Mannheim Besuch beim Pfandleiher: Wo das Gold im Keller liegt

Tobias Rackstraw, Schätzer im Mannheimer Leihamt, begutachtet mit einer Lupe eine Uhr.
Tobias Rackstraw, Schätzer im Mannheimer Leihamt, begutachtet mit einer Lupe eine Uhr.

Wenn das Geld knapp wird, locken Pfandleiher mit dem schnellen Bargeld. Ohne viel Bürokratie ist man dann erstmal wieder flüssig. Eine Aussicht, die vor allem in der Weihnachtszeit Kundschaft lockt.

Das Gold lagert im Keller in hohen Regalen, ganz unscheinbar verpackt in transparenten Boxen. Ketten, Ringe, Armreife, Uhren, alles ist ordentlich beschriftet mit Besitzername, Einzugsdatum und Darlehenshöhe: Ja, in den Räumlichkeiten des Städtischen Leihamts in Mannheim liegt ein beachtliches Vermögen.

Wer Geld braucht, bekommt im Pfandleihhäusern schnelle Kredite mit kurzen Laufzeiten gegen einen Faustpfand, also etwa Schmuck oder Uhren. Früher war in den alten Tresorräumen noch mehr los. Doch auch heute liegen hier Schmuckstücke in einem siebenstelligen Gesamtwert.

„In der Corona-Krise sind wir bisher mit einem blauen Auge davon gekommen“, sagt der Geschäftsführer des Leihamts, Jürgen Rackwitz. Während der Lockdowns brach das Geschäft mit dem Pfand nach seinen Angaben um rund 20 Prozent ein. Mittlerweile gehe es aber wieder bergauf. „Die Leute waren durch das ganze Hin und Her verunsichert. Da packen sie ihre Sachen lieber unters Kopfkissen“, sagt Rackwitz, der seit 2001 Geschäftsführer in dem kommunalen Pfandhaus ist.

Corona drückte aufs Geschäft

Zwar durften die Pfandleiher auch während der Corona-Beschränkungen ihre Häuser öffnen, da sie als systemrelevant gelten. Große Umsätze blieben aber in dieser Phase aus, wie der Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Pfandkreditgewerbes (ZDP), Wolfgang Schedl, berichtet. „Während der Lockdowns hatten wir weniger Beleihungen. Man konnte nicht shoppen gehen, man konnte nicht in den Urlaub fahren oder in die Pizzeria gehen.“ Weil die Ausgaben für derartigen Konsum sanken, brauchten die Menschen auch weniger Geld, sagt Schedl. Mit zunehmenden Corona-Lockerungen kehrte dann auch mehr Kundschaft zurück in die Pfandleihhäuser.

Jährlich zahlen die Pfandleihhäuser in Deutschland nach Verbandsangaben mehr als 630 Millionen Euro an Krediten aus. Konkrete Zahlen darüber, wie die Pandemie das Geschäft beeinflusst hat, liegen laut Schedl nicht vor. Er glaubt aber, dass das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie in den kommenden Monaten noch deutlicher in den Pfandleihhäusern spürbar wird.

In den 250 zum ZDP gehörenden Betrieben werden nach Verbandsangaben weit über 90 Prozent der beliehenen Dinge wieder ausgelöst. Es gibt aber auch echte „Ladenhüter“. Seit 2004 lagert in Mannheim beispielsweise ein kleiner Pappkarton. Inhalt: Porzellan. Darlehenswert: 50 Euro.

Monatliche Zinslast

Wirtschaftlich ist so ein kleines Darlehen für den Kunden nicht, denn für den Pfandkredit fallen Zinsen und Gebühren an. Die Pfandleiherordnung bestimmt, dass monatlich 1 Prozent Zinsen fällig werden. Die anfallenden Gebühren sind jedoch unterschiedlich. Bei Darlehenshöhen bis 300 Euro sind die Gebühren festgelegt. Bei höheren Pfandkrediten werden sie frei vereinbart.

In der Regel gibt es das Geld beim Pfandleiher nach dem Schätzen des Werts eines Schmuckstücks oder einer Uhr schnell und ohne Bonitätsauskunft. Für bereits verschuldete Menschen ist ein Pfandleihhaus „manchmal die letzte Option, zu Geld zu kommen“, heißt es von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Hier bestehe die Gefahr, dass Anbieter die Notlage der Kundschaft ausnutzten.

Auch andersherum gibt es Gefahren: Falsches Gold oder gestohlene Gegenstände lägen oft auf der Theke im Mannheimer Leihamt, sagt Geschäftsführer Rackwitz. „50 Prozent der Arbeit am Schalter ist das Prüfen, 50 Prozent ist Menschenkenntnis.“ So lassen sich seine Mitarbeiter bei teuren Uhren beispielsweise zeigen, wie man das Datum einstellt.

Sogar Teddys verpfändet

Was nicht mehr abgeholt wird, landet in der Regel nach sechs Monaten unter dem Auktionshammer. Während die Bieter auf Schnäppchen oder Raritäten hoffen, nutzt die Versteigerung den Pfandleihern zunächst nichts. Liegt der Erlös über der Darlehenssumme, steht der Gewinn dem Kunden zu. Holt die Kundschaft den Mehrerlös nicht innerhalb von drei Jahren ab, wandert das Geld an den Staat.

Zur Ferien- oder Weihnachtszeit ist in den Pfandleihhäusern besonders viel los. „Schlimm ist, wenn die Leute im Januar dann den Weihnachtsteddy bringen“, so Rackwitz. Ein paar einsame Markenkuscheltiere sitzen schon in den Regalen des Leihamts.

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