Rheinpfalz Raus aus dem Gewächshaus

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Der Sieg von Donald Trump gibt den Grünen in Deutschland zu denken. Auf ihrem Bundesparteitag in Münster schälte sich die Erkenntnis heraus, dass die Partei auf die „kleinen Leute“ zugehen und ihre Absichten besser erklären muss. Ein Kommentar von Wolfgang Blatz

Wie Herbstnebel liegt die Präsidentenfrage über dem Bundesparteitag der Grünen. Nein, die Basis diskutiert nicht darüber, ob mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann einer der Ihren Bundespräsident werden könnte – und vor allem: ob er es überhaupt sollte. Die Grünen treibt die Frage um, wie es mit einem US-Präsidenten Donald Trump weitergeht. Trump, der im Wahlkampf Frauen, Einwanderer und alle möglichen Minderheiten beleidigte, steht so ziemlich für alles, für was die Grünen nicht stehen. Aber den Grünen raubt nicht nur die Person Trump den Atem. Er wird als Symbol einer Bewegung gesehen, die in Deutschland mit den Namen AfD und Pegida verknüpft ist. Und aufgeklärte Grüne fragen sich: Sind wir am Ende Teil des Problems? Ja, liebe Grüne, das seid ihr. Auf dem letzten Parteitag in Halle habt ihr lange über den „Genderstar“ diskutiert. Mit dem Sternchen soll in einem Text dargestellt werden, dass es mehr Geschlechterorientierungen gibt als männlich/weiblich. Doch solch progressive Sprache wird unleserlich. Wenn ihr sie auf die Wähler loslasst, liest und versteht die Texte keiner mehr. Das ist nur ein Beispiel dafür, dass ihr manchmal wie in einem Gewächshaus lebt. In Münster gab es zwar keinen Beschluss dazu, aber absehbar ist: Die Grünen wollen nun vermehrt auf die „kleinen Leute“ zugehen. Sie wollen mehr erklären – und sich nicht im Gefühl sonnen, dass sie Recht haben und die anderen mit einer anderen Meinung die schlechteren Leute sind. Doch ob sie das Vertrauen von Menschen, die zu den ärmeren und schwächeren zählen, mit Beschlüssen wie dem gestrigen zu Hartz-IV gewinnen, ist fraglich. Mit knapper Mehrheit machte in Münster ein Antrag das Rennen, in dem ein Ende von Sanktionen bei Verstößen gegen Auflagen der Jobcenter und Arbeitsagenturen gefordert wird. Doch gerade unter jenen, die nicht viel haben, ist der Gerechtigkeitssinn sehr ausgeprägt. Wenn dem Staat das Recht genommen wird, auch mal denjenigen in die Parade zu fahren, die möglicherweise das System ausnutzen, stärkt das vor allem die Populisten.

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