Rheinpfalz Die besondere Frisur muss sein

Ein ganzes Rudel Hunde versammelt sich um Familie Dietrich. Sechs Pudel und ein englischer Cockerspaniel. Drei der eleganten Großpudeldamen aus Altenkirchen fahren regelmäßig zu Wettkämpfen. Nach ihrem Sieg bei den Europameisterschaften des Verbands des deutschen Hundewesens, kurz VDH, kann sich jetzt eine von ihnen, Aszhara, bei der weltweit größten Ausstellung in England zeigen.

Bei den Dietrichs in Altenkirchen müssen sich die Vierbeiner zuerst an den Besuch von der RHEINPFALZ gewöhnen. Doch die Hundedamen werden schnell ruhig, suchen noch etwas Aufmerksamkeit, dann legen sie sich schließlich auf die vertrauten Plätze in der geräumigen Wohnung. „Joy“, selbst Rassepudel und Mutter der Europameisterin, sitzt nicht weit entfernt, denn „sie passt auf und hat das Sagen unter den Hunden“, erklären Harry und Gabi Dietrich und ihre Tochter Nadine übereinstimmend. Gemeinsam – Nadines Schwester Jennifer gehört auch mit dazu – beschlossen sie vor etwa drei Jahren, mit Pudeldame „Joy“ eine Zucht zu beginnen. Die Partnerwahl fiel auf einen norwegischen Rüden aus Berlin. Die Abstammung entsprach den Wünschen der Familie, beispielsweise zeigt das Stammbuch keinerlei weißhaarige Vorfahren. Um zu sehen, ob auch der Charakter des Rüden passt, Joy ihn buchstäblich riechen kann, hat sich Familie Dietrich ihn bei einem Berlin-Ausflug angeschaut. Drei Jahre sind seit dem Treffen der beiden Rassepudel vergangen, und deren Tochter Aszhara feiert heute mit ihren tiefschwarzen Haaren Erfolge bei etlichen Wettkämpfen. Vor wenigen Wochen wurde die Pudeldame Europameisterin, sie ist deutscher Champion des VDH und war auch schon im europäischen Raum erfolgreich. Beispielsweise auf Ausstellungen in Frankreich oder Luxemburg. In die Schweiz fahren Dietrichs mit Aszhara im Juni. Die Beste der Rasse in Europa: Dieser Titel ist für Aszhara ein Ticket zur weltgrößten Hundeausstellung, der „Crufts“ im März nächsten Jahres in Birmingham. Trotz des hohen Aufwandes haben sich Gabi und Nadine Dietrich vorgenommen, diese ganz besondere Ausstellung zu besuchen. Die Standards, nach welchen die Hunde bei den Ausstellungen bewertet würden, seien eine Wissenschaft für sich, erklärt Harry Dietrich. Die sogenannten Gebäudeproportionen, sprich Körperbau, Gebiss, die Augen, die Winkel der Beine, genaue Vorgaben zur Kopfform und vieles mehr fließen in die Bewertung mit ein. Auf die Schur müsse insbesondere geachtet werden, erklärt Nadine. Sie ist für die Frisur der Pudel verantwortlich. Die Kenntnisse dafür hat sie in einem speziellen Kurs und durch sehr viel Übung erworben. Mit einer individuell auf die Pudel abgestimmten Frisur könne man Stärken hervorheben und Mängel kaschieren, erklärt sie weiter. Ist Harry Dietrich mit den sechs Pudeln auf den Feldern um Altenkirchen unterwegs, reagieren Spaziergänger oft mit Unverständnis. Sätze wie „Die armen Hunde“ habe er schon gehört, erklärt Harry Dietrich. Doch die besondere Frisur der Großpudel hat ihren Grund. Ursprünglich seien die Großpudel zur Wasserjagd gebraucht worden, erklärt Harry Dietrich – „puddeln“ bedeutet so viel wie „im Wasser planschen“. Pudel mit ihrer Freude am Apportieren hätten damals beispielsweise geschossene Enten aus dem Wasser holen müssen, erklärt Dietrich. Die Frisur, welche die Pudel Dietrichs tragen, der sogenannte Continental Clip, soll die Tiere schützen. Denn mit voller Haarpracht seien die Hunde im Wasser zu schwer und würden leicht ertrinken. Und wenn man sie vollständig schere, erkrankten sie an den Nieren. Die Frikadellen, wie man die Haare an der Hüfte nennt, würden somit dem Schutz der Nieren dienen, schließt Harry Dietrich seine Erklärungen. Aszhara sei ein Glücksfall, erläutert die Züchterfamilie. Denn gleich mit der ersten Zucht eine dem Standard so nahe kommende Hündin zu bekommen, sei sehr unwahrscheinlich. Und nicht nur Aszhara kann Ausstellungen gewinnen. Auch ihre Schwester Anjuli war schon Jugendchampion und die einzige weiße Pudeldame im Haus, Don Gaucho a Miel, hat schon Titel abgesahnt. Einen weißen Wurf hätte Nadine Dietrich auch noch gerne, aber fürs Erste reichen ihr die sechs Pudeldamen. Denn man wisse nie, ob man den ganzen Wurf auch weitergeben könne, erklärt sie. Die jungen Pudel einfach in den Flieger setzen und nach Griechenland fliegen lassen zu einem unbekannten Herrchen, erklärt Harry Dietrich, das komme nicht in Frage. Dann behalte man die familienfreundlichen Tiere lieber, stimmen Nadine und Gabi zu. (rma)

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