Rheinpfalz Römerskelett in Eisenberg freigelegt

Eine übel zugerichtete Leiche, gefunden in einem Erdloch vor den Toren Eisenbergs – ist hier ein heimtückischer Mord geschehen? Die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang. Und besonders eilig ist die Aufklärung nicht. Denn das Verbrechen – so es denn eines war – ereignete sich vor mehr als 1500 Jahren.

Dass es sich hier um einen äußerst ungewöhnlichen Fund handelt, sei den Archäologen sofort klar gewesen, sagt Ulrich Himmelmann, Leiter der Landesarchäologie in Speyer, gestern bei einem Ortstermin mit der RHEINPFALZ. Fast grotesk verdreht war das Skelett, das Archäologiestudenten der Uni Heidelberg bei einer Lehrgrabung freilegten und das mittlerweile nach Speyer gebracht wurde: Die Schienbeine waren direkt unterhalb der Knie gebrochen worden, die Wirbelsäule genau oberhalb des Beckens durchtrennt. Mit dem Gesicht nach unten und mit schweren Steinen bedeckt, lag der Tote in einem Erdloch innerhalb der Mauern des römischen Burgus, der derzeit in Teilen wieder ausgegraben wird. „Das ist absolut unüblich bei den Römern“, sagt der Wissenschaftler. „Bei ihnen war es schon aus hygienischen Gründen verboten, Menschen innerhalb von Siedlungen zu bestatten.“ Ordentlich beigesetzte Menschen lägen außerdem auf dem Rücken und seien in einen Sarg gebettet. Ein vergleichbarer Fund ist dem Archäologen nicht bekannt. Der Unglückliche war ein Mann, rund 1,65 Meter groß – so viel ist jetzt schon klar. Und er hat sicher zur Zeit der römischen Besiedlung des heutigen Eisenberg in der Spätantike gelebt. Das verrieten Keramikscherben, die neben dem Toten gefunden wurden. Üblicherweise lässt sich anhand solcher Funde bereits recht genau eingrenzen, wann ein Ereignis stattfand. „Die Scherben waren in diesem Fall aber leider zu klein und nicht charakteristisch genug“, bedauert Himmelmann. Hoffnung setzt er auf die genauere Untersuchung einer Tonziegel, die ebenfalls neben dem Toten gefunden wurde. Doch was war das Schicksal des Mannes? War es der ungeliebte Kommandeur der römischen Festungsanlage, der von seinen Männern beseitigt und hier verscharrt wurde? „Was immer auch passiert ist, man wollte den Mann loswerden. Seine Leiche sollte nicht gefunden werden“, glaubt der Wissenschaftler. Alles weitere, vor allem die näheren Umstände des Todes, soll eine anthropologische Untersuchung ergeben. Mit Ergebnissen rechnet Himmelmann allerdings erst in ein paar Monaten. Die Knochen sind außergewöhnlich gut erhalten. „Wäre der Boden sauer, dann hätten wir wohl nichts mehr gefunden. Doch das war hier nicht der Fall“, erklärt der Archäologe. Himmelmann ist daher guter Dinge, dass man den Knochen noch viele Geheimnisse entlocken kann, beispielsweise woher der Mann stammte. Er muss nicht notwendigerweise in der Region aufgewachsen sein. „Die Welt war damals genauso unübersichtlich wie heute. Das Römische Reich war fast wie die EU mit ihren offenen Binnengrenzen. Auch in Eisenberg haben sicherlich viele Leute von weit her gewohnt“, sagt Himmelmann.

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