Rheinpfalz Missbrauchs-Prozess: Kind per Video gehört

Hat er nun ein Handy benutzt und ein Foto gefertigt? Oder hat er nur Fieber gemessen und mit einem Thermometer hantiert? Das ist die wesentliche Frage im Strafprozess gegen einen Mediziner, der zurzeit vorm Landgericht in Kaiserslautern läuft. Der Arzt war in erster Instanz vor dem Amtsgericht Kusel wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes verurteilt worden. Gestern, am zweiten Tag der Berufungsverhandlung, ist die Beweisaufnahme abgeschlossen worden. Schlussvorträge und Urteilsverkündung sind in knapp zwei Wochen zu erwarten.

Obgleich sich der Angeklagte bislang im Hauptverfahren noch mit keiner Silbe geäußert hat: Er möchte durch seinen Verteidiger den Beweis führen lassen, dass er nicht – wie ihm vorgeworfen wird – mit seinem Mobiltelefon eine Aufnahme vom Unterleib des dort entkleideten Kindes gemacht hat. Der Anwalt stellt in den Raum, dass das Kind einer falschen Wahrnehmung aufgesessen sei. Das zum Tatzeitpunkt fünfjährige Mädchen hatte sich gleich nach dem Vorfall seiner Mutter offenbart. Das Kind hatte die Mama gefragt, warum der Doktor ein Bild gemacht habe. Darüber hinaus wird dem Mann angelastet, das Kind unsittlich berührt zu haben. Die Mutter hatte im späten November 2015 mit ihrem an Fieber leidenden Kind den Arzt aufgesucht. Sie war auch zunächst bei der Untersuchung zugegen. Der Arzt selbst aber hatte die Mutter, wie sie sagt, weggeschickt. Als er für eine Zusatzuntersuchung per Ultraschall das Behandlungszimmer gewechselt habe, habe er die Mutter gebeten, einen Becher für eine Urinprobe holen zu gehen. Unstrittig ist: Für eine Weile war der Arzt mit der Fünfjährigen alleine im Behandlungsraum. Was dort vorgefallen sein soll, das ist nun die entscheidende Frage. Die hatte ein Einzelrichter am Kuseler Amtsgericht bereits mit einem Schuldspruch beantwortet und den Mediziner zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen (18.000 Euro) verurteilt. Eine Vernehmung hat dem Kind indes nicht erspart werden können. Allerdings musste die heute Siebenjährige zumindest nicht vor aller Augen im Gerichtssaal aussagen. Die Strafkammer bediente sich einer Video-Live-Schaltung. Der Richter hatte eine Auswahl von Mobiltelefonen zusammengetragen, die dem Mädchen präsentiert wurden. Es sollte zeigen, welcher Art jenes Telefon gewesen sei, das der Mediziner damals benutzt haben soll. Das Kind schilderte noch einmal den Vorfall und beschrieb auch das Klickgeräusch, das seiner Darstellung nach beim Fertigen des Fotos zu hören gewesen war. Weitere Zeugen kamen zu Wort, unter anderem mussten zwei vom ersten Tag gestern erneut aussagen. Dabei ging es in erster Linie darum, welches Telefon – betagtes Gerät oder ein Smartphone – der Angeklagte privat und welches er für dienstliche Zwecke genutzt hatte. Außerdem war das Fieberthermometer noch einmal Thema, das der Arzt bei der Untersuchung benutzt haben soll. Dass sich das Kind da nur etwas ausgedacht haben könnte, war nur kurz ein Thema. Davon geht keiner aus. Die Verteidigung zielt darauf ab, darzulegen, dass das Kind Fiebermessen als Fotografieren fehlinterpretiert hat. Dass die Staatsanwaltschaft daran ihre Zweifel hegt, hat auch durch die Aussage eines Sachverständigen Nahrung erhalten. Der Lehrende einer Medizinischen Fakultät hatte die Behandlungsmethode als zumindest in Teilen nicht nachvollziehbar dargestellt. So hatte er Verwunderung darüber geäußert, dass sich das Kind überhaupt hatte entkleiden und die Beine – mit Unterstützung des Arztes, der es in den Kniekehlen „unterstützend“ angehoben haben soll – nach oben hat recken müssen. Der Prozess wird am 3. April, 9 Uhr, fortgesetzt.

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