Rheinpfalz In 90 Prozent der Fälle ist es Schrott

Halteverbot, rote Markierungen und aufgesprühte Kreuze auf der Fahrbahn: bevor die Stadtwerke im März die Wasser- und Stromleitungen in der Hilgardstraße erneuern, sondierten gestern zwei Fachleute eines Kampfmittel-Beratungsunternehmens den betroffenen Fahrbahnbereich mit einem speziellen Messgerät. Auch 70 Jahre nach Kriegsende kann man Altlasten und Bomben im Boden nicht ausschließen.

„Da wird in den nächsten zehn Jahren noch einiges auf uns zukommen“, erwartet Jochen Göttig, Inhaber des Wormser Unternehmens CEG. In der Vergangenheit sei manchen Kommunen das Risiko nicht bewusst gewesen. Inzwischen habe sich das geändert, zumal durch Alterungsprozesse auch Bomben mit normalem Aufschlagzünder zunehmend gefährlich würden. „Der Sprengstoff wird fragiler“, meint der Experte für Kampfmittel und Altlasten. Ob solche Risiken auch in der Hilgardstraße liegen könnten, lässt sich erst in den nächsten Tagen sagen – wenn die Auswertung der gestrigen Messungen vorliegt. Unspektakulär ist die Sondierungsapparatur: Man könnte den Karren für einen Fahrradanhänger ohne Boden halten. Gezogen wird er allerdings von einem Geologen, der das Aufzeichnungsgerät und die Stromversorgung im Rucksack trägt. Zeitbereichselektromagnetik heißt das komplexe Verfahren, klärt Christian Müller auf. Bei der geophysikalischen Methode wird ein elektromagnetisches Feld in den Untergrund eingespeist. Metallobjekte induzieren einen Wirbelstrom; zeitversetzte Impulse ermöglichen deren Tiefen-Ortung und eine Abschätzung der Größe. „In 90 Prozent der Fälle finden wir einfach nur Schrott“, erläutert Müller. Auch könnten Bodenbeschaffenheit, Rohrleitungen und dicht vorbeifahrende Autos die Ergebnisse beeinflussen. Schwierig wird die Bomben-Ortung erst recht, wenn dicke Rost-Schichten das Signal dämpfen. Ergibt sich allerdings ein konkretes Risiko, muss der Bereich geöffnet werden – mit einem sprenggeschützten Bagger. Sondierungen wie die in der Hilgardstraße sind tägliche Routine für das Sieben-Mann-Unternehmen, das „vom Bodensee bis Kassel“ tätig ist. Zwei Stunden veranschlagt Müller bei Arbeitsbeginn für den 500 Meter langen Zweibrücker Straßenabschnitt; die Auswertung im Büro werde etwa gleich viel Zeit in Anspruch nehmen. Sondiert wird nur der Bereich, in dem die Stadtwerke tatsächlich Leitungen austauschen werden. „Hätten wir auch einen Auftrag für die andere Straßenseite, stiegen die Kosten“, gibt Jochen Göttig zu bedenken. In diesem Sinne sei es auch vertretbar, bei Hausanschlüssen oder Baumpflanzungen auf eine Sondierung zu verzichten. Die Auftraggeber sollten allerdings dokumentieren, wo bereits sondiert wurde. Solche Flächen müsse man bei späteren Maßnahmen nicht noch einmal untersuchen. Um die 8000 Euro veranschlagt Göttig für den gestrigen Sondierungsauftrag. Muss gebaggert werden, fallen weitere 5000 Euro pro Tag an – für den sprenggeschützten Bagger, den Bediener und einen geprüften Feuerwerker. Anlass für den Sondierungsauftrag ist in der Regel die Auswertung von Luftbildern der Alliierten. Sind Blindgänger nicht auszuschließen, wird der Bereich vor einer Baumaßnahme untersucht. Das verringere Altlasten-Risiken auf zehn Prozent, so der Kampfmittelberger. Ab Mitte März wollen die Zweibrücker Stadtwerke die Hilgardstraße halbseitig aufreißen und die alte Wasserleitung auf einer Länge von 500 Metern komplett erneuern. Veranschlagt ist dafür eine Bauzeit von etwa fünf Monaten. (npm)

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