Rheinpfalz Einst sogar de Gaulles Exil-Bett gebaut

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Alain Rita hält bis heute größte Stücke auf seine starke Truppe: „Obwohl sie gewusst haben, dass bald Schluss ist, hat keiner krank gefeiert, sind sie alle bis zuletzt gekommen.“ Zuletzt – das ist nun fast ein Vierteljahrhundert her. Im September 1992 hat die Holtzendorff-Kaserne ihre Pforten geschlossen. Bis heute ist der einstige Stützpunkt der französischen Armee vielen in Erinnerung. Besondere Erinnerungen pflegen einige Menschen, die in der Kaserne in Lohn und Brot standen. Sie treffen sich jährlich, um auf die gemeinsame Zeit zurückzublicken.

Sagenhaft, was sich da vor gut einem Vierteljahrhundert auf dem Areal im Osten des Stadtgebiets angesammelt hat: rund 100.000 Quadratmeter Fläche, bedeckt mit Möbeln, nichts als Möbeln und sonstigen Sachen, die es in der Wohnung braucht. Angekarrt aus mehreren Ecken Südwestdeutschlands, aufpoliert in den Werkstätten der Franzosen-Kaserne. „Wir haben das unmöglich alles in gute Hände geben können. Das meiste ist in Container geflogen“, blickt Jean-Paul Ruis zurück. Das habe richtig weh getan. Und ein ganz und gar einzigartiges Stück war auch darunter: die Bettstatt von keinem Geringeren als Charles de Gaulle. Jenes Bett war eigens für den französischen Staatspräsidenten gefertigt worden – und diente ihm als Ruhestätte während seines unfreiwilligen Exils in Donaueschingen. Dorthin hatte sich de Gaulle während der Unruhen in seinem Land 1968 geflüchtet. Als Studenten und in deren Zug immer mehr Bürger in Paris auf die Barrikaden gingen, hatte der Präsident der Republik den Rückzug geprobt. Das Bett – Sonderanfertigung, sehr breit, wie sich Ruis erinnert – kam nach Lautern zurück, als es seine Dienste erfüllt hatte. „Es ist weg. Leider. Wenn man das behalten hätte...“, sagt Ruis, in Erinnerung schwelgend. Während der ’68er-Revolte sei das Regiment in höchster Alarmbereitschaft gewesen. „Man stand kurz davor, nach Paris zu gehen, um militärisch einzugreifen“, erinnert sich Alain Rita daran, dass seine Landsleute in Uniform in der Holtzendorff-Kaserne bereits Gewehr bei Fuß gestanden hätten. Nun, so weit kam es nicht. Das „Royal Cologne“, so der Name des in Lautern stationierten fünften Panzerregiments, blieb in der Holtzendorff-Unterkunft. Und so kehrte dann auch in Kaiserslautern schnell wieder Ruhe ein. Rita selbst war am Ende Chef der Zivilbeschäftigten in der Kaserne, war im Gegensatz zu seinen Leuten französischer Staatsbeamter („ich bin als einziger in Francs bezahlt worden“). Er und seine Mannschaft – zumindest ein Teil von ihnen – haben bis heute den Kontakt nie verloren. Einmal im Jahr treffen sich die ehemaligen Arbeitskollegen, um die gemeinsame Zeit noch einmal Revue passieren zu lassen. „Es werden weniger“, sagt Ruis, der das jüngste Treffen auf dem Bremerhof mit organisiert hat. „Aber sie kommen alle gerne.“ Für einige war es damals, 1992, nicht gerade leicht: Alle verloren ihre Stelle, nicht jeder fand gleich wieder adäquate Beschäftigung. „Ich hatte Glück, ich konnte in Rente gehen“, sagt Walter Müller. Der damalige Betriebsratsvorsitzende war gleich in den 1950er Jahren gekommen, fand als Automechaniker Arbeit. „Damals war die Autobahn, die an der Kaserne vorbeiführt, gesperrt, stand voller Autos. Die haben wir ,demoliert’ und von Grund auf wieder hergerichtet“, erinnert sich Müller. Vehikel aus Militärbeständen wieder aufzupeppen, war eine der Hauptaufgaben, denen sich die Zivilbeschäftigten damals stellten. Zunächst waren es vor allem Fahrzeuge der US-Armee, die es aufzupolieren galt. Eine weitere Abteilung widmete sich Möbeln. Von der Lauterer Kaserne aus wurden die Einrichtungsgegenstände aller in Deutschland stationierter französischer Streitkräfte verwaltet, erneuert, geliefert. Kasernen und Privatwohnungen der Offiziere und Unteroffiziere in Deutschland statteten die Kaiserslauterer aus. Autoschlosser, zudem Maler, Polsterer, Schreiner – Handwerker fanden damals Arbeit in den Werkstätten der Kaserne, die 1937/38 für die Wehrmacht erbaut, am 20. März 1945 zunächst von den Amerikanern, am 13. Juli des Jahres von den Franzosen übernommen wurde. „Wir hatten einen guten Dienstherrn – die Franzosen waren gute Arbeitgeber“, sagen die früheren Zivilbeschäftigten heute. Auch Franzosen waren unter ihnen – und manch einer, wie Ruis und Rita, war schnell in Deutschland heimisch geworden und ist auch nach dem Ende der Kaserne hängen geblieben. (cha)

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