Rheinpfalz Gemeinsam gestalten

Nein, er habe es noch keinen Moment bereut, sich 2014 als parteiloser Kandidat um das Amt des Verbandsbürgermeisters beworben zu haben, blickt Werner Kölsch zurück: „Ich wusste ja, was auf mich zukommt!“ Fast 63 Prozent der Wähler hatten ihn bei der Stichwahl im November zum neuen Verbandsbürgermeister gewählt. Am 1. April hat er das Büro gewechselt. Aus dem Zimmer des Abteilungsleiters „Bürgerdienste“ im Erdgeschoß war er einen Stock höher ins Dienstzimmer des Verwaltungschefs umgezogen. Über 100 Tage ist das her – Anlass zu einem Gespräch.

„Ich bin mittlerweile im Amt angekommen“, konstatiert der 60-Jährige. Dabei sei ihm der Austausch mit der Kollegin und den Kollegen aus den Nachbar-Verbandsgemeinden eine große Hilfe gewesen. Mit dem ersten Tag im neuen Büro habe eine intensive Phase der Eingewöhnung begonnen: „Sortieren, Prioritäten setzen, Aufarbeiten von bereits laufenden Projekten“ – das habe die erste Zeit bestimmt. Und: „Ich musste lernen zu delegieren“, gesteht er. In der Verwaltung seien aus „Kolleginnen und Kollegen Mitarbeiter geworden“, die „alle sehr motiviert“ ihre Aufgaben erfüllten, die ihm „sehr offen“ begegneten, mit ihm „auf Augenhöhe“ umgehen. „Viele Sach- und Fachgespräche“ habe er geführt. Von Vorteil sei, dass ihm die Verwaltungsgeschäfte geläufig seien: „Das schafft Freiräume.“ Im Umgang mit dem Rat setze er auf Transparenz: So lade er zeitig vor anstehenden Ratssitzungen zu Sitzungen ein, bei denen die Punkte der Tagesordnung der kommenden Ratssitzung mit allen Fraktionssprechern besprochen werden. Damit bleibe auch Zeit, dass die Fraktionen über Einzelheiten informiert werden: „Ich will, dass die Ratsmitglieder mit gleichem Informationsstand in die Sitzungen kommen können.“ Die Erfahrungen und die Rückmeldungen seien positiv. Kürzlich wurde im Ratssitzung auch ein Dauerterminkalender vorgestellt, der Termine bis ins Jahr 2016 auflistet und so eine vorausschauende Planung ermöglichen soll. Im Rat sieht sich Werner Kölsch – auch ausgehend von seinem Bekenntnis zur Unabhängigkeit – „eher als Moderator“: „Ich will über die Moderation zu bestmöglichen Lösungen finden“, beschreibt er sein Amtsverständnis: „Gestalten will ich gemeinsam mit den Fraktionen. Ich muss für alles Mehrheiten suchen“, sagt er. „Strittige Themen“ habe es bislang aber noch nicht gegeben. Er ist sich bewusst, dass manche im Amt des Verbandsbürgermeisters auch den „Macher“ suchen, den Ideengeber. Hier aber sieht er vor allem die Fraktionen gefordert: Es sei deren Aufgabe, Impulse zu setzen, seine sei es, nach der Entscheidungsfindung im Rat Beschlüsse umzusetzen. „Neue Projekte stehen im Moment nicht an“, blickt er auf sein Alltagsgeschäft. Ein „Leuchtturmprojekt“ sei das Interkommunale Gewerbegebiet Wilgartswiesen/Hauenstein: „Die Realisierung des Gewerbegebiets wird die Position der Verbandsgemeinde stärken, gerade auch im Hinblick auf die nächste Stufe der Kommunalreform“, ist er sich sicher. Er hat – anders als sein Vorgänger Ulrich Lauth – den Vorsitz im Kommunalen Zweckverband nicht übernommen, was in der VG auch kritisch kommentiert wurde. „Ich halte es für die bessere Lösung, wenn einer der beiden Bürgermeister der beteiligten Kommunen das Amt des Verbandsvorstehers wahrnimmt“, sagt er. Die Wahl finde in der nächsten Sitzung des Zweckverbandes statt. „Verfahren“ nennt er die Lage um die besiegelte, aber nie umgesetzte Kooperation mit der VG Dahner Felsenland im Tourist-Info-Zentrum Pfälzerwald. Die Kooperationsvereinbarung sei nun aufgelöst. „Jetzt müssen wir eine neue Basis finden, fraktionsübergreifend neue Strukturen aufbauen“, stellt er fest und nennt die VGs Dahner Felsenland, Rodalben, Pirmasens-Land, Annweiler und Bad Bergzabern sowie den Landkreis Südwestpfalz als mögliche Kooperationspartner. „Hier befinden wir uns in einer Findungsphase“, beschreibt er die Situation um das TIZ, das einfach nicht aus den Schlagzeilen kommt. Eine der Aufgaben des TIZ sei es auch, das Marketing für einen erweiterten MTB-Park Pfälzerwald zu unterstützen und Synergieeffekte zu nutzen. Einen weiteren Blick voraus widmet er dem Haushalt. Er wolle den Doppelhaushalt 2016/17 bereits Ende 2015 verabschieden lassen, „solide, sparsam und wirtschaftlich“ soll er werden, und „natürlich ausgeglichen, aber das hängt von den Steuerzahlen ab“. Ihm liege daran, Gebühren und Entgelte konstant zu halten, „trotz hoher Investitionen, trotz teuren gesetzlichen Vorgaben“. Und er wagt einen Ausblick auf die Kommunalreform: „Wir wissen, dass wir die gesetzten Marken nicht erreichen. Aber es liegt an uns, unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und unsere Infrastruktur zu stärken, dann haben wir eine Chance – siehe Maikammer.“ Das Interkommunale Gewerbegebiet sei dabei sicher ein Puzzlestück. Schließlich: „Wichtig“ sei ihm der Kontakt zu der Bevölkerung. Feste in den Gemeinden seien ihm willkommener Anlass, ins Gespräch zu kommen, Kontakte zu suchen, zuzuhören: „Da erfährt man viel, was sich lohnt, umgesetzt zu werden“, sagt er und will für die Bürger „stets ansprechbar sein und bleiben“. Ein Letztes noch: Vier Bürgermeistern diente das Büro im Obergeschoß des Rathauses als Dienstzimmer. Es blieb nüchtern, sachlich, veränderte sich kaum. Jetzt sitzt Werner Kölsch am Chef-Schreibtisch. Der ist der gleiche geblieben, die Dekoration aber macht mit vielen bunten Bildern auf seine Passion aufmerksam: Szenen mit Sportlern, impressionistische Zeichnungen, die viel Bewegung transportieren, verweisen auf Kölschs Faible für den Sport. Wie vor seiner Wahl kommt er mit dem Fahrrad in sein Büro. „Aber ich habe eine neue Kette montiert…“

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