Kultur Südpfalz Ettlingen: Lieder der Mignon bei der schubertiade.de

112 Jahre Liedgeschichte präsentierte die jüngste Ausgabe der Schubertiade, die in diesem Jahr Italien als Generalthema hat, im gut besuchten Asamsaal des Ettlinger Schlosses mit Vertonungen nach Goethes Mignon-Gedicht „Kennst Du das Land“. Der etwas langatmig-uneinheitliche Abend wurde von dem Pianisten Thomas Seyboldt und drei Sängerinnen sowie der bekannten Schauspielerin Barbara Stoll bestritten.

Viele der von dem gewohnt souveränen Pianisten und künstlerischen Leiter der Schubertiade Thomas Seyboldt ausgewählten, chronologisch vorgetragenen Vertonungen von Johann Wolfgang von Goethes Gedicht „Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühen“ aus dem Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ sind höchstens noch für den Musikhistoriker von Interesse sind.

Goethes Verse sind im „Wilhelm Meister“ Mignon zugeordnet. Bei der Schubertiade las die ausdrucksstarke Sprecherin Barbara Stoll nicht nur aus ihm Auszüge, sondern zu nach Goethes Tod entstandenen Liedern weitere Texte von Peter von Matt bis Richard Friedenthal, die um das Phänomen Mignon kreisen.

Von den frühen Mignon-Vertonungen ist die Schuberts die bekannteste, wobei in Ettlingen auch der Blick auf Beethovens selten zu hörende Lied op. 75,1 geworfen wurde, dessen akzentuierte Klavierbegleitung nicht ohne Einfluss auf Schubert geblieben sein dürfte.

Ansonsten erklangen Beispiele von Vaclav Tomasek oder Fanny Hensel bis hin zu Louis Spohr oder Spontini.

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wie bei Alban Berg, mit dessen Lied von 1906 sich der Bogen schloss, wird die Italiensehnsucht des Textes aus unterschiedlichen Blickwinkeln gestaltet. Schumanns tiefer Textdurchdringung steht Liszt gegenüber, dessen Klavierpart aus der Erfahrung des Virtuosen gespeist ist. Einen Höhepunkt der Auseinandersetzung mit dem Gedicht stellt Hugo Wolfs Version dar, aufhorchen lässt auch der Zugang des Niederländers Alphons Diepenbrock.

„Mignon“-Vertonungen blieben nicht auf den deutschsprachigen Raum beschränkt. Mit teilweise gewaltsamen Eingriffen in das Original setzten sich in ihrer Muttersprache der Franzose Henri Duparc oder die Russen Anton Rubinstein oder Tschaikowsky damit auseinander.

Der etwas uneinheitliche Eindruck der Schubertiade hatte seine Ursache nicht nur in der unterschiedlichen Qualität der Lieder, sondern auch in den interpretatorischen Möglichkeiten der Sängerinnen. Aufhorchen ließ die junge Mezzosopranistin Sylvia Rena Ziegler mit ihrer in allen Register gut ansprechenden Stimme, Klangfarbenvielfalt und variabler Dynamik, die zur Grundlage ihrer ansprechenden Interpretationen wurde. Sophie Sauter setzte sich mit gläserner Höhe besonders bei Duparc oder Tschaikowsky in Szene, mit etwas unruhig geführtem Sopran überzeugte Antonia Bourvé immer, wenn sie sich den emphatischen Momenten der Lieder widmen konnte. (gt)

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