Wirtschaft Leitartikel: US-Einreiseverbot für Bock?

Die USA wollen ihre neuen Sanktionen gegen Russland als Hebel

zur Öffnung des EU-Marktes für Erdgas aus US-Lagerstätten einsetzen.

Europa soll amerikanisches Gas kaufen. Das sind Wildwest-Methoden. Wenn die USA die angedrohten

Strafen tatsächlich verhängen,

ist ein Handelskrieg die Folge.

Wollte man den Teufel an die Wand malen, dann könnte man sagen, BASF-Spitzenmanagern wie dem Vorstandsvorsitzenden Kurt Bock oder dem Finanzchef Hans-Ulrich Engel drohen Einreiseverbote in die USA. Denn der bisher wichtigste Verbündete und bedeutende Handelspartner Deutschlands und der Europäischen Union (EU) hat Anfang August neue Sanktionen gegen Russland – wegen der Annexion der Krim – beschlossen, die solche Verbote tatsächlich möglich machen. Nachdem der US-Kongress dem Sanktionsgesetz zugestimmt hatte, blieb dem US-Präsidenten Donald Trump nichts anderes übrig, als das von ihm abgelehnte Gesetz zu unterschreiben. Steht er doch unter dem Verdacht, mit Hilfe russischer Unterstützung im Wahlkampf an die Macht gekommen zu sein. Das US-Gesetz sieht Strafen gegen Dritte – also zum Beispiel deutsche Firmen – vor, die an russischen Pipelines zum Export von Energieträgern beteiligt sind. Ausdrücklich erwähnt ist die geplante zweite Gaspipeline von Russland durch die Ostsee nach Deutschland, die Nord Stream 2. An der Finanzierung der 9,5 Milliarden Euro teuren Pipeline sind mit der BASF-Energietochter Wintershall und der Eon-Ausgründung Uniper zwei deutsche Firmen mit je knapp 1 Milliarde Euro beteiligt. Weitere Mitfinanzierer sind die Energiekonzerne Engie aus Frankreich, OMV aus Österreich und Shell aus Großbritannien. Die restlichen 50 Prozent der Kosten trägt der russische Gasriese Gazprom. US-Präsident Trump muss nicht, aber er kann jetzt Sanktionen nicht nur gegen US-Unternehmen, sondern auch gegen Konzerne in anderen Ländern verhängen, wenn diese Firmen an Bau, Unterhalt, Reparatur oder Modernisierung russischer Export-Pipelines beteiligt sind. Ein Handelskrieg mit Europa wäre die Folge. Zu den skandalösen Folterwerkzeugen, mit denen die USA Konzernen wie der BASF drohen, zählen neben den erwähnten Einreiseverboten für Manager auch die Verweigerung von Exportgenehmigungen, das Verbot für Banken, den geächteten Firmen mehr als 10 Millionen Euro Kredit zu gewähren, der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen oder vom US-Immobilienmarkt. Wintershall ist mit 15,5 Prozent an der Nord Stream 1 AG mit Sitz in Zug in der Schweiz beteiligt. Das Unternehmen, an dem Gazprom 51 Prozent der Anteile hält, wurde 2005 zum Bau und zum anschließenden Betrieb der ersten Ostsee-Pipeline gegründet. Dem Aktionärsausschuss, der vom früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder geleitet wird, gehören unter anderem der BASF-Finanzchef Hans-Ulrich Engel und der Wintershall-Chef Mario Mehren an. Engel und Bock haben schon rein beruflich enge Bindungen an die USA. Sie waren – mit Sitz in den USA – schon Chefs des Nordamerika-Geschäfts der BASF. Die beschäftigt dort knapp 17.600 Mitarbeiter – etwa halb so viele wie im Ludwigshafener Stammwerk – und setzte 2016 in der Region 14,7 Milliarden Euro um. Bundesregierung und EU-Kommission haben die von den USA angedrohten extraterritorialen Sanktionen als völkerrechtswidrig bezeichnet. Mit ihrer Attacke auf russische Gasexporte in die EU will die US-Politik ausdrücklich die Ausfuhr von Flüssiggas aus den USA fördern. Das Verflüssigen und der Transport per Schiff sind allerdings teuer. Deshalb spielt Flüssiggas in der EU nur eine geringe Rolle. Den unsäglichen Russland-Sanktionen der USA ist das gleiche Schicksal zu wünschen wie der Liste mit angeblichen Terrorunterstützern – darunter auch die BASF –, die türkische Behörden kürzlich dem Bundeskriminalamt vorlegten. Sie löste sich in Luft auf.

Ihre News direkt zur Hand
Greifen Sie auf all unsere Artikel direkt über unsere neue App zu.
Via WhatsApp aktuell bleiben
x