Landau Aktion Landau liest ein Buch: Hettches „Herzfaden“

Thomas Hettche hat der Augsburger Puppenkiste ein Denkmal gesetzt.
Thomas Hettche hat der Augsburger Puppenkiste ein Denkmal gesetzt.

Entstanden zum Teil im Künstlerhaus Edenkoben, hat er den Sprung in die Bestsellerlisten geschafft: Thomas Hettches Roman „Herzfaden“. Jetzt soll das Buch Stadtgespräch werden.

Eine Initiative des noch jungen Landauer Kulturbeirats stellt Hettches Roman in den Mittelpunkt der Aktion „Eine Stadt liest ein Buch“. Startschuss ist im Januar, und bei einem Lesefest im Juni soll sogar der Autor auf Einladung der Uni Landau in die Südpfalz kommen. Es sind auch ein Schreibwettbewerb und ein Schreibworkshop geplant.

Kulturschaffende, Vereine, Schulen und auch Einzelne können das Literaturprojekt mit Ideen und Beiträgen mitgestalten, sagt Ursula Jäger-Dietrich von der Planungsgruppe. Zur ihr gehören außerdem die Autorin Katrin Sommer, Miriam Jöst (Stadtbibliothek), Anja Ohmer (Uni Landau), Markus Knecht (Bücher Knecht) und Künstler Martin Lorenz. Interessenten sind zu einer Kick-Off-Veranstaltung am 26. Januar, 19 Uhr, in die neuen Räumen von Bücher Knecht in Landau, Theaterstraße 11, geladen.

Ein mysteriöser Dachboden

Es ist ein märchenhafter über die Geschichte der Augsburger Puppenkiste und ihre Gründer. Autor Thomas Hettche verbindet in seinem „Herzfaden“ zwei Erzählebenen miteinander, die ungewöhnlicherweise in verschiedenen Farben gedruckt sind. So erfährt der Leser die Geschichte der Augsburger Puppenkiste vom Zweiten Weltkrieg bis zu den Produktionen des noch jungen deutschen Fernsehens in den 60er-Jahren. Und sie präsentiert diese Geschichte in einer weiteren Handlungsebene der heutigen iPhone-Generation: Dazu führt Hettche ein Mädchen im Stil von „Alice im Wunderland“ oder „Peter Pan“ durch eine versteckte Tür in ein Traumland lebendig gewordener Marionetten auf einem mysteriösen Dachboden.

Hier hört das Mädchen die Geschichte, wie der Schauspieler Walter Oehmichen aus dem Krieg selbstgeschnitzte Marionetten mit nach Hause bringt und mit seiner Tochter Hatü die berühmte Puppenkiste aufbaut. Über der ganzen Erzählung schwebt ein Zitat aus dem „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“

Mit Jim Knopf und Urmel aufgewachsen

Der Leser erfährt, dass das Figurentheater mit einer Bühnenfassung dieser Geschichte erste Experimente weg von den alten Märchen zu neuen Erzählungen wagte und in einer Innovation einen leibhaftigen Sprecher zusammen mit den Marionetten auftreten ließ. Aber Hettche scheint den Charme des „Kleinen Prinzen“ auch für sein Buch nutzen zu wollen. Schon der Titel „Herzfaden“ meint die besondere Beziehung des Zuschauers zu den Marionetten, die im Herzen so vieler lebendig sind. Gerade seine eigene Generation, die der Babyboomer, ist mit den wunderbaren Geschichten von Jim Knopf und dem Urmel aufgewachsen und hängt ihnen heute noch nostalgisch nach.

Doch Hettches eigene Geschichte schafft diesen Zauber leider nicht, sondern verlässt sich im Stil deutscher Fernseh-Dokudramen etwas hölzern und ohne psychologische Tiefe auf Versatzstücke der Geschichte: Kriegerlebnisse und Judenverfolgung, einen Besuch beim Autor Michael Ende und einen Auftritt unter den heißen Lampen eines Fernsehstudios. So fühlte sich schon mancher Fan der Augsburger Puppenkiste nach der Lektüre enttäuscht, wie das Leserfeedback im Internet zeigt.

Reichlich Diskussionsstoff

Doch viele Kritiker waren auch anderer Meinung. Das Buch schaffte es nicht nur in die Bestsellerlisten, sondern auch auf die Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2020. „Herzfaden“ bietet also reichlich Diskussionsstoff. Wer sich selbst ein Bild macht, kann im Sommer mitreden. In der Stadt liegen bereits Flyer für die Aktion aus.

Im Netz

www.landauliesteinbuch.de

Lesezeichen

Thomas Hettche „Herzfaden – Roman der Augsburger Puppenkiste“, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020; 288 Seiten; gebunden 24 Euro, Taschenbuch 12 Euro.

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