Rheinpfalz Gold-Nuggets für die Scheichs

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Für das Londoner Edelkaufhaus Harrods gibt es goldfarbene Candis-Sticks, für arabische Luxus-Hotels Gold-Nuggets , für Tchibo farbige Zuckerstückchen als Kaffeebohnen. Was die Mitarbeiter der Zucceroo GmbH aus Zucker zaubern, erobert Stück für Stück die Welt der Genießer. Nun kommt Pikantes hinzu, etwa goldenes Meersalz.

Hier wird im Stillen gearbeitet. Jahrelang hat Peter Forsch noch nicht einmal ein Schild an seiner großen Werkshalle im Weselberger Industriegebiet, die seit 1996 steht. Werbung? – Fehlanzeige. Das brauche er nicht, sagt er. Denn sein Unternehmen wachse fast von alleine. Nur auf Messen ist er präsent. Mit Vertriebspartnern ist er im Jahr auf etwa zehn Veranstaltungen unterwegs, auf drei bis vier stellt er selbst aus. Zum Beispiel auf der Süßwarenmesse in Köln und der Backmesse in Istanbul. Das reicht, die Kunden kommen beinahe von alleine. Der kleine Fachhandel ebenso wie Großbäckereien, Hotel-Gruppen oder Cafe- und Buchhandels-Filialisten. Denn Peter Forsch bietet, wofür es bisher nur sehr wenige Hersteller dieser Art gibt: Dekor aus Zucker in zig Formen und Farben und in originellen Verpackungen für viele Anlässe – für das Verzieren von Backwaren ebenso wie für die Darreichung zu Tee und Kaffee. Ob rosa Glimmerzucker und violette Dekorperlen, bunte Streusel, Sternchen, Herzchen, Entchen oder Spezialitäten wie goldfarbene Nüsse: Das Geschäft mit der süßen Dekoration läuft. Derzeit lägen sie voll im Trend, sagt Peter Forsch: Die Mode aus Amerika sei in Europa angekommen. Einen großen Markt dafür gebe es in Skandinavien, aber auch in Ländern wie der Türkei, wo viele kleine Betriebe die bunt verzierten Mini-Kuchen – auch: „Cap Cakes“ – anbieten. Der deutsche Bäcker sei da eher noch verhalten, beobachtet der Unternehmer – so „richtig bunt“ sei bisher den Kindergeburtstagen vorbehalten. Dieser Boom war vor 14 Jahren noch nicht abzusehen. Im April 2000 gründete Peter Forsch, der sich nach einem betriebswirtschaftlichen Studium auf Produktdesign verlegte, sein Einzelunternehmen. Mit 5000 Euro Startkapital und ganz bescheiden in einem Raum. Mit einem Farbzucker in zehn Farben und zwei Verpackungen fing der Kaiserslauterer an, ließ anfangs in Lohnfertigung produzieren. Die Idee entwickelte er gemeinsam mit einem Freund, der bei Südzucker arbeitete, mit der Pharma-Firma Merck und einem Farblieferanten. Denn so einfach ist das bunte Zuckerwerk gar nicht herzustellen: Die Zuckerkristalle werden nachträglich mit Lebensmittelfarbe gefärbt und mit einem Überzug versehen. Die Kunst dabei: Die Farbe darf nicht verlaufen. Deswegen wurden spezielle Rezepturen entworfen. Das Ganze sei, versichert Forsch, bedenkenlos essbar. Inhaltsstoffe seien Zucker, Lebensmittelfarbe, wie sie auch in Eis oder Kuchen vorkommen, und ein auf natürlicher Basis gewonnener Überzug. Zutaten und Kartonagen bezieht er aus Deutschland, Behälter kommen aus den Niederlanden und der Formenbau für die Herstellung der kleinen Figuren stammt aus Asien. Langsam ist sein Unternehmen gewachsen – „jeden Tag einen Millimeter“, sagt der Gründer. Ein gesundes Wachstum: ohne einen Cent auf Pump. Eine Durststrecke müsse man eben aushalten, meint der 50-Jährige – „Sie müssen dran glauben“. Ab 2010 lief es dann rund: Die Produktpalette wurde ausgebaut, feste Vertriebspartner pro Land übernahmen den Verkauf, aus dem Einzelunternehmen wurde eine Kapitalgesellschaft. Heute beschäftigt Zucceroo zehn feste Mitarbeiter, zu denen im Saisongeschäft ab dem zweiten Quartal noch zehn Befristete hinzukommen. Und 2014 kommen zusätzliche zehn befristete Mitarbeiter hinzu – ein Großauftrag von Tchibo liegt vor. In der etwa 1000 Quadratmeter großen Produktion in Weselberg entstehen schätzungsweise 20 bis 30 Tonnen Zuckerwerk im Jahr, für 2014 ist knapp eine Million Euro Umsatz geplant. Floß viele Jahre nur Erspartes ins Unternehmen, wird heute Gewinn reinvestiert. 2013 hat er gerade 100.000 Euro investiert in die Erweiterung seiner Produktion. Und das Unternehmen wächst weiter. Denn Peter Forsch entwickelt seine Produktpalette ständig fort. Neu sind jetzt zum Beispiel flüssige Dekore, die es in 14 Farben gibt. Die sollen für den Endverbraucher „narrensicher“ sein, meint Forsch: einfach in Mikrowelle stellen und fertig. Einen größeren Abnehmer hat er bereits in der Großbäckerei, die für die Süßwarenkette Hussel fertigt. Dazu bastelt Forsch an einer weiteren Idee, an einem Art „Bausatz“ für den Hobbybäcker mit weniger Zeit: In seiner Produktion soll bald Backwerk auf Lebkuchenbasis entstehen, das der Kunde selbst nach Herzenslust verzieren kann. Das könnte es dann auch passend zu Jahreszeiten geben, etwa als Christbaumschmuck. Seit 2013 verarbeitet er auch Schokoladeprodukte, wobei zur Ummantelung auch der Haltbarkeit wegen echtes Silber eingesetzt werden kann. Edel. Ja, sagt der Chef, „wir gehen nur im Premium-Bereich voran“. In den Discount, sagt er, würde er nie gehen. Wenn man ein besonderes Produkt habe, müsse man dieser Versuchung widerstehen. Apropos besonders: Neben süßen Dekoren gibt es jetzt auch Pikantes. Zum Beispiel goldenen Kümmel oder bronzefarbenen Pfeffer. Eine große Vielfalt zu bieten – das ist für Peter Forsch das Erfolgsrezept. Dann kommen die Kunden fast von alleine. Und sie sind neugierig auf mehr. Wie jener Scheich, der ihn mal in Weselberg besuchte – und im Quartier auf der Kneispermühle gehörig Aufsehen erregte.

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