Rheinpfalz Scheibchenweise eigene Fehler eingeräumt

Geweckt, vom Schlafplatz Zugtoilette weggezerrt und auch noch in den Rettungswagen verladen? Da muss man sich doch wehren dürfen. Und wenn einen die Polizei sogar der Atemluft beraubt, dann ist doch wohl geboten, schon aus Selbsterhaltungstrieb heraus um sich zu rudern?! Die Staatsanwaltschaft wertet das Verhalten der 19-Jährigen allerdings anders: Die Frau muss sich seit vergangener Woche wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und Beleidigung vor Gericht verantworten.

Scheibchenweise hat die junge Frau am ersten Verhandlungstag vor dem Jugendrichter am Amtsgericht Kusel das ein oder andere eigene Fehlverhalten eingeräumt – wohl auch deshalb, weil der Mann von der Jugendgerichtshilfe sie mal eben diskret aus dem Saal lotste und ihr ins Gewissen redete. Ein gerüttelt Maß an Einsicht aber lege die 19-Jährige offenkundig nicht an den Tag, kritisierte die Staatsanwältin. Hilfsangebote ignorierte die 19-Jährige geflissentlich. Dabei hätte sie wohl relativ leicht mit einer Einstellung gegen eher milde Auflagen davonkommen können, auch, weil die Schuldfähigkeit der jungen Frau doch arg in Zweifel zu ziehen ist. Der erste Termin des Strafverfahrens gegen die Heranwachsende aus dem nördlichen Kreisgebiet war geprägt von einigen leichten Über- aber auch Untertreibungen. Dafür sorgten zum einen die Frau auf der Anklagebank selbst, zum anderen die beiden Zeugen. Welch wüstes Szenario: Der Polizist sei „in die Hauswand eingeschlagen“, schilderte es eine Kollegin des Opfers im Zeugenstand. Der Uniformierte sei „voll mit dem Kopf gegen die Wand geflogen“, hatte vor ihr bereits ein anderer Polizist ausgesagt. Geschleudert worden sei der gemeinsame Kollege von einem Gesinnungsgenossen jener jungen Frau, die da auf der Anklagebank sitze. Zumindest sei der Polizist in voller Montur gewesen und habe einen Helm getragen. Verletzt worden sei er nicht. Auch der Beamte und seine Kollegin, die als Zeugen die Geschehnisse vom 1. Mai in Kaiserslautern schilderten, waren ohne Blessuren davongekommen. Ja, es könne durchaus sein, dass die Angeklagte an Atemnot gelitten habe – aber nur kurz, so lautete die Einschätzung des Polizisten. Es seien bei vergleichbaren Manövern, bei denen sich sträubende Personen zu Boden hätten gerungen werden müssen, ja durchaus schon Menschen zu Tode gekommen. Daher sei man bestens ausgebildet und wisse solche Situationen zu vermeiden. Die Polizei hatte an jenem Maifeiertag einen Großeinsatz. Eine Demonstration der NPD hatte auch Gegendemonstranten auf den Plan gerufen. Zu ihnen gehörte offenkundig die junge Frau, die den Polizisten gegenüber renitent geworden sein soll. Sie selbst gab an, sie habe nur zum Bahnhof gewollt. „Der liegt in der entgegengesetzten Richtung“, sagte der Polizist später, mit dieser Schutzbehauptung konfrontiert. Ob sie betrunken gewesen sei? Vielleicht ein bisschen: „Sie hat mit uns noch über die politischen Hintergründe diskutieren wollen. Wer das fertigbringt, kann ja so betrunken nicht gewesen sein“, erinnerte sich der Polizist an eine zunächst noch verbale Auseinandersetzung. Die Eskalation der Lage am Maifeiertag war das eine, angeklagt ist die 19-Jährige allerdings auch noch wegen einer Entgleisung bei einer anderen Gelegenheit: Sie war mit einem Begleiter aus einer Zugtoilette geborgen worden. „Wir hatten uns dort zum Schlafen niedergelassen“, sagte sie. Der Rettungsdienst kam und sammelte den arg mitgenommenen Kumpel ein, die Frau versuchte, dies zu verhindern. Auch dabei soll sie sich Beamten widersetzt und wüste Beleidigungen ausgestoßen haben. „Waren sie betrunken?“, wollte der Richter wissen. Nicht sehr – „wir waren ja schon am Ausnüchtern“, lautete die Antwort. Eine Blutprobe aber hatte immerhin fast zwei Promille sowie auch noch Betäubungsmittel im Blut. Auch von daher steht die Schuldfähigkeit im Zweifel. Der Prozess wird nun mit weiteren Zeugen am Freitag, 12. Dezember, fortgesetzt. (cha)

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