Ludwigshafen Film zur Aufführung der KZ-Oper „Der Kaiser von Atlantis“

Szene aus der Ludwigshafener Aufführung.
Szene aus der Ludwigshafener Aufführung.

Im Dezember 2018 erlebte das Publikum in der Ludwigshafener Rhenushalle einen ebenso aufwühlenden wie verstörenden Opernabend: die Aufführung von Viktor Ullmanns KZ-Oper „Der Kaiser von Atlantis oder die Tod-Verweigerung“. Der Mitschnitt des Offenen Kanals wird am Freitag, 1. Dezember, 19 Uhr, in der Ludwigshafener Philharmonie präsentiert.

Es war eines der wichtigsten und überzeugendsten künstlerischen Projekte, das in der jüngeren Vergangenheit in Ludwigshafen verwirklicht wurde, auch weil es ganz wesentlich getragen wurde von bürgerschaftlichem Engagement. Treibende Kraft hinter den Aufführungen in Ludwigshafen und im Pfalztheater Kaiserslautern war nämlich die Initiative „Ludwigshafen setzt Stolpersteine“, Kooperationspartner waren die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und das Pfalztheater. Dessen ehemaliger Generalmusikdirektor Uwe Sandner stand am Pult eines Kammermusikensembles der Staatsphilharmonie, für Regie und Ausstattung war Hansgünther Heyme, der ehemalige Intendant des Ludwigshafener Pfalzbaus, verantwortlich.

Dass nun der Mitschnitt gerade in diesen Wochen präsentiert wird, ist mehr als ein Ausrufezeichen. Viktor Ullmanns Oper – und die grauenvolle Geschichte, die dahinter steht – sind von einer erschreckenden Aktualität angesichts der Tatsache, dass in Deutschland der Antisemitismus wieder um sich greift, auf deutschen Straßen der Hass auf Israel und das jüdische Volk wieder gepredigt wird.

Auch in der Oper ist der Tod gegenwärtig

Dokumentiert wird mit diesem Film ein Opernabend wie kein Zweiter. An einem unwirtlichen, abweisenden Ort, einer kalten, kahlen Lagerhalle am Ludwigshafener Rheinufer, die aber genau den passenden Hintergrund abgibt für das, was sich ereignet. Gezeigt wird das eigentlich Unfassbare, Unvorstellbare: eine Oper, entstanden in Hitlers perversem Vorzeigelager Theresienstadt. Hier sollte der „Kaiser von Atlantis“ auch uraufgeführt werden. Doch nach der Generalprobe wurde die Oper verboten. Das Manuskript konnte gerettet werden, der Komponist wie sein Librettist Peter Kien wurden später im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.

Man will sich nicht vorstellen, unter welch grauenvollen Bedingungen dieser Oper entstanden ist, muss an den perfiden Nazi-Propagandafilm über Theresienstadt „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ denken. Der Tod war allgegenwärtig, und er ist es auch in der Oper, in der er sich jedoch irgendwann seiner Aufgabe entzieht. Die Titelfigur der Oper namens Overall ist die personifizierte Grausamkeit. Er fordert einen Krieg aller gegen alle. Den totalen Krieg der Nazis also. Die völlige Auslöschung. Doch der Tod verweigert sich. Die Menschheit leidet, aber sie kann nicht mehr sterben. Und sehnt doch nur den Tod herbei, aber der greift erst wieder in das Geschehen ein, als der Kaiser bereit ist, als erster zu sterben.

Musikalisch ein Wanderer zwischen Welten

Musik aus der Hölle, Kunst im Angesicht der totalen Entmenschlichung. Und doch Kunst, die es verdient hat, gezeigt, aufgeführt zu werden. Es geht im „Kaiser von Atlantis“ um Kunst, die sich der schrecklichen Wirklichkeit, in der sie entsteht, entgegenstellt, geht um den letzten Rest Menschenwürde, den man sich in der Lagerhölle bewahren kann. Es geht aber auch um die Haltung der Verweigerung. Um die Todes-Verweigerung. Und um die Feier des Lebens, auch wenn die Apokalypse längst Realität geworden scheint. Ullmann ist musikalisch ein Wanderer zwischen den Welten, erinnert sich schmerzhaft sehnsuchtsvoll zurück an die Spätromantik, ist aber als Neutöner auch absolut auf der Höhe der Zeit.

Heyme erzählt in seiner Regie die Handlung ganz geradlinig, schnörkellos, wenn man so will gnadenlos. Das Grauen nimmt konkrete Gestalt an auf der Bühne, der Holocaust ist omnipräsent, man kann sich ihm als Zuschauer nicht entziehen. Und genau dies ist auch die aktuelle Botschaft dieser Oper: Wir dürfen nicht vergessen, dürfen nicht wegschauen.

Am Ende der Aufführung haben alle Beteiligten Uniformen abgelegt und stehen in gestreifter KZ-Kleidung vor der Bühne aufgereiht. Sie stimmen den Schlusschoral der Oper auf die Melodie des Luther-Chorals „Eine feste Burg ist unser Gott“ an. „Komm Tod, du unser werter Gast, in unseres Herzens Kammer“, heißt es da. Ein Gänsehautmoment – im wahrsten Sinne des Wortes unvergesslich. Großartig, dass dieses so wichtige Projekt im Video festgehalten wurde.

Termin

Vorstellung des Films am Freitag, 1. Dezember, 19 Uhr, im äußeren Foyer der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Heinigstraße 40, in Ludwigshafen, Eingang über Hans-Klüber-Platz. Anmeldung unter E-Mail: info@lu-stolpersteine.de

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