Wirtschaft Rieslinge mit Sammlerwert

Hausherrin Bettina Bürklin-von Guradze ist diplomierte Weinbauingenieurin. Die Familie baut seit 1597 Wein an.
Hausherrin Bettina Bürklin-von Guradze ist diplomierte Weinbauingenieurin. Die Familie baut seit 1597 Wein an.

«Wachenheim». Die Fachwelt ist sich längst einig: Geht es um Riesling-Weine, steht der Name Bürklin-Wolf für Weltklasse. Spitzenlagen wie Pechstein, Jesuitengarten, Kirchenstück und Reiterpfad haben das Wachenheimer Traditionshaus wie kaum ein anderes pfälzisches Weingut international in Szene gesetzt.

Historie begegnet einem in diesem Exklusivität atmenden Unternehmen auf Schritt und Tritt. Vordenker und Wegbereiter von bedeutenden Veränderungen markieren die Weinbautradition, die bis ins Jahr 1597 zurückreicht. Schon die Vorfahren von Inhaberin Bettina Bürklin-von Guradze setzten alles daran, ein Weingut von besonderem Rang zu schaffen. Und doch: „Wir sind zwar eine ganz starke Marke, aber das müssen wir mehr nach außen kommunizieren, um eines Tages auch international ganz oben zu stehen.“ Auf einer Fläche von 85 Hektar, die sich komplett im Familienbesitz befinden, wachsen fast ausschließlich Rieslingreben. Mit besonderem Elan kultiviert werden sie seit 1990, als die älteste Tochter des Hauses gemeinsam mit ihrem Mann den elterlichen Betrieb übernahm. Das Paar war es auch, das noch vor der Neuorientierung im Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) die Klassifizierung nach der vierstufigen Qualitätspyramide umsetzte. Nur mit dem Unterschied, dass sich Premier Cru (PC) und Grand Cru (GC) die Spitze bei Bürklin teilen. „Beim Kirchenstück geht nach der Lese ein Beerchen nach dem anderen auf die Presse“, erläutert die diplomierte Weinbauingenieurin das Prinzip. Spitzenrieslinge bringen es pro Hektar auf einen Ertrag von lediglich 25 bis 30 Hektoliter. Es sind Weine mit enormer Lagerfähigkeit, die erst im Alter ihre endgültige Reife erreichen. Auch preislich, und das hat einen Grund. „Unsere Spitzenqualitäten gehen sehr gezielt und absolut dosiert in den Markt.“ Bürklin-von Guradze hat Kunden, die Wein als Sammlerstück, als Geldanlage erwerben, ihn wie einen Schatz hüten und irgendwann in eine Auktion geben. Rund 500.000 Flaschen jährlich füllt das Weingut ab. Davon sind rund 220.000 für die Orts- und Gutsrieslinge reserviert. Rund 75 Prozent der Produktion bleiben im Inland, vor allem in der Spitzengastronomie und beim Endverbraucher, der mehr als bisher in den beiden neuen Vinotheken in Wachenheim und Deidesheim für die Bürklin-Weine interessiert werden soll. Der Rest geht ins Ausland, Skandinavien werde dabei immer wichtiger. „Die Menschen im Norden sind richtig Riesling-freakig“, sagt die Winzerin. Von den Ortsweinen eines jeden Jahrgangs werden etwa 10 Prozent auf die Seite gelegt, das heißt noch ein paar Jahre im Fass belassen, bis sie eine gewisse Reife erlangen. Erst dann gehen sie in den Verkauf. „Wir müssen Kirchenstück denken und Orts-riesling verkaufen“, lautet die Maxime. Mehr und mehr im Trend, beobachtet die vierfache Mutter, seien Magnumflaschen, die 1,5 Liter Inhalt fassen, das Doppelte einer herkömmlichen Weinflasche. Womöglich, weil sich herumgesprochen hat, dass Rieslinge langsamer reifen, je größer die Flasche ist. Qualitätsbewusstsein geht bei Bürklin-Wolf so weit, dass kein Riesling eine Literflasche von innen sieht. „Die haben wir schon lange abgeschafft“, berichtet die 57-jährige Managerin, die sich die Leitung des Hauses mit Geschäftsführer Steffen Brahner, Kellermeister Nicola Libelli und Außenbetriebsleiter Alexander Strohschneider teilt. Das 30-köpfige Team festangestellter Mitarbeiter erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 3 Millionen Euro. Je nach Bedarf sind etwa 80 polnische Saisonkräfte im Einsatz, deren Familien bereits seit Mitte der 1970er-Jahre nach Wachenheim kommen. Für die Hausherrin können Spitzenrieslinge nur im Einklang mit der Natur entstehen. Seit gut zehn Jahren wird biologisch-dynamisch gewirtschaftet, um „das einzigartige Terroir unserer Spitzenlagen auch in unseren Weinen zu verwirklichen“. Diese Wirtschaftsweise geht auf Rudolf Steiner, den Begründer der Anthroposophie, zurück. Hornpräparate spielen bei der Biodynamie eine große Rolle: „Die Böden sind vitaler, die Reben widerstandsfähiger und unsere Weine sehr viel differenzierter.“ Bürklin-Wolf ist das einzige ausländische Mitglied der französischen Vereinigung biodynamischer Winzer Biodyvin. Die Einhaltung der Kriterien werde jährlich geprüft. Die Weingutsbesitzerin, die seit zehn Jahren die unternehmerische Philosophie vorgibt, sieht sich als Verwalterin des Erbes der nächsten Generation. Ihr Ziel ist es, wirtschaftlich noch erfolgreicher zu werden, um auch den historischen Immobilienbesitz samt imposantem Holzfasskeller und Englischem Garten zu erhalten. Der 2014er Ruppertsberger Riesling kostet 18 Euro.

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