Pirmasens Ungezähmt und unbekümmert

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Für die Band Pea & The Pees wird im Musiker-Paradies immer ein besonders schönes Plätzchen reserviert sein: dort, wo niemand das Gras mäht, Blumen und Bäume wachsen dürfen, wie sie wollen, die Jahreszeiten wechseln, wie es sich gehört, und es an Heiligabend garantiert schneit. Pea & The Pees am Freitag im Carpe Diem schienen direkt aus der verlorenen Kindheit der Rockmusik zu kommen, wild, anarchisch und einem Herzen, das vor heiliger Freude überläuft.

Der Überschwang ist bei dieser Band – mit Pia Hartfelder (Gesang), Jonas Hauter (Gitarre), Evelyn Merz (Gitarre und Harmonika), Patrick Hartfelder (Bass) und Marcus Vetter (Schlagzeug) – in allen Belangen gerechtfertigt. Auch und gerade, weil das gesamte Konzert-Repertoire mit gerade mal 14 – allerdings selbstgeschriebenen – Songs bei anderen Bands höchstens das erste Set bis zur Pause füllen würde. Ratzfatz geht das: Rein in den Song, zwei Minuten und dreißig Sekunden wilder Rabatz und dann ist das Lied schon zu Ende. Gitarre gestimmt, am Bier genuckelt und weiter geht die Reise mit dem Musik-Express. Der Umgang mit der technischen Ausstattung, Mikrophonen, Verstärkern und all dem Schnickschnack, den man so braucht, ist nichts weniger als dilettantisch. Das muss so sein, denn Pea & The Pees verlören sofort eine gehörige Portion ihres Charmes, würde hier professionelle Reibungslosigkeit Einzug halten. Die Band ist immer zu laut oder zu leise, zu früh oder zu spät dran und deshalb immer genau auf dem Punkt. Pea & The Pees haben gar nicht erst damit begonnen, ihrer Musik eine Hochglanzpolitur zu verpassen. Das ginge auch gar nicht, zu rau, zu riefig, im Wortsinne ungehobelt setzen sie ihre Songs ins Werk. Diese Polkas, Skas, ihr Cow-Punk-Country sind wild, ungezähmt und frei von jeder überflüssigen Finesse. Die Genre-Reminiszenzen werden gerade so weit bedient, dass sich das richtige Gefühl einstellt, mal mit dem Rockabilly-Twang auf der E-Gitarre, die – nur zum Beispiel – genau in der selben Lage spielt wie die begleitende Akustik-Klampfe. Solche Arrangement-Kurzschlüsse sucht man eigentlich tunlichst zu vermeiden, bei Pea & The Pees funktioniert das auf magische Weise trotzdem. Genauso unbekümmert geht die Band mit ihren Harmonien um. Fast nie folgt das irgendwelchen kanonisierten Kadenzen, da werden reine Dur-Akkorde, höchstens mal mit Septime, aneinander gepappt, wie es gerade eben passt. Und wieder: Das funktioniert, könnte ohne negative Auswirkungen auf die Musik auch gar nicht anders sein. Warum das so ist, ließe sich vielleicht auch wissenschaftlich erklären, bleiben wir aber weiter bei dem Wort „Magie“. Schließlich, mittendrin in diesem Chaos aus Sound, wilden Lou-Reed-Harmonien und unvorhersehbaren Tempo- und Rhythmuswechseln, die Front-Frau, die Rampensau der Band, Pia Hartfelder. Eine für alle wird sie hier gelobt: Man müsste diesen Derwisch wohl am Boden festschrauben. Ihre Rockröhre ist ausstellungsreif, ihre zickige Girlie-Stimme genauso, mit der sie uns Lieder mit Titeln wie „Murder Me“, „Da da da da“ oder „Cat Is Burning“ in den Gehörgang schraubt. Das ist wie ein Frühlingsgewitter, das für ein paar Minuten an den Weltuntergang denken lässt und uns gleich darauf mit einem Regenbogen versöhnt. Es fehlte der Rockmusik etwas Substantielles, gäbe es Bands wie Pea & The Pees nicht mehr, der infantile Bandname inklusive.

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