Karlsruhe Drei Stunden und sieben Zugaben: BAP in der Schwarzwaldhalle

Immer lässig und ein bisschen nuschelig: Frontmann Wolfgang Niedecken.
Immer lässig und ein bisschen nuschelig: Frontmann Wolfgang Niedecken.

Die Kölschrocker BAP bewiesen am Freitag vor ausverkauftem Haus aufs Neue: Sie sind eine exzellente Live-Band. Die Tour „Schließlich unendlich“ feiert den Geburtstag ihres 71-jährigen Frontmanns Wolfgang Niedecken nach.

Den Herrenhut mit breiter Krempe auf dem Kopf, die Hemdsärmel hochgekrempelt und die Gitarre um den Hals. Wolfgang Niedecken singt in buntes Scheinwerferlicht getaucht, energisch in der Stimme, die Mundartart Kölsch wie immer lässig und ein bisschen nuschelig. Gesanglich kommt alles passgenau rüber. Mit Blicken und Gesten ist er ganz oft bei den Fans.

Viele von ihnen haben schon so manches Konzert der 1976 gegründeten Band miterlebt. Sie tragen BAP-T-Shirts, kennen die Songs, singen mit, lautstark vor allem bei eingängigen Refrains, was Niedecken mit einem zufriedenen, warmherzigen Blick erwidert. Fast alle sind, obwohl die Schwarzwaldhalle bestuhlt ist, aufgestanden. Sie wippen und klatschen im Stehen zur Musik. Später am Schluss bei den insgesamt sieben Zugaben wird dann vorne auch getanzt. BAP hat sie alle gerockt.

Sie füllen die breite Bühne

Eigentlich hätte das Konzert längst stattgefunden haben sollen, denn BAP wäre gerne zum 70. Geburtstag Niedeckens auf Tour gegangen. Doch Corona verhinderte die Auftritte. Umso dankbarer geht die Band jetzt ihre Konzerte an und quittiert das Ganze mit ihrem neuen Song „Jenau jesaat: Op Odyssee“, ein poetischer Rückblick in die Bandgeschichte, die sich bei allem Erfolg auch wie eine lange Irrfahrt auffassen lässt. Dass BAP ab den 1980ern mit deutschen Mundarttexten derart groß rauskam – auch international –, erscheint Niedecken selbst bis heute wie „Wahnsinn“. Aber „och wenn uns Sprooch ei’ntlich kaum einer versteht“, es funktioniert, singt er.

Auf der breiten Bühne steht Niedecken genau in der symmetrischen Mitte. Links Gitarrist Ulrich Rode, rechts Bassist Werner Kopal. Auf Podest erhöht hinten musiziert links außen Michael Nass an einer schönen hölzernen Hammond-Orgel und mehreren Keyboards. Neben ihm Anne de Wolff, die mit Cello, Geige und Percussions viel zur effektvollen und lyrischen Klangfarbe der Band beisteuert. Hinten mittig schließlich das Drumset und hinten rechts die drei Blechbläser mit Axel Müller am Saxofon, Christoph Moschberger an der Trompete und Johannes Goltz an der Posaune. Sie veredeln mit kraftvoll-dynamischem Spiel den Gesamtsound. Kurzum: BAP ist auf der ausgedehnten Bühne gut postiert aufgestellt.

Niedecken nimmt sich in den richtigen Momenten zurück

In der Mitte aber ist Niedecken. Er ist das Herz, das für BAP schlägt. Egal ob in zuversichtlichen Liedern wie „Volle Kraft voraus“ oder auch in schweren, düsteren Titeln wie dem neuen „Ruhe vor dem Sturm“ leben die BAP-Songs immer vom erzählenden Sänger, der in den Strophen mal schlaue, mal ergreifende Einsichten in sein und unser aller Leben gibt. Das entspricht ganz dem Folkrock Bob Dylans, den Niedecken künstlerisch sehr verehrt.

Doch BAP ist mehr als der erzählende Sänger, wie auch das Karlsruher Konzert wieder einmal musikalisch ergreifend beweist. Niedecken nimmt sich in den richtigen Momenten wie unbemerkt zurück. Dann beherrscht das Bandplaying den Vordergrund. Im hellweißen Flutlicht liefert Sönke Reich ein Schlagzeugsolo, wechselt von donnernden Toms zu einem superschnellen Drumming, während die E-Gitarre etwas leisere, stützende Akkorde gibt, bis sie selbst ins Solo übergeht und mit schnellen Läufen in den höchsten Tönen sich und die Rockmusik feiert. Ein Live-Act vom Feinsten!

BAP zeigt Haltung

Zudem zeigt BAP wie eh und je Haltung. Viele Lieder sind in ihrer Aussage noch immer aktuell, etwa „Arsch huh, Zäng ussenander“, ein kölsches Bekenntnis, entschlossen gegen rechtsextremen Hass zu handeln. Publikum und Band sind hier unmissverständlich auf einer Wellenlänge. Als Niedecken zwischen den Songs seine Achtung vor den russischen Männern ausspricht, die nach Putins Mobilmachung Russland verlassen haben, wird applaudiert. Unter das Tour-Motto „Schließlich unendlich“ passt eben nicht nur gute Musik sondern auch gesunder Pazifismus.

BAP ist authentisch, spielt den großen Hit „Verdamp lang her“ erst gegen Schluss als eine der vielen Zugaben. Nach drei Stunden ohne Pause erreicht das Konzert dann seine Zielgerade. Und bei allen Ungewissheiten, die die Zeit gerade so mit sich bringt, gilt eines als abgemacht: BAP kommt wieder. „Bis nächstes Mal“, ruft Niedecken den Fans zu.

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