Rheinpfalz Ein Leben nach dem Ruhm

Mannheim

. Die Klänge des Klaviers sind hörbar, sobald man den Hinterhof betritt. Hier, in der Idylle der Schwetzingerstadt in Mannheim, betreibt Aki Kato ihr Tanzforum. Vor 23 Jahren kam die Japanerin nach Mannheim, um als Primaballerina am Nationaltheater zu tanzen. Heute bringt sie nun anderen das bei, was sie selbst so sehr liebt: Ballett. Aki Kato wollte schon Tänzerin werden, als sie noch klein war. Viele Mädchen träumen davon, einmal eine Primaballerina zu sein, bei Aki Kato lag es wohl in den Genen: „Mein Vater hatte eine Ballettschule in Tokio, meine Mutter war Tänzerin.“ Schon mit 15 hätte sie gern ihre Karriere gestartet, doch ihre Mutter habe darauf bestanden, dass sie einen Schulabschuss mache, so Kato weiter. Heute ist sie froh darüber. Mit 18 Jahren begann ihre Laufbahn als professionelle Tänzerin: „In Japan ist das eigentlich spät.“ Drei Jahre tanzte sie beim Matsuyama-Ballett in Tokio, dann zog es sie nach Europa – dorthin, wo das Ballett zu Hause ist, wie sie sagt. Aber Aki Kato hatte noch einen anderen Grund: „Ich war in Tokio immer die Tochter meiner Eltern. Ich wollte selbst jemand werden.“ 1988 verließ sie Japan und ging nach Bern in die Schweiz. Ganz allein war sie nicht, ihr Bruder lebte bereits dort. Nächste Station war das Grand Théâtre in Genf. Doch in der Alpenrepublik wurde es Aki Kato bald zu eng: „Ich war nicht wirklich glücklich“, erzählt sie. Schließlich bekam ein enger Freund ein Engagement am Mannheimer Nationaltheater, und Aki Kato entschloss sich 1991, ihm zu folgen. Ihre ersten Eindrücke von Mannheim waren schockierend: „Es kam mir alles so dreckig vor.“ Doch bald habe sie eine andere Seite der Stadt kennengelernt: „Mannheim ist eine sehr offene Stadt, ich fühlte mich zum ersten Mal richtig frei, ich konnte zum ersten Mal ich selbst sein.“ Heute fühlt sich die 47-Jährige als Mannheimerin. „Das ist mein Zuhause, ich möchte nicht woanders leben.“ Ein großes Stück zu dieser Verbundenheit beigetragen hat Aki Katos Arbeit am Nationaltheater mit Phillippe Talard, der sie als Solotänzerin einsetzte. Die zierliche Japanerin feierte Erfolge mit „Der Nussknacker“, „Der Schwanengesang“, „Romeo und Julia“, „Der Seiltänzer“ oder „Die schlafende Prinzessin“. Sie brachte auch eigene Choreografien auf die Bühne, zum Beispiel „Stepping inside out“. Doch die schwere körperliche Belastung als Ballerina forderte ihren Tribut. Das Jahr 2000 wurde zum Schicksalswahl. Lange hatte Kato die Signale ignoriert, doch dann wurden die Schmerzen in der Hüfte so stark, dass sie kaum noch laufen konnte. „Der Arzt hat gesagt, dass ich sofort eine Pause machen muss.“ Dann wurde ihre Mutter schwer krank. „Ich habe kurzentschlossen am Nationaltheater gekündigt und bin so oft nach Tokio geflogen wie möglich.“ Die Karriere als Ballerina war vorbei. Das änderte Aki Katos Leben radikal. Die Strukturen, nach denen ihr Primaballerina-Tagesablauf funktionierte, waren weg. Ebenso der Ruhm: „Stell’ dir vor, in einem Moment wirst du noch überschüttet mit Blumen, im nächsten Moment musst du sehen, wie du dich über Wasser hältst.“ Doch Mannheim ließ die Tänzerin nicht im Stich: „Ich bekam die Chance, ein Ballettstudio zu eröffnen“, sagt sie. Schnell sei ihr klar geworden, dass sie am Theater in einer Blase gelebt habe: „Jetzt kam das wahre Leben.“ Und das bedeutete als Existenzgründerin jede Menge Papierkram. 2008 ergriff Aki Kato dann die Gelegenheit und zog mit ihrem Tanzforum aus den Quadraten in die Schwetzingerstadt. „Mannheim hat mir so viele Möglichkeiten geboten“, betont die Mutter einer zehnjährigen Tochter. Deshalb habe sie gleich zugesagt, als die Anfrage kam, ob sie beim Image-Film der Stadt mitmachen wolle. Eine ihrer Schülerinnen hatte den Kontakt vermittelt. In dem Film ist Aki Kato in ihrem Tanzforum zu sehen und gibt ein kurzes Interview. Mittlerweile leitet Aki Kato Tanz- und Choreografie-Workshops. Ihr Körper hat sich erholt, so dass sie selbst wieder bei Projekten mitwirkt. Der nächste große Auftritt ihrer Gruppe ist am 30. November im Palatinum in Mutterstadt: „Der Nussknacker“ – in einer Choreographie von Aki Kato.

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