Handball Wenn Bundestrainer Alfred Gislason anruft ...

Johannes Bitter nach einer Parade im EM-Spiel gegen Polen.
Johannes Bitter nach einer Parade im EM-Spiel gegen Polen.

Torhüter Johannes Bitter hat schon mehrmals seine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft beendet. Nun ist er wieder da – bei der Europamesterschaft. Über einen, der ein ausgeprägtes Pflichtgefühl hat.

Im EM-Spiel gegen Spanien am Donnerstag konnte er seiner Mannschaft nicht weiterhelfen, auch Johannes Bitter war machtlos. Die 23:30-Niederlage vermochte er nicht abzuwenden.

Aber schön, dass er da ist. Nach den Corona-Fällen bei Andreas Wolff und Till Klimpke zögerte der Oldtimer nicht, nach Bratislava zu kommen. Aber so etwas hat der 39 Jahre alte Torwart-Oldie in seiner langen Karriere noch nie erlebt. „Es ist ziemlich das Verrückteste, was man als Handballer machen kann, aus dem Urlaub in den Flieger zu steigen und 60 Minuten bei der Europameisterschaft zu spielen“, sagte Bitter nach dem 30:23 der deutschen Auswahl im EM-Gruppenfinale gegen Polen.

DerAnruf kam beim Abendbrot

Nach den Olympischen Spielen im vergangenen Sommer in Tokio beendete Bitter seine Karriere in der Nationalmannschaft eigentlich (mal wieder). Nur noch im äußersten Notfall wollte er aushelfen. Dass dieser tatsächlich eintreten würde, hatte der Weltmeister von 2007 wohl selbst nicht erwartet.

Am Montagabend war es soweit. „Ich habe mit meiner Familie am Abendbrottisch gesessen und danach gesehen, dass ich einen verpassten Anruf vom Bundestrainer hatte. Da musste ich erst einmal durchatmen“, berichtete Bitter. „Aber es war klar, dass ich in dieser Notsituation nicht Nein sagen konnte.“ Und das, obwohl Bitter gerade wieder Vater geworden ist. Vor wenigen Tagen brachte Lebensgefährtin Anna Loerper, die selbst 246 Länderspiele für die DHB-Frauen absolvierte, das erste gemeinsame Kind zur Welt.

Um 4.30 Uhr am Dienstagmorgen klingelte der Wecker, nach der Ankunft in Bratislava ging es zum Corona-Test und danach direkt ins Hotelzimmer. „Ich habe die anderen Jungs erst um 15 Uhr gesehen, als ich in den Mannschaftsbus gestiegen bin“, erzählte der Keeper vom Bundesliga-Aufsteiger HSV Hamburg.

Trotz kurzer Nacht hellwach

Trotz der kurzen Nacht war Bitter auf dem Parkett hellwach. Musste er auch sein. Denn die ebenfalls als Ersatz angefragten Joel Birlehm und Silvio Heinevetter standen aus privaten beziehungsweise gesundheitlichen Gründen nicht zur Verfügung. Bitter war also plötzlich der einzige Torhüter im geschrumpften Kader. „Es ist sicher noch nicht oft passiert, dass die ersten vier Torhüter ausfallen und dann der fünfte kommt und spielt“, sagte der Routinier.

„Es ist eine verrückte Situation.“ Erst am Mittwoch flog aus Deutschland Unterstützung ein – da stieß Daniel Rebmann als zweiter Torwart zum Team. Von seiner Mannschaft war er zunächst angetan. „Ich habe eine Mannschaft gesehen, die einen geilen Spirit in der Abwehr hatte, die super gearbeitet und sich gut unterstützt hat“, lobte er seine Vorderleute. „Ich glaube, der Druck ist jetzt für die Mannschaft komplett weg, nach dem, was alles passiert ist.“

Schon einmal kehrte Bitter zurück, das war vor der Europameisterschaft 2020 in Norwegen, Österreich und Schweden. Er kann es selbst kaum glauben. Johannes Bitter kehrt damals nach knapp sechs Jahren ins DHB-Team zurück. Der Weltmeister-Torhüter von 2007 wurde von Bundestrainer Christian Prokop in den EM-Kader berufen. „Sprachlos“ und „stolz“ zugleich hat Bitter diese Nachricht aufgenommen.

Schon einmal Comeback gefeiert

Bundestrainer Christian Prokop berief den Keeper damals in seinen 17 Spieler umfassenden EM-Kader, mit dem er ab 2. Januar die Vorbereitung auf das Turnier in Norwegen, Österreich und Schweden aufnahm. „Ich bin natürlich sehr froh und sehr stolz, jetzt wieder in diesem elitären Kreis unterwegs zu sein“, sagte Bitter damals über sein Comeback.

Der Routinier blickt auf eine lange, erfolgreiche Karriere. Im vergangenen Sommer wechselte er vom TVB Stuttgart zurück zum HSV Hamburg, dem Verein seines Herzens. Mit dem Aufsteiger sorgte er in der Bundesliga bislang für Furore. Langweilig wird es Johannes Bitter nicht.

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