Rheinpfalz Dudenhofens Sohn bricht Lanze für Löw

Reist nicht nur der Nationalmannschaft, sondern auch Schalke 04 hinterher: Hier ist Michael Malmer bei einem Testspiel in Katar.
Reist nicht nur der Nationalmannschaft, sondern auch Schalke 04 hinterher: Hier ist Michael Malmer bei einem Testspiel in Katar.

Kaum ein Spiel der Nationalmannschaft, bei dem die Fahne des Dudenhofeners, der inzwischen in Böbingen wohnt, nicht irgendwo auszumachen ist. Und natürlich war Michael Malmer auch in Russland dabei. Obwohl das für den 37-Jährigen gar nicht mehr so selbstverständlich ist. Denn die zunehmende Kommerzialisierung des Fußballs hat die Leidenschaft für die Nationalmannschaft und Schalke 04 – die zweite große Fußball-Liebe Malmers – ein wenig abkühlen lassen. „Das ist nur noch eine Geldmaschine“, sagt er. „Mit dem romantischen Fußball von früher hat das nichts mehr zu tun.“ Die WM-Vergabe an Russland sieht Malmer, der früher in Dudenhofen Fußball gespielt hat und heute Co-Trainer beim FSV Schifferstadt ist, auch aufgrund der politischen Situation dort kritisch. Dennoch entschied er sich, die Reise mit einem Kumpel anzutreten. Die ersten beiden Spiele der Deutschen – das 0:1 gegen Mexiko und das 2:1 gegen Schweden – hat er live vor Ort gesehen. Seine Beurteilung der Leistung der deutschen Mannschaft fällt relativ milde aus: „Wenn man nicht gut ins Turnier startet, so wie es gegen Mexiko passiert ist, wenn die Spieler ihre Form nicht finden und die Führungsspieler nicht funktionieren, dann wird es eben schwierig“, findet Malmer. Vor vier Jahren beim WM-Sieg in Brasilien – auch dort war der Pfälzer dabei – habe eben alles gestimmt. „Auch diesmal hat Löw eigentlich die richtige Mischung an Spielern gehabt“, glaubt er. Möglicherweise sei nach 2014 ein gewisser Abnutzungseffekt eingetreten. Dass die Diskussion um das Foto von Nationalspieler Mesut Özil mit dem türkischen Präsidenten Erdogan eine wesentliche Ursache für den schlechten Auftritt der Deutschen in Russland war, glaubt Malmer nicht: „Özil hat zwar auch eine katastrophale WM gespielt. Aber das war nie im Leben der Hauptgrund.“ Trotz allem ist Malmer dafür, Löw als Nationaltrainer weiterhin das Vertrauen zu schenken. „Er ist ein verdienter Trainer, mit dem die Mannschaft bis zu diesem Jahr immer unter den Top vier gelandet ist. Es wurde ja fast schon langweilig“. Auch in Russland sei die Leistung nicht durchweg schlecht gewesen. „Nur das dritte Spiel gegen Südkorea war eine Blamage. Und deshalb ist die Mannschaft auch verdient ausgeschieden“, sagt Malmer. Trotzdem ist er überzeugt, die Nationalelf werde die Qualifikation zur Europameisterschaft 2020 schaffen wird: „Die einzigen Spiele, die eng werden könnten, sind gegen Holland.“ Schon seit Langem sind die Spiele der Nationalmannschaft für Malmer ein willkommener Anlass, fremde Länder zu bereisen. Das Spielergebnis sei da Nebensache. „Ich wollte den Fußball immer mit Reisen verbinden“, sagt er. In Russland hat er sich die Städte Wolgograd (das frühere Stalingrad), Sotschi und Moskau angeschaut. Seit 20 Jahren reist der Böbinger der Nationalmannschaft hinterher. Malmer schätzt, dass er in dieser Zeit 90 Prozent der Länderspiele live gesehen hat. Mitgezählt hat er nicht, aber auf eine dreistellige Anzahl an Stadionbesuchen alleine bei der Nationalelf komme er locker. Mittlerweile haben sich die Prioritäten in Malmers Leben verschoben. Seit gut drei Monaten ist der 37-Jährige, der im Holiday-Park in Haßloch im Vertrieb arbeitet, Vater einer Tochter. Da muss König Fußball schon mal hintenanstehen. Seit der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland habe sich das Klientel bei den Spielen der Nationalelf geändert, sagt Malmer. „Es geht mehr in Richtung Event-Fans, auch wenn ich es eigentlich nicht so nennen will.“ Treue Vereinsfans, die auch die Nationalelf verfolgten, gebe es kaum noch. „Wir sind der klägliche Rest“, meint er mit Blick auf sich und ein paar Mitstreiter. „Ein eingeschworener Haufen“ seien die Fans mit ihren Zaunfahnen. „Halle/S.“ und „Weiler i.d.B.“ sind wie „Dudenhofens Sohn“ Banner, die der Zuschauer bei Spielen immer wieder entdecken kann. „Das sind gute Kumpels von mir“, sagt Malmer. Sein erstes Turnier war die Europameisterschaft 2000 in Belgien und den Niederlanden. Weil er schon lange dabei ist, darf der Böbinger mit einem Freund im Fanblock mitentscheiden, welche Fahne wo hängen darf. Zunehmend genervt ist Malmer davon, dass das Aufhängen von Fahnen immer mehr reglementiert wird. „In Russland musste man sich schon Monate vorher anmelden, wenn man eine Fahne aufhängen wollte. Man musste sie fotografieren, den Text übersetzen und ein Formular ausfüllen“, erzählt er. Für die Worte „Dudenhofens Sohn“ hat sich Malmer vor 20 Jahren von den „Söhnen Mannheims“ inspirieren lassen. Und weil er eben auch glühender Schalke-Fan ist, wurde die Fahne blau-weiß. Ist nicht genug Platz für den kompletten Schriftzug, dann schneidet Malmer auch schon mal den hinteren Teil ab, sodass nur noch „Dudenhofen“ übrig bleibt. „Unsere Nachbarin näht die Fahne dann wieder zusammen.“ Zum EM-Qualifikationsspiel in Estland im Juni will Malmer wieder fahren. „Dort war ich noch nie“, sagt er. Das Spiel der Nationalelf in den Niederlanden findet dagegen wahrscheinlich ohne ihn statt.

Nutzt seine Fußball-Reisen zum Sightseeing: Michael Malmer hat sich bei seiner Russland-Reise im Sommer auch Moskau angeschaut.
Nutzt seine Fußball-Reisen zum Sightseeing: Michael Malmer hat sich bei seiner Russland-Reise im Sommer auch Moskau angeschaut.
Auch beim WM-Sieg der Deutschen vor vier Jahren in Brasilien dabei: Michael Malmer und seine Dudenhofen-Fahne.
Auch beim WM-Sieg der Deutschen vor vier Jahren in Brasilien dabei: Michael Malmer und seine Dudenhofen-Fahne.
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