Rheinpfalz Wie ein Islamist Klinikseelsorger wurde

MANNHEIM. Der Teufel trägt ordentlich gekämmte Haare und einen geringelten Pullunder. Eigentlich ist er ja auch nur ein vielleicht zehn, vielleicht zwölf Jahre alter Knabe, der beim Familientreff in der Mannheimer Neckarstadt eine Spielszene aufführt. Eben noch hat er in der Hinterhof-Moschee ein frommes Kind gemimt und empört eine Frage gestellt: Wie kommt es nur, dass Muslime Christen und Juden zu ihren Festen beglückwünschen oder, schlimmer noch, sogar mit ihnen feiern? Nun lässt sich der Junge in seiner Rolle als durchtriebener böser Geist ganz ungeniert in die Karten schauen: Nicht-Muslime sind ihm egal, sagt er in dem 2010 ins Internet gestellten Filmchen, weil sie sowieso in der Hölle brennen werden. Um so trickreicher stellt er Mohammeds Anhängern nach: Mädchen unter ihnen flüstert der Dämon zum Beispiel ein, sie bräuchten kein Kopftuch zu tragen. Solche Ideen scheint auch der huldvoll lächelnde Imam des Al-Faruq-Zentrums für Teufelszeug zu halten. In dem grobkörnigen Video garniert er die Spielszenen der Kinder mit einem Stoßgebet: Allah möge verhüten, dass sie zu Menschen werden, die „den Schlechten ähneln wollen“. Seit 2008 hat den Vorsteherposten ein gebürtiger Tunesier mit randloser Brille und mächtigem Bart. Öffentlich pflegt Amen Dali in klassischem Islamisten-Schick aufzutreten: Der 32-Jährige hüllt sich in lange, zumeist weiße Gewänder und zieht sich die Gebetsmütze oder ein Tuch übers Haupt. Die Anschläge von Paris allerdings haben er und seine Mitstreiter im vergangenen November feierlich verurteilt. Schon Monate vorher hatte ein Sprecher des Moscheevereins laut „Mannheimer Morgen“ öffentlich eingestanden, dass bei den Freitagsgebeten in der Lortzingstraße auch IS-Sympathisanten aufgetaucht seien. Zugleich beteuerte er: Sie hätten nun Hausverbot. Den baden-württembergischen Verfassungsschutz allerdings beruhigen solche Töne nicht. Der Inlands-Geheimdienst hat die auch von Pfälzer Muslimen besuchte Moschee im Mannheimer Migrantenstadtteil seit Jahren im Blick. Er hält sie für einen Ort, an dem zwar nicht offen zu Gewalt aufgerufen, aber ein fundamentalistischer Islam nach saudi-arabischem Vorbild gepredigt wird. Dazu gehören Ideen von einer staatlichen Ordnung, in der Nicht-Muslime allenfalls Bürger zweiter Klasse sein dürfen. So pflegt Dali den Kontakt zu einem Heilbronner Kollegen, der laut Verfassungsschutz in seiner Internet-Koranschule ganz ungeniert verkündete: Im Krieg unterworfene Nicht-Muslime dürfen versklavt und schlimmer als Tiere behandelt werden. Amen Dali hingegen beteuert: Sein Heilbronner Freund rufe „zur Einhaltung der hiesigen Gesetze“ auf. Er selbst arbeite in seiner Mannheimer Moschee ebenfalls daran, „das friedliche Zusammenleben in unserer Gesellschaft zu stärken“. Gepredigt werde bei ihm ein „Mainstream-Islam, den Sie auch in jeder anderen sunnitischen Moschee vorfinden“. Doch daran zweifelt nicht nur der Geheimdienst. Das Stuttgarter Innenministerium hat vor Monaten öffentlich mitgeteilt, dass Al-Faruq-Aktivisten „Publikationen mit salafistischen Tendenzen“ verteilt hätten. Die Stadt Mannheim führt die Moschee trotzdem ungerührt neben kirchlichen Kindergärten, städtischen Schulen und dem Polizeirevier auf einer Karte mit „Bildungseinrichtungen und Anlaufstellen in der Neckarstadt-West“ auf. Die Heidelberger Uniklinik wiederum ließ Dali als Referenten bei einer Ethik-Tagung in ihrem Hörsaal auftreten – neben Wissenschaftlern, die mit klangvollen akademischen Titeln glänzten. Um „interkulturelle Kompetenz“ in Krankenhäusern ging es an jenem Dienstagabend im November 2013. Ungefähr zur gleichen Zeit stellte Dali Vorträge über die in der Medizin so wichtige Hygiene ins Internet. Mehr als zwei Stunden lang erläutert der Imam in den Filmen die islamischen Regeln für das „Verrichten der Notdurft“. Seine Anhänger erfahren zum Beispiel, dass sie sich, dem Beispiel Mohammeds folgend, den Hintern immer mit einer ungeraden Anzahl von Wischbewegungen reinigen müssen. Und dass es sie in die Verdammnis führt, wenn sie ihr Geschäft auf von Menschen benutzten Wegen oder an schattigen Lagerplätzen verrichten. Bei der Heidelberger Ethik-Tagung allerdings sollte Dali über seine Erfahrungen in der muslimischen Krankenhausseelsorge berichten. Schließlich war er dafür seit 2011 ganz offiziell zuständig: Die Uniklinik empfahl ihn auf ihrer Internet-Seite als geistlichen Beistand, vor allem für Menschen aus dem arabischen Raum. Wenn der Imam dann tatsächlich beigezogen wurde, konnte er sich für seinen Einsatz dank eines Dienstleistungsvertrags stundenweise von der Klinik entlohnen lassen. Den Posten vermittelt hatte ihm das Mannheimer Institut für Integration und interreligiösen Dialog. Entstanden ist dieser Verein im Jahr 1996, Menschen aus kirchlichen, akademischen und kommunalpolitischen Kreisen hatten sich in ihm zusammengefunden. Die Protokolle ihrer Mitgliederversammlungen zeigen, wie sie anfangs vor allem Lobbyarbeit für die große türkische Yavuz-Sultan-Selim-Moschee im Stadtteil Jungbusch machten – und gleichzeitig deren Vorstand auf einen liberalen Kurs drängten. Mittlerweile reichen die Aktivitäten weit über Mannheim hinaus. Das Institut widmet sich dem Konfliktmanagement bei Moscheeneubauten in ganz Deutschland, es bescheinigt Lebensmittelproduzenten, dass ihre Nahrungsmittel den islamischen Speisevorschriften entsprechen, es fördert interreligiöse Schulgottesdienste, es organisiert Integrationskurse. Und mit finanzieller Unterstützung des Stuttgarter Integrationsministerium bildet es gerade muslimische Klinikseelsorger für ganz Baden-Württemberg aus, bis 2018 soll das „Ländle“ flächendeckend mit ihnen versorgt sein. Weil ein derartiges Programm auf der anderen Rheinseite bislang fehlt, dürfen sich auch einzelne Vorderpfälzer zu den Kursen anmelden. Immerhin mischte von 2008 bis 2010 beim ersten, damals noch vom Bund geförderten Ausbildungsgang auch die Evangelische Akademie der Pfalz mit. Und einige von Dalis Kurskollegen gingen an Pfälzer Krankenhäuser: in Ludwigshafen, Speyer, Germersheim, Grünstadt und Frankenthal. Alfred Miess, der ehrenamtliche Leiter des Programms, sagt: Die meisten von ihnen leisten bis heute gute Arbeit. Auch den Imam der Faruq-Moschee hat er lange gegen kritische Anfragen verteidigt. Mittlerweile allerdings hat er von Aussagen seines einstigen Zöglings erfahren, die auch er irritierend findet. In der Heidelberger Uniklinik ist Dali nach deren Angaben ohnehin schon seit Mitte 2014 nicht mehr aufgetaucht, mittlerweile sei der Dienstleistungsvertrag mit ihm „wegen Nichterreichbarkeit“ gekündigt. Der Imam selbst erklärt sein Abtauchen damit, dass er sich zu viel Arbeit aufgeladen hatte. Auf der Internet-Seite des Krankenhauses allerdings wurde er noch bis in dieses Jahr hinein als Seelsorger geführt. Verschwunden ist sein Name samt Telefonnummer erst, als eine Anti-Islamismus-Aktivistin die Klinik angeschrieben hatte. Kommentar

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