Bad Dürkheim Obergiesing schlägt Untergiesing

Für einen ganz kurzen Moment musste man am Samstag um 17.19 Uhr um einen langfristigen Frieden in der Kurstadt fürchten. Im Meisterwasental fielen nach Ende des Spiels sieben Schüsse aus einer Scheckschusswaffe. Spieler, Betreuer und Trainer von Rot-Weiss-Seebach und dem SV 1911 Bad Dürkheim rangelten wie Kindergartenkinder auf dem Kunstrasen herum und „Stadionsprecher“ Hans-Peter Weber musste am Mikrofon mit eindringlichen Worten darum bitten, doch bitte Contenance zu bewahren. Diese Situation, sie hatte tatsächlich etwas von einem Original-80er-Jahre-Bierkneipen-Streit. Dort drohte man seinem Gegenüber gemeinhin mit einem möglichst authentischen „Jack-Nicholson-in-Rage-Gesicht“ an, ihm mit Sicherheit innerhalb der nächsten Augenblicke die obere Kauleiste einzuschlagen, um genau demselben Typen runde 120 Sekunden später anzubieten, den Abend bei sechs bis acht Asbach-Cola gemütlich und gemeinsam ausklingen zu lassen. Ja, so war das in den 80ern. Ob der Abend tatsächlich diesen doch eher glimpflichen Verlauf genommen hat, ist nicht überliefert, Gesprächsbedarf hätte nämlich auf jeden Fall bestanden. Und zwar über ein recht schwaches Fußballspiel, das stellenweise an die von Franz Beckenbauer persönlich zitierten Duelle zwischen Obergiesing und Untergiesing im München der 70er-Jahre erinnerte. Derby-Charakter hatte die Partie anfangs nur, weil im Gegensatz zu anderen Spielen dieses Mal 310 Zuschauer da waren. Schwach starteten insbesondere die Seebacher. Die Ordnung stimmte einfach nicht. Wenig zu sehen war zunächst von einem Pascal Beyer, der auf der zentralen Mittelfeldposition gegenüber seinem Dürkheimer Kontrahenten Alexander Haferstroh anfangs deutlich zurückblieb. Dass Seebach dennoch zu Chancen kam, die aber mitunter schülerhaft vergeben wurden, lag auch in der nicht bestens agierenden Abwehrkette der Dürkheimer. Links hatte Noch-Trainer Oliver Spuhler hier Rajmond Lapp aufgeboten, der seine Sache verhältnismäßig gut machte, der als Bezirksliga-Spieler bisher aber eher weniger aufgefallen ist. Nicht auf dem Platz waren auf Seiten des SV 1911 Marcus Schneider und Elmir Brguljak. Und auch wenn Trainer Oliver Spuhler deren Fehlen nach dem Spiel nicht als ausschlaggebend empfand, so war eine gewisse Anfälligkeit dennoch nicht zu übersehen. Wäre Dominik Euler am Samstag etwa in normaler Verfassung gewesen, dann hätte er in der 31. Minute den Ball rechtzeitig im Strafraum über vier Meter auf Oldie Christian „Rolle“ Schwindinger gespielt ... Es passte aber zum Spiel, dass es auch Euler war, der drei Minuten später aus einer weitaus komplexeren Situation 14 Meter vor dem Tor die Führung für Seebach erzielte. Verdient war das nicht, aber auf der anderen Seite traf Steffen Burkhardt mit einem Freistoß aus 18 Metern eben nur die Latte. Dafür jedoch traf die Dürkheimer Zukunftshoffnung Mustafa Odak aus einem Strafraumgemenge heraus direkt nach der Halbzeit zum 1:1. Und so hätte es – um des lieben Friedens Willen – auch bleiben können, zwischen Obergiesing und Untergiesing. Dürkheims Trainer Oliver Spuhler gab aber nochmal einen Impuls. Er beorderte Talent Sinan Weber von der Bank ins Mittelfeld (72.) und schob Marcus Lerps in die Spitze. Das ganze hätte auch klappen können, wenn Lerps seine Klappe gehalten hätte. Stattdessen beleidigte er seinen Gegenspieler und flog in der 80. Minute vom Platz. Das Knallen der Kabinentür war weithin zu hören. Seebachs Coban war es schließlich, der ein Hacken-Zuspiel des in der zweiten Halbzeit agileren Beyer verwertete (90.). Coach Roland Beck fand sodann, dass sein Team glücklich gewonnen habe und dass die SV 1911er mit der Rangelei begonnen hätten. Beidem ist nichts hinzuzufügen. Der Schreckschussschütze kam hingegen aus dem Seebacher Anhang und kann kein Fußballfan sein ... So spielten sie Seebach: Seidenspinner, Pfirrmann (80. Bauer), Zaczkiewicz, Mohr, Abel, Coban, Beyer, Schipplick, Werner, Euler (66. von Haugwitz), Schwindinger (61. Mock) SV 1911: Loos, Karch, Pauli, Schmitt, Lapp, Burkhardt, Lerps, Haferstroh, Scmidt, Caglayan (72. Weber), Odak Zuschauer: 310, Tore: 1:0 Euler (34.), 1:1 Odak (48.), 2:1 Coban (90.) Rote Karte: Lerps (80./Beleidigung), Schiedsrichter: Michael Janzer

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