Rheinpfalz Neue Blütenträume

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Koblenz/Mannheim. Der Zweckverband „Welterbe Oberes Mittelrheintal“ hat am Dienstag einstimmig beschlossen, eine Machbarkeitsstudie für die Bundesgartenschau (Buga) in Auftrag zu geben. Die Entscheidung bei der Sitzung in Kestert fiel einstimmig, sie gilt als offizielles Votum für eine Bewerbung. Dem Zweckverband gehören neben den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen rund 60 Kommunen an, darunter sind auch die Landkreise Mayen-Koblenz, Rhein-Hunsrück, Rhein-Lahn, Mainz-Bingen und Rheingau-Taunus. Nach dem Beschluss vom Dienstag habe das Obere Mittelrheintal „sehr, sehr gute Chancen“, die Buga im Jahr 2031 zu veranstalten, sagte gestern die Sprecherin der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft (Bonn), Sibylle Eßer. Bisher gebe es keine weiteren Bewerber für dieses Jahr. Zwar sei nicht auszuschließen, dass noch andere Regionen Interesse anmeldeten. Ziel der Bundesgartenschau-Gesellschaft sei aber, nicht zwei Kandidaten kostenintensiv gegeneinander antreten zu lassen, sagte Eßer. Das heißt: Wenn der Zweckverband jetzt die Machbarkeitsstudie in Auftrag gibt, kann er wohl auch mit dem Zuschlag rechnen. Die Studie, zu deren Kosten der Zweckverband gestern keine Angaben machte, soll bis Herbst 2017 vorliegen; Ende 2017 will die Bundesgartenschau-Gesellschaft dann eine Entscheidung treffen. Den Anstoß für die Bewerbung des Mittelrheintals hatte Innenminister Lewentz (SPD) gegeben: Eine Bundesgartenschau sei eine große Chance, die gesamte Region langfristig als Lebensraum fort zu entwickeln und den Unesco-Welterbestatus mit weitreichenden Veränderungen weiter zu festigen. Hintergrund der Initiative ist, dass der Glanz dieses Rheinabschnitts sichtbar bröckelt: Das Obere Mittelrheintal ist sicher eines der romantischsten Flusstäler Deutschlands. Doch es leidet unter Bevölkerungsschwund, teils veraltetem Tourismus, Leerständen und Bahnlärm. Der 2002 ergatterte Welterbetitel hat diese Abwärtsentwicklung nicht aufhalten können. Im Mai 2015 hatte der damalige Kulturstaatssekretär Walter Schumacher (SPD) Klartext gesprochen: „Die Unesco hat das Tal anerkannt, wie es ist. Das heißt aber nicht, dass jeder siffige Campingplatz gleich Weltkulturerbe ist. Auch die Loreley ist ja dafür, dass das ein weltberühmter Platz ist, relativ versifft.“ Die CDU-Opposition empörte sich damals sofort, sah Tal-Image und Tal-Bevölkerung beleidigt. Doch letztlich führte Schumachers Attacke zur Erkenntnis, dass das Welterbetal dringend eine Runderneuerung braucht. Wenige Tage nach Schumachers wachrüttelnden Worten brachte sein Parteifreund Roger Lewentz die Ausrichtung einer Bundesgartenschau ins Spiel. Sie biete die Möglichkeit, ein verbindendes Band durch das Mittelrheintal zu knüpfen und gemeinsam die gesamte Region strukturell für die Zukunft zu stärken, sagt Lewentz. Dies gelte „sowohl für die Menschen, die hier arbeiten und leben als auch für diejenigen, die das Weltkulturerbe Oberes Mittelrheintal als attraktives Reiseziel verstehen. Im Mai 2016 war eine vom Innenministerium in Auftrag gegebene Vorstudie vorgestellt worden. Favorisiert wird in dieser Untersuchung eine dezentrale Variante der Bundesgartenschau, bei der beispielsweise in drei Teilräumen des 67 Kilometer langen Welterbetals auf beiden Seiten des Rheins aufeinander abgestimmte Projekte und Maßnahmen umgesetzt werden könnten. Eine Idee: Im Frühjahr 2031 könnten zunächst zwischen Koblenz und St. Goar die Blumen blühen. Im Sommer könnten Besucher den Rhein von seiner schönsten Seite rund um die Loreley erleben und im Herbst wären dann die gegenüberliegenden Städte Bingen und Rüdesheim an der Reihe. Eine besondere Rolle soll nach dem Konzept der Vorstudie einer „schwimmenden Buga 2031“ zukommen, bei der Ausstellungen, Gärten und Gastronomieangebote aufs Wasser verlegt werden und auf Schiffen stattfinden sollen. Als große Chance für die Stadtentwicklung galt die für 2023 geplante Bundesgartenschau zunächst auch allenthalben in Mannheim. Dies änderte sich spätestens im September 2013, als bei einem Bürgerentscheid 49,3 Prozent der Wähler gegen das Projekt stimmten. Damit war die Entscheidung für eine Buga zwar gefallen – die Mannheimer Stadtgesellschaft allerdings war gespalten. Die Gegner des Vorhabens im Nordosten der Stadt brachten Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) arg in Bedrängnis. Der gilt in erster Linie deshalb als glühender Buga-Befürworter, weil er die Veranstaltung als Motor für die Stadtentwicklung sieht. Und die hat nach dem fast vollständigen Abzug der amerikanischen Armee in den vergangenen Jahren gehörig an Fahrt aufgenommen. Flächen insgesamt größer als die Mannheimer Innenstadt standen plötzlich frei. Und auf einem dieser einstigen Kasernenareale soll die Buga stattfinden. Erbitterten Streit gab es über die Frage, ob ein benachbartes Landschaftsschutzgebiet, die Feudenheimer Au, mit in die Planungen einbezogen werden soll. Ein Landschaftsarchitekt hat die Pläne mittlerweile überarbeitet. Die Au soll nun offenbar außen vor bleiben, eine Seilbahn die Mannheimer Innenstadt und den Luisenpark mit dem Veranstaltungsgelände verbinden. |ros/os/swz

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