Rheinpfalz Klassik als späte Liebe

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Mannheim. Joachim Schäfer ist ein Vollblutmusiker und er liebt seine Heimatstadt Mannheim. Diese Mischung muss ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass sich eine Jury für das 65-jährige Original als neuen Träger des „Bloomaulordens“ entschieden hat.

Vor wenigen Tagen lag Joachim Schäfer noch mit einer schweren Lungenentzündung im Krankenhaus, wo er mehrere Wochen verbrachte. Doch das Schicksal meinte es gut mit dem Mannheimer. Sehr gut sogar. Schäfer befindet sich nicht nur auf dem Weg der Besserung, sondern er ist obendrein noch Mannheims neues „Bloomaul“. Als 47. Empfänger der höchsten bürgerschaftlichen Auszeichnung der Quadratestadt, deren Signet ein Orden in Form der bronzenen Kultfigur „Blumepeter“ ist, reiht er sich in eine prominente Trägerliste ein, die Namen wie Joy Fleming, Bülent Ceylan oder Heinz Haber aufweist. Wer mit dem Namen Joachim Schäfer nichts anfangen kann, hat eventuell trotzdem schon einiges von ihm gehört. Der 65-Jährige ist nämlich Musiker, Musikunternehmer, Autor und Produzent. Kein Wunder bei der Familie. Bereits Vater und Großvater waren Musiklehrer, spielten Instrumente. Und so haute Joachim Schäfer schon als Zehnjähriger begeistert in die Tasten. Mit zwölf traten die Beatles in sein Leben. „Und ab da war mir klar: Ich will Musiker werden“, erzählt der Mann, der Bart und eine wilde Mähne trägt. Mit dem Klassik-Üben war es allerdings schnell vorbei, als er von der Beatmusik infiziert wurde. Die Schülergruppe The Thunderbirds, die Schäfer mit Freunden 1962 gründete, machte sich in der Region einen Namen. 1966 wurden die jungen Haudegen sogar deutscher Beatmeister. „Heute höre ich nur noch Klassik“, sagt Schäfer und grinst verschmitzt. Mit aktueller Popmusik könne er nicht ganz so viel anfangen. Doch schnell schwingen seine Erinnerungen wieder in der Vergangenheit. Es fallen Bandnamen wie Nine Days Wonder oder Kin Ping Meh, denen er angehörte und die jeweils deutschlandweit Beachtung fanden. Schäfer war mit seinen Musikerkollegen auf etlichen Bühnen und in mehreren Radio- und TV-Shows vertreten. Mit Kin Ping Meh tourte er in den 1970ern jahrelang durch Deutschland und Österreich. Die Rockband war unter anderem Vorgruppe für Deep Purple, die Hollies oder Uriah Heep. Sogar im Kinofilm mit Ingrid Steeger „Sonne, Sylt und kesse Krabben“ waren die Musiker präsent. Als Solist hatte sich Schäfer, der heute im Stadtteil Rheinau lebt, spätestens 1973 einen Namen gemacht. Vor allem, als seine erste Dialekt-Platte unter dem Slogan „Mensch Meier Mannem“ erschien. Fortan komponierte und textete er eigene Lieder in Mundart oder kramte längst vergessene alte Texte und Melodien aus der Region wieder hervor und erweckte diese zu neuem Leben. Gassenhauer wie „Oh, Mannem is schä“, „So sin die Mannemer“ oder der „Wasserturm-Boogie“ gehen auf das reich gefüllte Kunst- und Kulturkonto des gelernten Klavierbauers. Genauso wie ein Musikbeitrag zur Bundesgartenschau 1975 sowie eine Einrichtung, die in Mannheims Ausgeh-Szene als legendär galt: die Musikkneipe „Miljöö“. Sieben Jahre lang, von 1979 bis 1986, betreute Schäfer die Kneipe, die damals Bands wie die Münchner Freiheit, Trio oder Terence Trend d’Arby zu Gast hatte. „Das war mein Beitrag zur Mannheimer Kulturszene“, sagt Schäfer lächelnd. Das „Miljöö“ gibt es seit ein paar Jahren nicht mehr. Joachim Schäfer beweist nicht nur an Instrumenten wie Gitarre und Klavier Geschick. Als Produzent ist er ebenfalls gefragt und scheut sich nicht vor modernster Produktionstechnik, die man auch im eigenen Tonstudio findet, das er seit Kurzem in seinem Wohnhaus betreibt. Als „Rente“, so sagt der Label- und Musikverlagsinhaber, habe er zudem ein kleines Studentenwohnheim, die „Villa Pastori“, in der Mannheimer Neckarstadt eröffnet, das er selbst betreut, wenn er sich nicht gerade mit seiner Frau in seinem Häuschen in Spanien aufhält. Dort befindet sich ein weiteres kleines Tonstudio. Stundenlang könnte das „Bloomaul“ von seinem Künstlerleben erzählen, so viel hat er bislang unternommen, angestoßen, erlebt und gesehen. Doch dann betont der zweifache Vater eines ganz besonders: „Am meisten zählt für mich meine Familie.“ Und so scheint sein größter Wunsch für die Zukunft nahezu selbstverständlich. „Opa werden. Das wäre geil.“ Noch Fragen? Joachim Schäfer nimmt den „Bloomaulorden“ morgen im Mannheimer Nationaltheater entgegen. Die Laudatio hält seine Vorgängerin, die Zeitungsjournalistin Waltraud Kirsch-Mayer. Die Verleihung ist in die Musik-Show „Blues Brothers“ eingebettet. Der „Bloomaulorden“ gilt als höchste bürgerschaftliche Auszeichnung Mannheims. Er wird seit 1970 einmal im Jahr vergeben.

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