Rheinpfalz „Weltweit klar die Nummer 1“

Einblicke in die Welt von Industrie 4.0: Vorstandsvorsitzender Detlef Zühlke erkärt Julia Luttenberger die SmartFactory.
Einblicke in die Welt von Industrie 4.0: Vorstandsvorsitzender Detlef Zühlke erkärt Julia Luttenberger die SmartFactory.

«KAISERSLAUTERN.» Detlef Zühlke, Vorstandsvorsitzender der Technologie-Initiative SmartFactory, hat vor rund 15 Jahren die Idee der smarten Fabrik entwickelt. Dieses Know-how ist heute weltweit gefragt, wie Zühlke im Gespräch mit Julia Luttenberger schildert.

Herr Zühlke, hätten Sie erwartet, dass ihre Idee der Industrie 4.0 zu einem weltweiten Exportschlager wird?

Nein, absolut nicht. Im Nachhinein ist das der große Punkt in meinem Leben, dass daraus eine weltweite Marke wurde. Mir kam die Idee damals auf einer Bahnfahrt, nachdem ich ein Smart Home besichtigt habe, und mir dachte, es müsste eine smarte Fabrik geben. Danach gab es zunächst kleinere Forschungsprojekte, aber es war nicht abzusehen, dass das Thema insgesamt so explodieren würde. Wie sahen die Anfänge aus? Den Anfang um 2004/2005 machten wir mit der BASF und anderen eher regional ansässigen Unternehmen, die sich beteiligt haben, danach entwickelte sich die „SmartFactory Kaiserslautern“ schnell deutschlandweit. Der große Push kam durch die Internationalisierung 2009/2010, als wir erste Projekte mit Korea begonnen haben. Seit 2011 ist der Begriff „Industrie 4.0“ zum Schlagwort geworden. Seitdem sitze ich nur noch im Flugzeug und bin zum Außenminister der SmartFactory geworden. Der Erfolg der SmartFactory ist kein Zufall, da steckt harte Arbeit dahinter. Sie betonen immer wieder, dass Ihnen der Standort wichtig ist. Warum? Wir sind Teil der Wissenschafts-Community vor Ort und fühlen uns ihr verpflichtet. Kaiserslautern hat einen riesigen Wandel von der Militär- und Fußballstadt zum Wissenschaftsstandort hingelegt. Als solcher wird er mittlerweile wahrgenommen. Das erfahre ich immer wieder in Gesprächen in aller Welt. Kaiserslautern ist auf dem richtigen Weg und muss unterstützt werden, damit Ansiedlung von Unternehmen besser gelingt. In der SmartFactory melden sich Besuchergruppen aus aller Welt an? In diesem Kalenderjahr hatten wir bereits über 1000 Besucher. Vieles entwickelt sich nach großen Ereignissen wie der Hannover Messe. Dort sind wir Teil des Ausstellungsprogramms und hatten jetzt über 5000 Besucher am Stand. Danach erreichen uns Einladungen zu Vorträgen und Anfragen von Besuchergruppen aus aller Welt. Der Ansturm ist so hoch, dass wir gar nicht alle annehmen können. Für Herbst hat sich eine hochrangige Wirtschaftsdelegation aus den Niederlanden angemeldet. Sie haben in diesem Jahr viel in den USA zu tun. Was liegt dort an? In den USA sind wir gezielt als Berater hinzugezogen worden. Dort gibt es zwei Partnerinstitute in Chicago und Los Angeles, deren Auftrag es ist, in fünf Jahren ein ähnliches Modell wie die SmartFactory zu entwickeln. Dazu haben die Verantwortlichen sehr viel Fördergelder erhalten. Ihr Problem ist allerdings, dass man Zeit und Erfahrung nicht kaufen kann. Wir haben 13 Jahre erfolgreich Erfahrungen gesammelt, das hat kein anderer. Haben Sie überhaupt Konkurrenz? Am internationalen Markt nicht. Wir sind mit der Idee, im Netzwerk mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen das Thema Industrie 4.0 voranzutreiben und an einer Demonstrationsanlage zu zeigen, weltweit klar die Nummer 1. Die Koreaner, mit denen wir etliche Projekte gemacht haben, sind nahe an dem dran, was wir machen. Sie mahnen immer wieder, dass zu wenig im Bereich IT-Sicherheit getan wird und fordern eine Art ADAC-Schnellhilfe für Firmen, die von Hackerangriffen und ähnlichem betroffen sind. Wie sieht es damit aus? Für dieses Problem gibt es noch keine Lösung. Vielleicht sind wir mit diesem Thema auch noch ein bisschen früh. In puncto Sicherheit erreichen wir die großen Firmen gut, die die Probleme nicht haben, weil sie eigene Möglichkeiten haben, sich um die Sicherheit zu kümmern. Anders sieht das bei kleinen Firmen aus. Wenn wir über das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum in ein bis zwei Jahren noch mehr Leute auf den Weg geführt haben, wird die Notwendigkeit sicher größer. Was uns hilft, wird ein Negativfall sein. Danach werden die Leute einsehen, dass sie reagieren müssen. Ein Problem ist ja der Fachkräftemangel. Wie sieht es da bei Ihnen aus? Wir sind auch vom Fachkräftemangel betroffen. In Kaiserslautern finden Sie nicht so einfach Mitarbeiter wie etwa in Hamburg. Das Renommee der Marke SmartFactory macht es einfacher, Leute von überall her zu holen. Derzeit sind vier, fünf Stellen bei uns frei. Wir geben gerade viel Geld für Jobplattformen aus und gehen auf Bewerbermessen. Anders geht es nicht. Sehen Sie eigentlich irgendetwas von den Orten, an denen Sie sind? Nicht wirklich. Zeit für ein Besucherprogramm gibt es schon lange nicht mehr. Der Druck, in kurzer Zeit viel zu erreichen, hat weltweit zugenommen. Früher habe ich manchmal eine Konferenz mit einem Urlaub verbunden, aber das ist kaum noch möglich. Damals dauerten die Konferenzen eine Woche, heute sind es zwei, drei Tage, danach stehen neue Termine an. Sie sind weltweit unterwegs, kommen Sie da überall mit Englisch weiter? Entweder man spricht untereinander Englisch oder es geht gar nicht. Gerade in Asien. Wenn es bei Veranstaltungen Simultanübersetzungen gibt, geht es noch, problematisch sind die zeitversetzten Übersetzungen. Da verliert man schnell den Faden und es kommt keine richtige Diskussion zustande. In Korea und Japan geht es gut, in China ist es noch schwierig. Im November steht Detroit an, im September Chicago – das mit ihrem Ruhestandsdasein hat noch nicht geklappt? Nein. Ich will es aber tatsächlich etwas runterdrehen, das viele Reisen ist schon sehr stressig. Allerdings will ich auch die Idee der SmartFactory weiterhin weltweit verankern.

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