Rheinpfalz Shlomo – Kaifa alhal?

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Mannheim. „Arabisch lernen in der Straßenbahn“ – der Slogan einer Aktion des Mannheimer Goethe-Instituts zum gestrigen Europäischen Tag der Sprachen klang viel versprechend. Die Idee dahinter: dreiminütige Sprach-Speed-Datings in der Straßenbahn-Linie 1. Also in drei Minuten Arabisch lernen? Geht das? Zeit für einen Selbstversuch.

Ich also hin zur Haltestelle „Hochschule“. Abfahrtzeit der S-Bahn Richtung Schönau mit der Dating-Gruppe war um 10.08 Uhr. Und da sah ich sie auch schon. Als Erkennungszeichen trugen die jungen Menschen Strohhüte auf dem Kopf, manche von ihnen hatten DIN-A4-Blätter mit verschiedenen Bildern unterm Arm klemmen. Sie lachten, waren aber auch ein bisschen aufgeregt. Ich – mit meinem Vorhaben Arabisch zu lernen – allerdings auch. Eine Sprache, deren Klang für europäische Ohren doch ziemlich fremd erscheint. Eine Sprache, bei der harte laute wie „ch“ hervorstechen, neben anderen Klängen, die man im Deutschen nicht findet und wahrscheinlich auf Anhieb auch nicht artikulieren kann. In der Straßenbahn wurde ich schnell vermittelt und befand mich kurz nach dem Einstieg neben Mustafa Al Samarai, einem 27-jährigen Iraker. Er war der Dating-Partner fürs Arabisch. Und schon ging es los. Drei Minuten Zeit. Ich konnte zwischen den Bereichen „Essen“, „Flirten“ oder „Vorstellen“ wählen. „Essen“ ist immer gut, schnell habe ich mich entschieden. Mein erstes Wort: „Qahwah“, zu Deutsch „Kaffee“. Irgendwie ähnlich. Auch „Birah“ für „Bier“ konnte bei mir noch nicht sehr viel Eindruck schinden. Arabisch scheint ja ganz schön einfach zu sein, dachte ich im ersten Moment. Nun gut, Al Samarai hatte die arabischen Worte nicht in arabischer Schrift auf dem Papier stehen, sondern in den Zeichen unseres lateinischen Alphabets, sonst hätte ich gleich kapituliert. Die Transkription sei aber nicht sehr einfach, erzählte er mir und sprach mir einige Buchstaben aus dem arabischen Alphabet vor, die ich auf Teufel komm raus nicht wirklich wiederholen konnte. Kehle und Zunge ließen sich einfach nicht auf meine Versuche ein, zum Beispiel das nachzusprechen, was ähnlich wie ein „K“ klingt, aber tief im Hals erzeugt wird. Meinen Lehrer schien es zu erheitern. Ich kam ins Schwitzen. „Ich würde gerne auf Arabisch ein Eis bestellen“, sagte ich nach weiteren gelernten Arabischbrocken zu meinem Gegenüber. „Ana archab buza akul“, bekam ich als Antwort. Nach etwa fünf Wiederholungen seitens Mustafa Al Samarai wagte ich das Nachplappern. Und siehe da, es klappte. Die drei Minuten waren schon längst überschritten, aber das machte nichts. Mein Lehrer forderte umgehend ein Zertifikat bei seinen Kollegen an, das mir meine neuen Sprachkenntnisse nun bescheinigt. „Shukran“, sagte ich. „Danke“. Kurz zuvor gelernt. Die Aktion des Goethe-Instituts hatte natürlich einen besonderen Hintergrund. Der Europäische Tag der Sprachen war dafür ein geeigneter Aufhänger. „Wir wollen damit zeigen, wie schwierig es ist, eine fremde Sprache in kurzer Zeit zu erlernen“, sagte Ingo Schöningh, der Leiter des Goethe-Instituts. Man wolle damit um Verständnis werben, wenn vor allem Neuankömmlinge in Mannheim nicht sofort perfektes Deutsch sprechen. Neben Arabisch boten die Speed-Dating-Lehrer auch andere Sprachen an, unter denen die Fahrgäste wählen konnten: Türkisch zum Beispiel, Russisch, Koreanisch, Chinesisch oder Aramäisch. Für Letzteres entschied sich die Mannheimer Studentin Anna Frisch, als sie spontan von den Goethe-Institutlern angesprochen wurde. Warum gerade Aramäisch? „Ich fand es interessant, weil es so anders ist“, sagte sie nach dem Crashkurs mit ihrem Zertifikat in der Hand. Die Aktion fand sie witzig, und es habe ihr Spaß gemacht. „Shlomo“, sagte sie zum Beweis, das auch tatsächlich etwas vom Aramäisch hängen geblieben ist. Das heiße „Hallo“. Ihr Lehrer war begeistert. Etliche Fahrgäste der Linie 1 haben sich zu einem Schnellsprachkurs überreden lassen. Aramäisch und Arabisch zählten zu den beliebtesten Sprachen, aber auch Türkisch war begehrt. Die Sprachmittler waren dabei jeweils Muttersprachler, von denen einige gerade einen Integrationskurs im Goethe-Institut besuchen. Begleitet wurden sie von Praktikanten des Instituts, die die S-Bahn-Fahrgäste ansprachen. Ich für meinen Teil werde meine Arabischkenntnisse gleich beim nächsten Mal ausprobieren, wenn ich auf einen arabisch sprechenden Menschen treffe. „Kaifa alhal?“, könnte ich ihn fragen – „Wie geht’s?“ Das mit dem Eis bestellen werde ich dagegen lieber erst noch ein wenig üben.

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