Rheinpfalz Kommentar: Abschied auf Raten

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Frauke Petry muss mitansehen, wie die Partei ihr wichtigstes Anliegen einfach von der Tagesordnung streicht. Trotzdem will sie Parteivorsitzende bleiben. Wie lange das wohl gutgeht?

Geschlossenheit, Zusammenstehen, auch einmal eigene Befindlichkeiten zurückstellen – beim Parteitag der AfD fehlte es gestern nicht an Appellen, die Streitereien der vergangenen Wochen zu beenden. Auch Ko-Parteichef Jörg Meuthen rief zur Einigkeit auf – und übte sich sodann in einem klassischen Bodycheck gegen seine Mitvorsitzende Frauke Petry. Die hatte zuvor schon miterleben müssen, wie die Delegierten ihren „Zukunftsantrag“, mit dem Petry die Partei auf einen „realpolitischen“ Kurs verpflichten wollte, per Geschäftsordnungsantrag einfach von der Tagesordnung strichen. Meuthen legte nach, machte in wohlgesetzten Worten, aber unmissverständlich deutlich, was Petrys Antrag aus seiner Sicht ist: Quatsch. Meuthens Einlassungen und Petrys Reaktion zeigen: Das Band zwischen dem AfD-Führungsduo, aber auch zwischen Petry und einem Großteil der Parteiführung ist zerschnitten. Offenbar ist die Mehrheit der Partei bis hinein in die Spitze nicht bereit, ihrer Chefin in einer grundlegenden Frage zu folgen. Die eigentlich logische Konsequenz, nämlich den Rückzug vom Parteivorsitz, zog die 41-Jährige wohl vor allem aus Sorge vor einem erneuten Eklat nicht. So wirkte der gestrige Tag wie eine weitere Etappe vom erzwungenem Abschied auf Raten Petrys aus der AfD-Führung. Die Umgebung des Maritim-Hotels, in dem die 560 AfD-Delegierten tagen, glich gestern einer Hochsicherheitszone. Krawalle größeren Ausmaßes blieben bis zum Abend zum Glück aus. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein kleiner Teil der Zehntausenden Demonstranten, die gegen die AfD protestierten und Weltoffenheit forderten, selbst eine gnadenlose Intoleranz an den Tag legte. Diese Gruppen schreckten auch vor körperlichen Attacken gegen Delegierte und Polizisten nicht zurück. Angesichts ihrer zum Teil radikalen Positionen muss die AfD mit Kritik und scharfer Auseinandersetzung leben. Gewalt aber, ob gegen Personen oder Sachen, hat mit völlig legitimem friedlichem Protest, wie ihn gestern die Mehrheit der Demonstranten übte, nichts zu tun. Sie ist schlicht und einfach kriminell.

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