Wirtschaft Nach Trumps Einreisestopp: Verunsicherung bei Unternehmen in der Region

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Mit Zurückhaltung, teilweise aber auch mit Betroffenheit und Verunsicherung, reagieren Firmen in der Region auf den Erlass von US-Präsident Donald Trump zur Einreise von Bürgern verschiedener muslimischer Staaten in die USA

SAP hat weltweit über 84.000 Mitarbeiter, darunter 20.000 in den USA und 19.000 in Deutschland. In einer emotional, teilweise gar pathetisch gehaltenen E-Mail an die Belegschaft schrieb Vorstandschef Bill McDermott wegen des teilweisen US-Einreiseverbots unter anderem: „Wir achten und schützen unsere Menschenrechte und lehnen jede Diskriminierung ab. Als Amerikaner bin ich stolz auf die Vielfalt, die unsere Gesellschaft in besonderem Maße auszeichnet und zu der Einwanderer aus der ganzen Welt beigetragen haben.“ Amerika werde seine ursprüngliche Identität wiederfinden – „jener Traum, der allen die gleichen Chancen bietet“. Bei SAP stehe man füreinander ein. Betroffene würden jederzeit unterstützt. McDermott: „Ihr macht euch Sorgen? Dann bleibt stark. Ihr seid frustriert? Dann gebt nicht auf (...) Wir sind immer für euch da und stehen zu euch. Ihr seid genau da, wo ihr hingehört.“ Im Chemiekonzern BASF mit rund 39.400 Mitarbeitern im Stammwerk in Ludwigshafen, ist bislang kein Fall eines Mitarbeiters bekannt, der Schwierigkeiten wegen Trumps Einreise-Bann habe, teilte eine Sprecherin mit. Genaue Angaben darüber, wer grundsätzlich betroffen sein könnte, könne das Unternehmen nicht geben, da solche Informationen nicht zentral erfasst würden. Der Schweizer Technologiekonzern ABB, dessen deutsche Landesgesellschaft mit rund 10.000 Mitarbeitern in Mannheim sitzt, gibt sich zurückhaltend beim Thema. ABB sei in mehr als 100 Ländern tätig und sei es gewohnt, mit sich ändernden Visabestimmungen und Reisebeschränkungen umzugehen, heißt es aus Zürich. Der Konzern verfolge die Entwicklungen aufmerksam. Das Augenmerk gelte dem Wohlergehen „all unserer Mitarbeiter“. Bei John Deere sei in Deutschland bislang kein Mitarbeiter betroffen, teilte ein Sprecher mit. Das Unternehmen, dessen Konzernzentrale in Moline im US-Bundesstaat Illinois steht, prüfe bei jeder geplanten Auslandsreise welche Einreisebestimmungen aktuell gelten, um Mitarbeitern Probleme bei der Einreise zu ersparen. Gebe es im Einzelfall Unsicherheiten, verzichte John Deere in der Regel auf die Reise. Die deutsche Landesgesellschaft mit etwa 6600 Beschäftigten – darunter 1200 im Mähdrescher- und Feldhäckslerwerk in Zweibrücken und 170 im europäischen Forschungszentrum in Kaiserslautern – hat ihren Sitz in Mannheim. Dort sitzt auch die Europazentrale des US-Konzerns. Der von Mannheim aus gesteuerte Kunststoff-Konzern Röchling, der weltweit rund 8600 und in Deutschland etwa 3500 Mitarbeiter hat, ist eigenen Angaben zufolge bislang nicht vom teilweisen US-Einreisestopp betroffen. Auch die Daimler AG mit ihren weltweit etwa 284.000 Beschäftigten, darunter etwa 22.000 in der Region, hat offenbar keine Mitarbeiter, die „soweit wir es überblicken können“, von den neuen Regelungen betroffen sind. Wie ein Sprecher auf Anfrage weiter mitteilte, arbeiten Menschen mit über 150 verschiedenen Nationalitäten für den Automobilkonzern. Konkrete Zahlen dazu veröffentlicht Daimler nicht, wie man auch Trumps Politik nicht kommentiere. Hier handelt Daimler nicht anders als etliche große US-Firmen, die sich mit öffentlichen Stellungnahmen zu Trumps Dekret zurückhalten und keine oder kaum Kritik wagen – im Gegensatz zu Technologiefirmen aus dem Silicon Valley in Kalifornien. Die Weinheimer Unternehmensgruppe Freudenberg mit rund 40.500 Mitarbeitern weltweit und 10.700 in Deutschland, äußerte sich auf Anfrage so: „Als global agierendes Technologieunternehmen ist es für uns eine Notwendigkeit, dass unsere Mitarbeiter und unsere Kunden eng miteinander arbeiten können.“ Dazu gehörten auch Termine vor Ort. Man prüfe individuell den Sachverhalt und unterstütze Mitarbeiter, die von diesen Regelungen betroffen seien. Freudenberg-Vorstandschef Mohsen Sohi, ein aus dem Iran stammender US-Bürger, zum Einreiseverbot: „Wir lehnen jede Form von Diskriminierung und Herabsetzung von Menschen ab. Bei Freudenberg leben wir in einer kulturell vielfältigen Arbeitswelt, in der Mitarbeiter verschiedener Länder in Teams ihre Fähigkeiten zur Erhöhung unserer Kompetenz einbringen und so gleichzeitig unsere Unternehmenskultur bereichern.“ Nicht nur Firmen, auch die Wissenschaft ist von dem Einreisestopp betroffen, darunter etwa das nach dem SAP-Mitbegründer benannte Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH in Potsdam-Babelsberg. Laut einem Bericht musste eine Doktorandin einen geplanten Forschungsaufenthalt an der Standford-Universität absagen. Verunsichert ob Trumps wirtschaftspolitischen Plänen zeigen sich auch viele Unternehmen in Rheinland-Pfalz, die auf dem US-Markt aktiv sind. Etwa ein Viertel der 230 von den rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern befragten Unternehmen rechnet demnach mit einem Rückgang der Exporte in die Vereinigten Staaten. Setzte Trump die bislang skizzierte Wirtschaftspolitik weiter um, schlössen Firmen Verschiebungen bei den Investitionen nicht aus. Von Januar bis November wurden Waren im Wert von 4,16 Milliarden Euro von Rheinland-Pfalz in die USA exportiert und Waren im Wert von knapp 2 Milliarden Euro importiert. Damit seien die USA der zweitwichtigste Handelspartner für die rheinland-pfälzische Wirtschaft – knapp hinter Frankreich. Die Unternehmen hatten die Kammern kurz vor Trumps Amtsantritt am 20. Januar befragt.

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