Rheinpfalz Mehr rechte Agitation

MAINZ. Bundesweit gebe es vermehrt Fälle, in denen sich bereits 15-jährige Jugendliche zur Terrororganisation Islamischer Staat (IS) bekennen, sagte Lewentz gestern in Mainz bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts. In Rheinland-Pfalz sei bisher ein solcher Fall registriert worden. Es gebe noch keine Erklärung für diese Entwicklung. Verfassungsschutz-Chef Hans-Heinrich Preußinger warnte, junge Menschen radikalisierten sich meist in sehr kurzer Zeit. Lewentz wiederholte die Einschätzung, auch Deutschland sei als Ziel von Anschlägen im Fadenkreuz des islamistischen Terrors. Dennoch gebe es weiterhin keine Hinweise auf mögliche Attentate in Rheinland-Pfalz. Nach den Erkenntnissen der Verfassungsschützer ist im vergangenen Jahr die Anzahl der als extremistisch eingestuften Personen um 60 auf 550 zurückgegangen, davon werden 40 (Vorjahr: 30) Personen als gewaltbereit eingeschätzt. Ausgebreitet hat sich auch der Salafismus, eine radikalere Strömung des Islam. Das Lager der Salafisten im Land wurde Ende 2015 auf 120 (Ende 2014: 100) Leute geschätzt. Erhebliche Gefahren gehen nach Einschätzung der Verfassungsschützer nach wie vor von „Rückkehrern“ aus, also von radikalisierten Personen, die aus Europa in die Bürgerkriegsgebiete des Nahen Ostens ausreisen und mit Kampferfahrung zurückkommen. Bundesweit wird deren Anzahl mittlerweile auf knapp 800 geschätzt. Aus Rheinland-Pfalz sind bisher 16 Islamisten ausgereist. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes sind zwei von ihnen getötet worden, vier sind zurückgekehrt. Aus Sicht von Innenminister Lewentz bleibt der Rechtsextremismus weiterhin die größte Herausforderung für den Verfassungsschutz. Besorgniserregend sei, dass sich Rechtsextremisten zunehmend in kleinen Gruppen organisierten und damit schwieriger zu beobachten seien als in den herkömmlichen Strukturen. Dies berge die Gefahr neuerlichen Terrorismus. Die Hemmschwellen für Agitation und Gewalt seien weiter gesunken, beklagte Lewentz. Aktionismus und Agitation der Rechtsextremisten zielen nach Einschätzung des Verfassungsschutzes vor allem darauf ab, die öffentliche Meinung gegen Asylsuchende aufzubringen. Sechs Brandstiftungen in Asylbewerberunterkünften im Laufe des vergangenen Jahres nannte Lewentz „besonders verwerflich“. Laut Verfassungsschutzbericht gibt es landesweit ein Potenzial von unverändert 650 Rechtsextremisten, davon werden 150 als „gewaltorientiert“ eingestuft. Räumliche Schwerpunkte sind nach wie vor die Vorderpfalz, Teile Rheinhessens sowie der Norden des Landes. Kräftig angestiegen von 521 auf 701 ist im vergangenen Jahr die Anzahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten. Die Mehrzahl davon (395) waren sogenannte Propagandadelikte. Die Anzahl der Gewalttaten kletterte von 33 auf 47 ebenfalls deutlich, davon waren 35 (29) Taten Körperverletzungen. Die linksextreme Szene wird vom Verfassungsschutz auf unverändert 500 Personen geschätzt, davon 100 Leute werden als gewaltbereit eingestuft. Die linksextremistisch motivierte Kriminalität ist 2015 von 54 auf 73 Straftaten ebenfalls stark gestiegen, davon 16 (10) Delikte waren Gewalttaten. Auf 600 Personen schätzt der Verfassungsschutz den Kreis der ausländischen Extremisten ohne islamistischen Hintergrund. Sie verübten im vergangenen Jahr 36 Straftaten. Minister Lewentz äußerte die Sorge, der Kurdenkonflikt in der Türkei könnte nach Rheinland-Pfalz „hineinschwappen“. Die Partei Alternative für Deutschland (AfD), die mit 14 Abgeordneten in den neuen Landtag eingezogen ist, wird vom Verfassungsschutz nicht beobachtet. Dies sagte Preußinger auf Nachfrage. Voraussetzung dafür wäre das „Vorliegen extremistischer Bestrebungen“. Der Verfassungsschutz-Chef machte aber deutlich, seine Behörde „schaue genau hin“, ob Rechtsextreme versuchten, Einfluss in der AfD zu gewinnen. Auf gar keinen Fall gebe es eine Überwachung von Aktivitäten der gewählten AfD-Abgeordneten. Der Verfassungsschutz ist in Rheinland-Pfalz eine Abteilung des Innenministeriums, in der etwa 160 Leute arbeiten. Einwurf |nob

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