Rheinpfalz Blutiges Las Vegas erlebt

Fröhlich in Las Vegas auf dem Strip: Melanie und Michael Friess, Axel und Bianca Häfner sowie Anneliese Friess (von links).
Fröhlich in Las Vegas auf dem Strip: Melanie und Michael Friess, Axel und Bianca Häfner sowie Anneliese Friess (von links).

«Kaiserslautern.» Axel Häfner und Michael Friess waren schon öfter in Las Vegas. Wenn man Spaß haben will, ist es dort toll, sagt Häfner, der zusammen mit seiner Frau dorthin gereist war. Michael Friess, einer der Hauptkünstler in der Pirmasenser Pop-Art-Gallery von Ralph Barlog, war in Begleitung seiner Frau und seiner Mutter. Alle fünf sahen sich an dem Abend im „New York, New York“ eine Show des „Cirque du Soleil“ an. 500 Meter weiter auf dem Open-Air-Gelände gegenüber vom „Mandalay Bay“-Hotel lief die Country-Show mit etwa 30.000 Zuschauern. Friess und Häfner wollten am Sonntagabend (Ortszeit) das „New-York“-Casino gerade verlassen, als sie an den Ausgängen Tumulte sahen. Sie wollten raus; die Country-Fans auf der Flucht vor dem Attentäter wollten rein. Niemand wusste, dass der 64-jährige Schütze Stephen Paddock zu diesem Zeitpunkt bereits tot war, zumal alle noch von drei Attentätern ausgingen. Das war gegen 22.30 Uhr. Da hatte Paddock bereits sein Blutbad angerichtet, 59 Menschen waren tot. „Tausende rannten weg, wollten in die Casinos“, flohen vom Festivalgelände, schildert Häfner, der in Kaiserslautern als Regionalleiter bei der Postbank arbeitet. Sie schrien: „shooter, shooter, shooter“, ein Schütze sei unterwegs. „Wir blieben in Schockstarre auf der Treppe stehen“, Rollstuhlfahrer und andere Showbesucher, die raus aus dem Casino wollten, wurden überrannt. „Einer rannte über den anderen“, sagt Häfner, dessen Weg sich in dem Tumult von dem der Familie Friess trennte. Häfners suchten ihr Heil im Rennen gegen den Strom und versuchten, sich auf dem Dach im 31. Stock in der Achterbahn zu verbergen. Auf Twitter kursierten die unterschiedlichsten Nachrichten, darunter auch die, dass es sich um drei Schützen handele. Auf dem Dach standen die Häfners mit einem jungen Mann, der gerade ins Hotel einchecken wollte, als die Panik begann. Von hier oben konnten sie das hell erleuchtete Festivalgelände sehen und die Polizei, „die unheimlich schnell da war“. Mit dem anderen Gast fuhren sie gemeinsam in dessen Zimmer im 17. Stock, überlegten noch kurz, die Fahrstühle mit dem riesigen Getränkeautomaten auf dem Flur zu verbarrikadieren. Bis 1 Uhr wussten sie nicht, dass es „nur“ ein Attentäter war und der inzwischen tot war. Erst gegen 4.30 Uhr kamen die Häfners in ihr Hotel zurück, wo sie den nächsten Tag verbrachten, bevor sie wieder nach Deutschland flogen. Michael Friess, der als Künstler beruflich in Las Vegas Kontakte zu Galerien herstellt, geriet mit Frau und Mutter ebenfalls mitten hinein in die panikartigen Tumulte im Casino des „New York, New York“, hörte die „Shooter“-Schreie und wollte durch eine Seitentür übers Treppenhaus ins Freie. Auf dem „Strip“, dem Las Vegas Boulevard, sahen sie die Leute flüchten und Hubschrauber kreisen. An allen Hotels, in denen sie Schutz suchen wollten, „waren die Türen geschlossen“. Der Plan, ins eigene Hotel, ins „MGM“, zu gelangen, scheiterte. Die dreiköpfige Familie landete schließlich im „Planet Hollywood“-Hotel, wo sie sich im zweiten Stock in einem großen Konferenzraum verbarrikadierte. Gegen halb 6 am Morgen konnten die Friessens den Konferenzraum verlassen, von wo sie nach durchwachter Nacht mit dem Taxi in ihr Hotel zurückkehrten. „Ich werde deshalb nicht paranoid“, stellt Friess fest und ergänzt pragmatisch: „Wenn in Kaiserslautern ein Amokläufer in der Mall unterwegs ist, kann es mich auch treffen. Oder wenn mich ein Busfahrer am Rathaus umfährt. Da kann man sich auch nicht schützen.“ Am Tag vor dem Massaker sei er auf dem Festival-Gelände gewesen, da hätte es ihn theoretisch schon treffen können. Nächste Woche fliegt er wieder in die USA. Häfners stechen sowieso lieber in See, gehen gerne auf Kreuzfahrten. Diese Art des Reisens steht nach dem Las-Vegas-Horror erst einmal auf ihrer Prioritätenliste oben. „Las Vegas ist okay, wenn man Spaß haben will. Aber erholsam ist es nicht.“

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