Klassik-Festival Heidelberger Frühling: Brahms in seinen sämtlichen Aspekten

Johannes Brahms um 1860: Das 3D-Rendering von Hadi Karimi basiert auf historischen Fotografien des Komponisten.
Johannes Brahms um 1860: Das 3D-Rendering von Hadi Karimi basiert auf historischen Fotografien des Komponisten.

Lieben Sie Brahms? Igor Levit und Thorsten Schmidt, die kreativen Köpfe hinter dem Festival „Heidelberger Frühling“, tun es jedenfalls – ganz offensichtlich: Die Musik des 1833 in Hamburg geborenen, 1897 in Wien gestorbenen Komponisten zieht sich als roter Faden durch den „Frühling“ 2024. Und das ganz ohne äußerlichen Jubiläumsanlass.

Erfunden wurde der Brahms-Schwerpunkt, wie Schmidt im Vorwort zum proper gefüllten Programmbuch des Festivals gesteht, vielmehr ganz profan beim gemeinsamen Tomatenschnippeln mit Levit. Nun sind die Ideen, die einem spontan in der Küche kommen, ja oft nicht die schlechtesten, und so ist auch diese geballte Brahms-Werkschau originell und reizvoll komponiert.

23 Kammermusikwerke für unterschiedliche Besetzungen hat Johannes Brahms hinterlassen, vom ersten Klaviertrio aus dem Jahre 1854 bis hin zu den wunderschönen Spätwerken mit Klarinette. Dazu kommen zahlreiche Kompositionen für Klavier, unermesslich viele Lieder, außerdem Chor- und Orgelstücke. All das wird von einer Schar erlesener internationaler Künstler in rund 45 Konzerten von 15.3. bis 13.4. aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet.

Künstlerischer Co-Leiter: Pianist Igor Levit.
Künstlerischer Co-Leiter: Pianist Igor Levit.

Von Brahms’ Jugend zu den Dämmerstunden

Da geht es dann zum Beispiel um den jungen Brahms, der noch „in gelöster Stimmung“ Serenaden schreibt und das barocke „Folia“-Thema in sein erstes Streichsextett einarbeitet – im Konzert mit der Camerata RCO am Sa 16.3., 19.30 Uhr, in der Aula der Neuen Universität. Oder man rückt, ein ganzes Wochenende lang, den Melancholiker Brahms in den Fokus: Mezzosopranistin Anna Lucia Richter widmet sich dann den „Dämmerstunden“ im Liedschaffen des späten Romantikers (Fr 22.3., 17 Uhr). Brahms’ Horntrio, dessen schwermütiges Adagio als Trauermusik auf den Tod der Mutter gilt, wird am Sa 23.3., 17 Uhr, mit Werken von Beethoven, Ligeti und Kaija Saariaho umgeben. Und Sharon Kam lässt am So 24.3., 15 Uhr, Brahms’ zwischen leidenschaftlichem Impuls und abgeklärter Herbststimmung oszillierende Klarinettensonate in f-Moll auf Modernes von Berg und Lutoslawski prallen.

Lässt einen „Brahms in gelöster Stimmung“ erklingen: die Camerata des Royal Concertgebouw Orchestra (RCO).
Lässt einen »Brahms in gelöster Stimmung« erklingen: die Camerata des Royal Concertgebouw Orchestra (RCO).

Den Brahms, der sich an osteuropäischer Folklore orientierte, der „Ungarische Tänze“ in die Tasten zauberte oder sein erstes Klavierquartett mit einem feurigen „Rondo alla zingarese“ beschloss, feiern unter anderem das Notos-Quartett (So 7.4., 15 Uhr) sowie Lilya Zilberstein und ihr Sohn Anton Gerzenberg als Klavierduo (Di 9.4., 19.30 Uhr). Den Brahms, der mit einem Seitenblick auf Johann Sebastian Bach Motetten und geistliche Chorlieder komponierte, vereint der englische Tenebrae Choir mit seinem Zeitgenossen Anton Bruckner (Do 28.3., 20.30 Uhr). Während der französische Cellist Jean-Guihen Queyras und sein Klavierpartner Alexandre Tharaud Brahms „von der Gambe aus“ angehen, indem sie seiner zweiten Cellosonate (op. 99) Stücke des Barockkomponisten Marin Marais gegenüberstellen (Di 2.4., 19.30 Uhr).

Mit einer Hommage an Wien: Sabine Devieilhe.
Mit einer Hommage an Wien: Sabine Devieilhe.

Ein paar wenige Beiträge gibt’s, für die Brahms keine Rolle spielt. So konzentrieren sich zum Beispiel Patricia Kopatchinskaja und die Camerata Bern auf osteuropäische Folklore und „Exil“-Musik der Moderne (Mo 18.3., 19.30 Uhr). Und die famose französische Sopranistin Sabine Devieilhe verbindet am Do 11.4., 19.30 Uhr, Klavierlieder von Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Strauss, Hugo Wolf und Alban Berg zu einer Liebeserklärung an Wien.

Einige Konzerte sind bereits ausverkauft. Darunter der Auftakt am 15.3., die lange Brahms-Nacht mit Igor Levit am 23.3. sowie das Abschlusskonzert mit Geigerin Nicola Benedetti und der Kammerphilharmonie Bremen.

 

Heidelberger Frühling – 15.3. bis 13.4., Heidelberg, Aulen der Alten und der Neuen Universität (sowie weitere Stätten), Karten: 06221 5840044, heidelberger-fruehling.de

Spielt Brahms und Marais: Jean-Guihen Queyras.
Spielt Brahms und Marais: Jean-Guihen Queyras.
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