Pirmasens Ein Farbtupfer in der grauen Literatur-Szene

Die Freiburger Autorin Ute Bales machte am Samstagabend mit einer Lesung den Auftakt zu einer 21 Veranstaltungen umfassenden Reihe aus Lesungen, Kabaretts, Musik-Kabaretts und Konzerten im Pirmasenser Kreativ-Café Kunst-Genuss.

Bales stellte ihr aktuelles Buch „Die Welt zerschlagen!“ vor. Darin geht es um die Geschichte der Kölner Dada-Künstlerin Angelika Hoerle. Ein hochaktuelles Thema, zumal der Dadaismus in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiert. Dadaismus oder kurz Dada genannt ist eine künstlerische und literarische Bewegung, die 1916 vom Pirmasenser Autor und Biograf Hugo Ball, Emmy Hennings, Tristan Tzara, Richard Huelsenbeck, Marcel Janco und Hans Arp in Zürich/Schweiz ihren Ursprung hat. Auch in deutschen Großstädten wie Köln hatte der Dadaismus seine Anhänger. Charakteristisch war die Ablehnung konventioneller Kunstformen und bürgerlicher Traditionen. Diese wurden parodiert und der Lächerlichkeit preisgegeben. Von Dada gingen bis dato erhebliche Impulse auf die Kunst der Moderne bis hin zur Zeitgenössischen Kunst aus. „Dilettanten erhebt euch, die alte Kunst ist tot!“ war einst das Motto der Kölner Dada-Bewegung. Die einstündige Lesung inklusive einer kurzen Pause wurde von Bales sehr eloquent und mitreißend vorgetragen. Den chronologisch ausgewählten Passagen fügte die Autorin sehr informative persönliche Erläuterungen hinzu, so dass einem die Beweggründe Hoerles, ihres späteren Ehemanns Heinrich, ihrer Eltern und Brüder sehr nahe gebracht wurden. Angelika Hoerle, die Hauptprotagonistin des eingangs erwähnten Buchs, wurde 1899 in Köln als Tochter eines Tischlers geboren. Als ersten Abschnitt trug Bales die Bekanntschaft und die Heirat mit dem Kölner Maler Heinrich Hoerle vor: „Ich habe keine Tochter mehr“, sagte der Vater, als Angelika gegen seinen Willen im Juni 1919 den aufstrebenden Maler heiratete. Die Widerstandsbewegung gegen den 1. Weltkrieg wurde ebenso thematisiert wie das Trauma mit welchem Hoerle offensichtlich aus dem Krieg nach Hause zurückkehrte. Als Resümee der Grauen des Krieges tätigte Heinrich Hoerle desillusioniert die prägende Aussage „Die Welt zerschlagen!“. Angelika schlug sich nun mehr und mehr auf die Seite der pazifistischen Künstler. Angelika Hoerle war 22 Jahre alt als sich ihr Ehemann plötzlich und unerwartet von ihr trennte. Zudem war sie an Tuberkulose erkrankt und zerbrach auch seelisch nach und nach an dieser Trennung. Sie zeichnete aber dennoch weiterhin ihre Bilder. Von diesen konnte sie überraschender Weise drei Stück an die New Yorker Kunstsammlerin Katherine Dreier für 8000 Mark verkaufen. Damals ein kleines Vermögen! Dreier war begeistert von den Werken und endlich erschien für die Künstlerin ein Lichtblick am Ende des Tunnels. Zumal Dreier die folgende schmeichelhafte Aussage tätigte: „Angelika Hoerle ist der Komet von Dada Köln!“ Doch die Krankheit der jungen Malerin wird immer schlimmer und am 9. September 1923 stirbt sie schließlich im Alter von nur 23 Jahren. Diese mitreißend und emotional vorgetragene Lesung von Bales war tatsächlich ein Genuss für die Literaturfreunde im gut gefüllten Café in der Pirmasenser Fußgängerzone. Bales schaffte es, dass der Zuhörer mit Angelika Hoerle litt, sich mit ihr freute und tief in die von Krieg, Hunger und Not geprägten 1920er Jahre in Köln eintauchte. Nach der Lesung unterhielt sich die Autorin ausgiebig mit einzelnen Literatur-Fans und signierte natürlich gerne ihre Bücher. Fazit: Ein schöner kurzweiliger Abend und Farbtupfer in der ansonsten doch recht grauen Pirmasenser Literatur-Szene. Bitte mehr davon! VORSCHAU Beim nächsten Event im „KunstGenuss“ am 9. Juni spielt die „2nd Bridge Blues Band“ aus Zweibrücken Einlass 19 Uhr. Beginn 20 Uhr. Eintritt sechs Euro im Vorverkauf & Abendkasse. Mehr Infos unter www.kunstgenuss.city.

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