Ludwigshafen Farbsysteme und Raumstreifen

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Bernhard Sandfort und Barbara Hindahl sind die Preisträger des mit insgesamt 15.000 Euro dotierten Kunstpreises der Heinrich-Vetter-Stiftung. Das Preisgeld kommt von der Stiftung, Ausstellung und Organisation hat die Stadt Mannheim übernommen. Im Port 25 in der Mannheimer Hafenstraße kann man sehen, dass es in diesem Jahr die Richtigen getroffen hat.

Für den Heinrich-Vetter-Preis kann man sich bewerben. 65 Bewerbungen lagen der Jury zur Begutachtung vor. Man kann sie zur Entscheidung für Bernhard Sandfort und Barbara Hindahl nur beglückwünschen. Obwohl es schon etwas komisch ist, wenn ein inzwischen Achtzigjähriger (endlich) zum Zuge kommt. Auch die eine Generation jüngere, 1960 geborene Barbara Hindahl war längst fällig. Starke Auftritte waren garantiert und der Port 25 in Mannheim ist dafür der passende Ort. Dort ist genug Platz für eine Mini-Retrospektive auf das Werk von Sandfort, das 1958 mit seiner ersten eigenständigen Arbeit („ Erstes Linienbild“ in Blau) beginnt, die von der Kunsthalle angekauften „Zwei sehr verschiedene Systeme“ von 1980 als Leihgabe mit einschließt und bei der 2006 begonnenen und bis in die Gegenwart laufenden Serie der „Sehwege“ endet. Wie im Zeitraffer wird eine Entwicklung aufgeblättert, in der sich konstruktivistische Strenge und Zufall in den unterschiedlichsten Erscheinungen, aber stets auf gleicher Höhe bewegen. Spannend zu sehen, mit welch unendlicher Präzision der in der Farbigkeit alles andere als kleinliche Sandfort mit nie nachlassender Präzision Linien ordnet, die Veränderung der Farbe durch Farbe untersucht, Permutationsreihen durchspielt, die Flimmereffekte der Op Art zulässt und auf mächtigen Formaten Diagonalen über rechtwinklige Gitterstrukturen legt: alles Lektionen über den Zusammenhang von Regel und Abweichung. Eine Neuauflage des „Museums der Fragen“ und ein kleiner dokumentarischer Rückblick auf Sandforts legendäre Produzentengalerie „Augenladen“ führen zu einer aktualisierten Neuauflage des 1977 begonnenen und als Anregung zum Weiterfragen und -denken verstandenen „Museums der Fragen“. Der eine fragt sich, warum man die Zukunft nicht ändern kann, ein anderer: „Warum immer ich?“. Nicht nur einen treibt die Sorge um, was aus Deutschland werden soll. „Weiß nicht !!!“ ist zwar keine Frage, passt aber prima dazu. Bei Bernard Sandfort ist alles Handarbeit, bei Barbara Hindahl ist man im digitalen Zeitalter angekommen. Dass die Linie die so unterschiedlichen Konzepte der Preisträger verbinde, ist eine banale, wenig hilfreiche Feststellung. Barbara Hindahl wäre nicht Barbara Hindahl, wenn sie nicht mit einer in situ geschaffenen Raumzeichnung drei Schnitte durch den Ausstellungsraum legte. Streifen aus orangener, blauer und magentafarbener Plotterfolie lässt sie so über Wand, Fußboden und Decken laufen, dass diese sich nur von einem Standpunkt aus zusammenfügen und als (virtuelle) Räume erfahren werden können. Mindestens ebenso geistreich ist der raffinierte Umsprung von der Zweidimensionalität in die Dreidimensionalität und zurück. Was ist Kunst, was ist Wirklichkeit? Was Original, was Kopie? Was Werk, was seine Wertigkeit? Wie immer sind Barbara Hindahls Antworten eindeutig vieldeutig; genau das macht ihren Reiz aus. Irritierend in den „mechanischen Zeichnungen“, eindrucksvoll in einer als wandfüllendes Diptychon präsentierten 4-Kanal-Audio-Doppelprojektion, bei der man zwei rhythmisch arbeitenden Druckerköpfen beim zeilenweisen Bildaufbau zusehen kann. Pressefotos, Bilder aus dem Internet und Angela Merkel privat sind das Material der beiden ziemlich unscharfen Videos. Das Schnarren der Apparate klingt gespenstisch. „Mein romantischstes Werk“ sagt Barbara Hindahl zu ihrem auf 2010/15 datierten „print piece“. Und das stimmt auch, irgendwie. Termine Bis 5. September im Port 25 in der Mannheimer Hafenstraße 25. Geöffnet dienstags bis sonntags von 12 bis 18 Uhr. Kein Katalog.

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