Wirtschaft Deutsche Bank: China vor Katar

Die Deutsche Bank wird immer chinesischer: Die Unternehmensgruppe HNA, die den Flughafen Hahn übernehmen will und dafür die Zustimmung des rheinland-pfälzischen Landtags erhalten hat, steigt zum größten Aktionär der Deutschen Bank auf. Auch auf eine andere deutsche Bank hat es der Großinvestor aus Fernost abgesehen.

Eigentlich sollten chinesische Investoren nicht mehr ganz so viel Geld im Ausland ausgeben. Nach den exzessiven Käufen und Übernahmen im vergangenen Jahr hat Chinas Führung zu Beginn des Jahres eine Reihe von Maßnahmen verfügt, die das Auslandsengagement heimischer Unternehmen drastisch zurückfahren soll. Auslandsinvestitionen von über 1 Milliarde Dollar bedürfen seitdem einer speziellen Genehmigung, Investitionen im Wert von über 10 Milliarden Dollar sind sogar komplett untersagt. Doch offensichtlich gibt es Ausnahmen. Der südchinesische Reise- und Finanzkonzern HNA hat seine Beteiligung an der Deutschen Bank mehr als verdoppelt und hält nun fast 10 Prozent am größten Geldinstituts Deutschlands. Das Aktienpaket ist rund 3,4 Milliarden Euro wert. Einschätzungen von Analysten zufolge hat das chinesische Unternehmen damit die Herrscherfamilie des Emirats Katar als größten Anteilseigner der Deutschen Bank abgelöst. Sie hielt zuletzt rund 8 Prozent. Die HNA-Gruppe war erst im Februar bei der Deutschen Bank eingestiegen. Der umstrittene Vorstandschef John Cryan ist beim chinesischen Großinvestor offenbar wohl gelitten. „Wir haben vollstes Vertrauen in das Management der Deutschen Bank“, hatte die HNA-Gruppe im Februar mitgeteilt. Die HNA-Gruppe gilt als eines der finanzkräftigsten Privatunternehmen in China. Sie hat Anteile an weltweit rund zwei Dutzend Fluggesellschaften. Als Miteigentümer unter anderem von Swissport betreibt sie Flughäfen und ist auch an Hilton und der NH Hotel-Gruppe beteiligt. Sie hält zudem Anteile am Fahrdienstunternehmen Uber. Mehr als 130.000 Mitarbeiter beschäftigt der Konzern eigenen Angaben zufolge. Der Umsatz lag 2015 bei umgerechnet über 30 Milliarden Euro. Vorstandschef Chen Feng ist heute einer der reichsten Männer Chinas. Dabei gibt es die Gruppe überhaupt erst seit der Jahrtausendwende. Damals hatte die Provinzregierung der südchinesischen Tropeninsel Hainan ihr Territorium zu einer chinesischen Sonderwirtschaftszone erklärt und war auf der Suche nach Investoren. Sie beauftragte den Unternehmer Chen Feng und übertrug ihm eine Reihe von weiteren Aufgaben vor allem zur Ankurbelung der Tourismusindustrie. Chen gründete daraufhin die HNA-Unternehmensgruppe und stärkte über Zukäufe von mehr als einem Dutzend chinesischer Fluggesellschaften nicht nur sein Kerngeschäft, sondern expandierte auch als Reiseunternehmen, im Immobiliengeschäft und betreibt Einkaufszentren und Luxusressorts. Zuletzt hat die HNA-Gruppe ihren Schwerpunkt stark auf die Finanzbranche verlagert. Denn der Wohlstand in China wächst weiter kräftig und immer mehr Anleger wollen ihr Vermögen nicht nur wie bisher in chinesische Immobilien investieren, sondern sind an einer Diversifizierung im Ausland interessiert. Die nächste Großinvestition steht bereits an: Insidern zufolge zeigt sich der chinesische Investor auch interessiert an der HSH Nordbank. Das wegen der Krise im weltweiten Schiffsverkehr angeschlagene Finanzinstitut, das aus der Fusion der ehemaligen Landesbanken von Hamburg und Schleswig Holstein hervorgegangen ist, soll auf Druck der EU-Kommission bis spätestens nächstes Jahr verkauft werden.

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