Donnersbergkreis „Körpersprooch schießt kä Dore“

„Dess Spiel gege Algerie is ganz, ganz schwer zu tippe – ganz schwer.“ Das Lexikon atmet tief durch. Knoll sucht in seiner Hirn-Mediathek der deutschen WM- und EM-Spiele seit 1982 nach statistischen Gesetzmäßigkeiten, die für seinen Achtelfinal-Tipp passen. Besser gesagt: die ihm in seinen zweckpessimistischen Kram passen. „Du wääscht jo, Deitschland hot noch nie e Achtelfinale velor.“ Hat der Bauch zwar nicht hundertprozentig gewusst – aber doch irgendwie geahnt. Hofstädter und sein Bauchgefühl haben damit keine Probleme. Im Gegenteil. Wohl aber sein lieber-immer-schwarz-sehender-weil-dann-ich-nicht-enttäuscht-werdender Kollege. Was soll man denn angesichts dieser eindeutigen Immer-Achtelfinal-Deutschland-Sieg-Gesetzmäßigkeit als pessimistisches Lexikon schon tippen? „Ich stoß heit echt an mei Grenze. Mer hunn jo noh däre fer mich domols schockierende 1:2-Niederlaach vun 1982 niemols meh gege Algerie gschbielt. Iwwrischens: Des 0:1 hatt sellemols de Madjer gschoss. Der gleiche Madjer, wu dann fünf Johr später mit seim Hacketrick-Tor Porto im Europapokal-der-Landesmeister-Finale gege Bayern zum Sieg gschoss hatt.“ Oh, oh – das Lexikon schweift in den Vereinsfußball ab. Es muss diesmal wirklich an Grenzen gestoßen sein, die ihm schwer zu schaffen machen. Er grummelt vor sich hin: „Do warn die Achtelfinalspiele 2010 gege England mit 4:1, 2006 es 2:0 gege Schwede. Gut, die annere warn immer knapp: 1986 1:0 gege Marokko, 1990 2:1 gege Holland, 1994 3:2 gege Belgie und 1998 2:1 gege Mexiko. Un net se vegesse 2002 es 1:0 gege Paraguay – ach, des war doch des Spiel, wu du mit deine Holzmacher-Kolleesche im Roggehaiser Wald geguckt hosch.“ War das ein Achtelfinale? Mag sein – vom Bauchgefühl her. „Ja, ja, des war do, wu de Neuville korz vor Schluss eigelocht hott“, hat der Bauch plötzlich lexikalische Anwandlungen. Das wirklich wahre Lexikon kann darüber nur müde lächeln. „Ja, in de 88. Minudd“, sagt er beiläufig, während er seine eingebaute Fußball-Mediathek durchblättert. Mit seinem Statistik-Wissen speziell zu Algerien ist er tatsächlich am Ende. „Mer wääß jo, so Mannschafte, grad afrikanische, kännen in solche Spiele iwwer sich naus wachse.“ Da ist er wieder, der unverbesserliche Pessimist Knoll: „Ich tipp uff e 1:1 no 90 Minudde. Die Deitsche schaffen de Ausgleich grad so korz vor Schluss.“ Und wie geht’s anschließend weiter? Hier verweigert das Lexikon jegliche Prognose. Grund: „Ich hab null statistische Erfahrunge zu ner Verlängerung zwische Deitschland unn ner afrikanische Mannschaft – es hott nämlich noch nie ääni gebb. Es is also unmeeschlich, des se tippe.“ Mist. 1:1 nach 90 Minuten wär’ auch der Tipp vom Bauch gewesen. Für den waren die Algerier von Anfang so eine Art Angstgegner: „Die gehen uff die Knoche, des leid uns iwwerhaupt net. Schun gar net so Spieler wie em Özil odder em Götze. Des werd schwer, du hoscht Recht. Schwer, awwer machbar. Do muss de Özil halt mol sein Mesut zammekneife.“ Das Lexikon fühlt sich in seiner pessimistischen Einschätzung bestätigt: „Aach wanner gegen die Amis deutlich besser geschbielt hott: Em Özil sei Körpersprooch, die gefallt mer bis jetzt gar net. Der laaft manchmol do rum, wie wann er glei aafange dät zu greine.“ Jetzt reicht’s. Der Bauch wird sauer: „Körpersprooch, Körpersprooch. Des sinn genauso neimodische Ferz wie Schambeinentzündunge. So was hott’s frieher doch iwwerhaupt net gebb. Körpersprooch schießt kä Dore. Wart emol, desmol zwirbelt de Özil widder äner in die Eck. Un zwar zum 2:1. Des hab’ ich im Gfühl.“ Das Lexikon nimmt’s gelassen zur Kenntnis. Aus seiner Sicht entbehrt dieser Tipp natürlich jeder seriösen Grundlage. Warten wir’s ab. „Wann de Özil heit sein Mesut zammenkneife dut…“ (lor)

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