg (Schweiz) als Lizenziat in Moraltheologie, 2001 die Promotion. Kordas belegt Sprachkurse in Russland und den USA, 2011 einen Italienisch-Kurs in Assisi. Hier führt er Touristen durch die Basilika San Franceso und dient, wie er sagt, als Wallfahrtsseelsorger. In dem vorwiegend von Moslems bewohnten Usbekistan in Zentralasien lebt Wojciech acht Jahre lang. In der Apostolischen Administratur ist er Ansprechpartner für den interreligiösen Dialog. Von dieser Zeit, „als wir eine Ordenskirche bauten und ich dort Pfarrer war“, schwärmt Wojciech Kordas noch – allerdings verhalten, wie es seine Art ist. Des Paters Tagesablauf ist aus dem Zeitplan geraten. Die Unterhaltung hat länger gedauert. Doch er antwortet geduldig – auch auf die Routinefrage nach einem Hobby. Und überrascht: Er mag Jazz und besuche Konzerte. Auch spiele er Tenor-Saxofon, sagt er lächelnd. Und an der Städtischen Musikschule „verbessere ich meine Technik“. Das Mittagsgebet um 13.30 Uhr hat Pater Wojciech versäumt. Doch an der Vesper um 17.45 Uhr kann er teilnehmen.

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