Rheinpfalz Sieben Pfälzer "iChen" für neue Apple-Zentrale

iPhone, iPad, Eiche: Wie es sieben Eichen aus dem Pfälzerwald in die neue Apple-Zentrale in Kalifornien schaffen werden – scheibchenweise, sozusagen.

Er mutet an wie ein gläsernes Raumschiff, der neue Firmenkomplex von Apple im kalifornischen Cupertino. Nicht umsonst spricht der Konzern mit dem angeknabberten Apfel-Logo von einem „Spaceship“ auf 260.000 Quadratmetern Fläche im Silicon Valley. Mittendrin: sieben Pfälzer Eichen. Nein, die Bäume wachsen nicht in den weitläufigen Parks des gerade fertiggestellten Apple-Palasts. Dort stehen andere Bäume, Obstbäume. Vielleicht auch ein paar amerikanische Ahorne, auf die das Unternehmen in seinen Büros und Filialen, den Flagship-Stores, neuerdings lieber verzichtet. Und zwar zugunsten der Eichen aus dem Landauer Stadtwald, dem Taubensuhl. Die landen in den Denkschmieden der kreativen Köpfe von Apple. Verarbeitet unter anderem zu hippen Konferenz- und Bürotischen, an denen die neuen iPhones, iPads und vielleicht ja auch selbstfahrende Autos entwickelt werden.

Auftraggeber: Steve Jobs

Der Auftrag für die 380 Tische kommt von keinem Geringeren als dem damaligen und mittlerweile gestorbenen Konzern-Chef Steve Jobs und seinem Architekten Norman Foster. Das berichtet Richard Weis, Leiter des Furnier- und Sägewerks Mehling & Wiesmann im unterfränkischen Lohr am Main, wo die Pfälzer Eichen furniert, also in dünne Scheiben geschnitten werden. Hochwertig und schlicht sollen die Apple-Tische sein. Klar, Schnörkel würden die raffinierten Vordenker nur davon ablenken, neue Spielereien zu entwickeln, auf die die halbe Welt jedes Jahr mit angehaltenem Atem wartet. Da kann die Wahl fast nur auf Eichenfurnier fallen. Davon ist Siegfried Weiter, Förster des Forstamts Haardt in Landau, überzeugt. Mehr noch: „Die Eiche ist das Gold unter den Bäumen.“ Anders als die hölzernen Modeerscheinungen Kirsche oder Buche. Die Eiche ist ein zeitloser Klassiker, aus dem einst Throne für Schlösser gebaut wurden. Da hatten die Bäume vom Taubensuhl möglicherweise gerade ihre ersten Triebe. 300 Jahre lang sind sie dicht an dicht gewachsen, bis zu zwölf Meter hoch.

Astfrei, hell, kerzengerade

Fünf bis neun Meter lange, helle Eichen – das ist der Anspruch von Apple bei seiner weltweiten Suche nach dem perfekten Holz für die Firmentische. Astfrei soll es sein, also ohne braune Flecken, kerzengerade und aus einem einzigen Stück verarbeitet. „Da kommen nur Eichen aus dem Pfälzerwald oder dem Spessart infrage“, sagt Furnierwerkleiter Weis, „denn das sind die besten der Welt.“ Auf der indischen Holzmesse „Indian Wood“ war ein von Apple gesandter Agent auf das Traditionsunternehmen von Weis getroffen, das dort ausstellte. Das Interesse des Agenten war geweckt. Ein halbes Jahr später hat Apple sich auf den Deal eingelassen. Weis und seine Kollegen reisen daraufhin von Lohr in die Südpfalz. Weis hat ein Auge dafür, wie die perfekte Rinde aussehen muss – frei von „Narben“, also abgestorbenen Ästchen, Frostrissen oder anderen Unebenheiten. Sein Urteil: Die Qualität stimmt. Er kauft die sieben Stämme direkt vor Ort per Handschlag. Verträge werden später gemacht. „Ein solcher Verkauf ist ungewöhnlich“, erklärt Förster Weiter. Normalerweise werden Bäume bei Auktionen im Wald verkauft. „Hier geht es aber um Stammlängen, die nur schwer bis gar nicht zu kriegen sind auf dem Markt.“

3500 Euro pro Kubikmeter

Bei 3500 Euro liegt der Spitzenpreis pro Kubikmeter Eiche in dieser Qualität. Bei einem neun Meter langen Baum sind das 31.500 Euro. 100.000 Kubikmeter Holz erntet das Forstamt im Jahr, 110.000 wachsen nach. Im November werden die Apple-Eichen gefällt und in mehreren Lastwagen nach Lohr transportiert. Dort kommen sie in zurechtgeschnittenen Holzblöcken bei Mehling & Wiesmann in die Furniermaschine, ein grünes Ungetüm Baujahr 1963. Zuvor wurden sie bei 65 Grad erhitzt. Ein riesiges scharfes Messer fährt immer wieder über den Holzblock und schabt die Furniere ab. Zwei Werkarbeiter ziehen die dünnen Scheiben aus der Maschine und stapeln sie übereinander, unter den wachsamen Augen des Landauer Försters. Er ist extra nach Lohr gekommen, um zu sehen, wie seine Eichen zu Konferenztischen, aber auch zu Präsentationstischen für iPads in den weltweit 400 Apple-Stores verarbeitet werden.

Letzter Schliff in Holland

Wie ein stolzer Vater streicht er über die etwas rauen und von der Reibung noch dampfenden Holzscheiben. Immer vier davon werden zugeschnitten, gepresst und bei 160 Grad getrocknet. Dann kommen sie ins Lager, in dem Millionen behandelte Holzstücke, überwiegend aus Eiche, liegen. Von dort aus geht’s ab nach Belgien, wo sie mit robusten Holzplatten zu Tischplatten zusammengepresst werden. Das Finish – der letzte Schliff und die Montage – übernimmt die holländische Tischmanufaktur Arco. Wie viel Geld Apple für das fertige Produkt auf den Tisch legt, weiß nur der Endverkäufer – und natürlich das Unternehmen selbst. Vermutlich werden es Peanuts sein im Verhältnis zu den Gesamtkosten von geschätzt über fünf Milliarden Euro für den „Apple Park“. Drei Jahre lang dauerte der Bau. Diesen Monat sind die ersten der 12.000 Mitarbeiter eingezogen. Bis an den Tischen aus Pfälzer Eichenfurnier an neuen Geräten getüftelt wird, dauert es aber noch ein bisschen. Vielleicht nennen sie die ja iChen-Tische.

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