Neustadt Stadt knipst im London die Lichter aus

Grundlage für den massiven Polizeieinsatz in der Nacht zum Sonntag war ein Verfahren gegen die Betreiber des Clubs „wegen des Zulassens und Verschaffens von Gelegenheiten zum Erwerb von Betäubungsmitteln“, wie Oberstaatsanwältin Doris Brehmeier-Metz gestern auf Anfrage erläuterte. Sprich: Die Betreiber sollen den Verkauf von Rauschgift zugelassen oder die Gelegenheit dazu geboten haben. Nach Angaben der Oberstaatsanwältin soll es sich um mehrere Betreiber handeln, gegen die bereits seit längerer Zeit ermittelt wird. RHEINPFALZ-Informationen zufolge sind es zwei Männer. Auf der Basis der gemeinsam mit dem Rauschgiftkommissariat der Ludwigshafener Kriminalinspektion geführten Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Frankenthal einen Durchsuchungsbeschluss erlassen. In dem Nachtclub werden eine Diskothek („London“) und ein Musikclub („London Lounge“) geführt. Die Razzia dauerte bis in die frühen Morgenstunden. 200 Bereitschaftspolizisten sicherten dabei das Gelände ab, 100 Kriminalbeamte kontrollierten über 200 Gäste, von denen ein „erheblicher Teil“ Drogen mit sich führte. „Rauschmittel aller Art“, wie Brehmeier-Metz sagte. Um welche Drogen es sich im einzelnen handelt, müsse erst untersucht werden. „Die Ermittlungen werden noch Wochen dauern“, schätzt die Oberstaatsanwältin. 13 Personen wurden vorübergehend festgenommen, 50 Strafanzeigen wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eingeleitet. Gegen zwei Club-Besucher lag bereits ein Haftbefehl vor. Warum nach ihnen gesucht wird, wollte Brehmeier-Metz nicht verraten. Nach RHEINPFALZ-Informationen war schon vor einigen Monaten eine Razzia geplant, die allerdings kurzfristig abgesagt wurde, weil entsprechende Informationen ins Milieu durchgesickert waren. Das in die aktuellen Ermittlungen einbezogene Ordnungsamt hat bereits auf die Razzia reagiert und den Laden in der Bahnhofstraße 103 in Ludwigshafen dichtgemacht. Gestern wurden eine Schließungsverfügung erlassen und die Gaststättenerlaubnis widerrufen, wie der zuständige Beigeordnete Dieter Feid (SPD) bestätigte. Verstoßen die Inhaber dagegen, droht ihnen eine sogenanntes Zwangsgeld von bis zu 5000 Euro. „Die Ergebnisse der Razzia sind eindeutig“, sagte Feid. „Dort wurde illegal mit Betäubungsmitteln gehandelt.“ Für die Polizei und den Kommunalen Vollzugsdienst ist der Club in der Nähe des Hauptbahnhofs keine unbekannte Adresse. Ausschweifende Techno-Partys hatten seit geraumer Zeit für Aufsehen und Ärger im Umfeld gesorgt. Anwohner hatten sich zigfach über randalierende Jugendliche und Vandalismus in der Nachbarschaft des Clubs beschwert. Weil die Ordnungshüter das Treiben nicht in den Griff bekamen, reagierte die Wohnungsbaugesellschaft GAG auf den zunehmenden Groll ihrer Mieter, von denen drei wegen der Zustände vor ihrer Haustür schon gekündigt hatten. 150 GAG-Wohnungen, vor allem Mieter aus der Westend-, der Friedrich-Lux- oder der Bürgermeister-Kutterer-Straße, waren direkt betroffen. 60 Protestbriefe stapelten sich im Frühjahr bei der GAG, die daraufhin einen privaten Sicherheitsdienst engagierte, der das Viertel am Rande der Innenstadt von April bis Juni an Wochenenden überwachte – ein Novum in Ludwigshafen. GAG-Mieter hatten das mit der Polizei abgesprochene Pilotprojekt bei einer Versammlung befürwortet. Sie beklagten nächtliche Ruhestörung und dass vor den Club-Türen mit Drogen gedealt wird. Es sei an Häuser uriniert worden, Betrunkene hätten sich in Vorgärten übergeben, Autos seien zerkratzt, Passanten angepöbelt worden. Berauschte Jugendliche verirrten sich morgens auch schon mal in die Unterrichtsräume des benachbarten Zentrums für Weiterbildung der Industrie- und Handelskammer (IHK). Ortsvorsteher Christoph Heller (CDU) sagt über den Club in der Bahnhofstraße: „Des is en Lade fer Fix und Ferdische.“ 18.000 Euro ließ sich die GAG den Probelauf kosten. „Wir haben 30 Millionen Euro in die Modernisierung des Viertels investiert. Wir lassen nicht zu, dass das Stadtquartier von auswärtigen Gästen im Umfeld dieses Clubs kaputtgemacht wird“, begründete GAG-Vorstand Ernst Merkel den Schritt. 104 Mal mussten die Mitarbeiter des engagierten Security-Service zwischen April und Juni eingreifen. Wie berichtet, waren die Mieter nach Abschluss des Pilotprojekts dennoch nicht bereit, die Kosten für den Wachdienst selbst zu tragen, obwohl dessen Präsenz Wirkung gezeigt habe. Auf die Razzia reagiert hat inzwischen auch der Club: Auf seiner Internetseite steht die knappe Nachricht: „Derzeit geschlossen.“

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