Wirtschaft GKM punktet mit Flexibilität

Das GKM in Mannheim produziert Strom für 2,5 Millionen Menschen in der Metropolregion Rhein-Neckar sowie für Handel, Gewerbe und
Das GKM in Mannheim produziert Strom für 2,5 Millionen Menschen in der Metropolregion Rhein-Neckar sowie für Handel, Gewerbe und Industrie, es versorgt 120.000 Haushalte mit Wärme und erzeugt 15 Prozent des Bahnstroms.

«Mannheim.» Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für fossile Kraftwerke sind in Deutschland derzeit nicht günstig. Der Vorrang der erneuerbaren Energien und geringe Großhandelspreise für Strom bringen die Stromfabriken an den Rand der Wirtschaftlichkeit. Auch die Grosskraftwerk Mannheim (GKM) AG durchlebt deswegen schwierige Zeiten. Manfred Schumacher und Holger Becker, technischer und kaufmännischer Vorstand, glauben dennoch an die Zukunft des Standorts, der 2021 auf eine 100-jährige Geschichte zurückblicken wird.

Steinkohlekraftwerke seien flexibler bei der Stromproduktion als lange Zeit gedacht. Auch in Zeiten mit hohem Strombedarf – etwa bei Windstille an sehr kalten, bedeckten Tagen im Winter – und in solchen, in denen viel erneuerbarer Strom anfällt, lasse sich eine solche Anlage entsprechend steuern: Das ist nicht etwa Eigenwerbung des GKM, sondern das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie des Energiewende-Thinktanks Agora in Berlin. Manfred Schumacher und Holger Becker sehen sich damit in ihrer Erfahrung bestätigt: Die Flexibilität sei es, die das GKM auch unter den aktuell schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wettbewerbsfähig mache. „Wir haben Verbesserungen erzielt in der Flexibilität, sowohl beim nun seit zwei Jahren produzierenden Block 9 gegenüber der ursprünglichen Auslegung als auch bei den Bestandsblöcken 6, 7 und 8“, so Schumacher, seit Januar 2016 Technik-Chef des GKM. Das Optimierungsprojekt sei mit dem Know-how der Mitarbeiter über Versuchsprogramme erfolgt. Das Ergebnis: „Wir können das GKM nun von 50 Megawatt bis 2000 Megawatt Leistung fahren.“ Dieses sehr hohe Maß an Anpassungsfähigkeit, das in sehr kurzer Zeit abrufbar sei, versetze das GKM in die Lage, „die Anforderungen der Netzbetreiber zu erfüllen“. Auch die Leistung der Blöcke habe verbessert werden können: So verfüge etwa der 1993 ans Netz gegangene Block 8 mit nun 486 Megawatt (MW) Leistung über 6 MW mehr als vor der technischen Nachrüstung – bei gleichem Brennstoffeinsatz. Die Optimierung sei zusammen mit General Electric bei einer routinemäßigen Generalüberholung (Revision) erfolgt. Diese Optimierung der Anlagen habe Investitionen erfordert, die Zeit der Großinvestitionen sei aber vorbei, so Becker. Allerdings denke man zurzeit in alle Richtungen, um weitere „Erlöspfade“ für das GKM zu eröffnen. Das Ergebnisverbesserungsprogramm, das sich aktuell auf 70 Millionen Euro jährlich summiert, soll weiterlaufen. Im vergangenen halben Jahr stieg der Steinkohlepreis um fast 10 Prozent – was nur zum Teil durch leicht höhere Großhandelspreise und konstante Preise für Verschmutzungszertifikate ausgeglichen werde. Das GKM muss wegen der volatileren Stromeinspeisung ins Netz aufgrund von Sonnen- und Windstrom im 15-Minuten-Takt auf Spannungsschwankungen reagieren. Deswegen würden die Anlagen deutlich mehr strapaziert als früher, betonen Schumacher und Becker unisono. Entsprechend höher sei der Verschleiß, und entsprechend öfter fielen Revisionen an. Nicht angemessen sei, dass die Übertragungsnetzbetreiber zwar die häufigen Eingriffe anordneten, es dafür aber von ihnen keine Vergütung gebe, weil dazu die Marktmechanismen fehlten. Gesicherte Leistung sei ein Gut an sich, pochen die GKM-Chefs auf adäquate Entlohnung. Becker: „Die Feuerwehr wird auch nicht nur für das Löschwasser bezahlt.“ Beide Vorstände gehen davon aus, dass die Strompreise spätestens ab 2022, nach dem Abschalten der letzten Atommeiler in Deutschland, wieder steigen und sich die wirtschaftliche Situation für das Gemeinschaftskraftwerk von RWE in Essen, EnBW in Karlsruhe und MVV Energie in Mannheim entspannen wird. Für die Zeit bis dahin sei das GKM technisch bestens gerüstet. Schumacher: „Wir haben keinen Block zur Stilllegung angemeldet.“ Der Personalstand, 560 Mitarbeiter und 80 Auszubildende, werde sich mittelfristig bei etwa 500 einpendeln. An der Anzahl der Azubis soll festgehalten werden. Becker: „Für den Wissentransfer von älteren auf junge Mitarbeiter erarbeiten wir derzeit zusammen mit der Kraftwerksschule in Essen ein Konzept.“ Kommentar

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