Fussball Schalke-Fans contra Tönnies

Die Schalker Fans in Drochtersen: Rote Karte für Tönnies. Foto: dpa
Die Schalker Fans in Drochtersen: Rote Karte für Tönnies.

Das Thema Tönnies ist auf Schalke noch nicht erledigt. Mitgereiste Fans zeigen dem Clubchef beim Pokalsieg in Drochtersen symbolträchtig die Rote Karte. Sportvorstand Jochen Schneider warnt vor einer „Hetzjagd“. Bei der Saisoneröffnung bleibt es ruhig.

Auf den Rote-Karte-Fanprotest gegen Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies folgte ein friedliches Familienfest. Beim Schalke-Tag am Sonntag nahm sich der von der Aufregung um die als rassistisch kritisierten Aussagen des mächtigen Clubchefs geschüttelte Fußball-Bundesligist eine Auszeit von den Debatten. Noch am Vortag beim 5:0-Sieg im DFB-Pokal beim Regionalligisten SV Drochtersen/Assel hatten die 1500 mitgereisten Anhänger ein bemerkenswertes Signal gesetzt, als sie rote Plakate mit der Aufschrift „Clemens Tönnies“ in die Höhe reckten.

Sportvorstand Jochen Schneider warnte davor, den Clubpatron dauerhaft an den Pranger zu stellen. „Sie haben ihm die Rote Karte gezeigt für ein grobes Foul. Dafür gibt es im Fußball die Rote Karte, dann hat man eine Sperre zu verbüßen. Das ist der Fall“, sagte Schneider am Samstag. „Wir müssen aufpassen, dass wir hier nicht eine Hetzjagd veranstalten, dass wir das ein Stück weit versachlichen“, ergänzte Schneider.

Ähnlich äußerte sich am Sonntag der Trainer des FSV Mainz 05 in der Sendung „Doppelpass“ von Sport1: „Wir alle sind in der Verantwortung, dem Menschen eine neue Chance zu geben“, meinte Sandro Schwarz.

Die Ämter ruhen

Nach tagelangen Diskussionen und einer Anhörung im Schalker Ehrenrat hatte Tönnies eingewilligt, sein Amt für drei Monate ruhen zu lassen. Zuvor hatte er seine Aussagen als Festredner beim Tag des Handwerks in Paderborn als „töricht“ bezeichnet und sich entschuldigt. Er hatte dort Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel kritisiert und empfohlen, lieber 20 Kraftwerke in Afrika zu finanzieren. „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren“, sagte Tönnies.

Mit diesen Worten hat der 63 Jahre alte Fleischfabrikant nach Ansicht vieler Schalke-Fans dem Club Schaden zugefügt. Seit vielen Jahren positioniert sich der Verein gegen Hass, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung und setzt sich für Fairness, Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit ein. Dass Tönnies dieses Bemühen fahrlässig torpedierte, nehmen ihm seine Kritiker sehr übel.

Keine Austrittswelle

Entgegen Gerüchten gab es auf Schalke aber keine größere Austrittswelle. Nach dpa-Informationen kündigten etwa 150 Anhänger seit der Ehrenratsentscheidung ihre Mitgliedschaft. Insgesamt hat der Großverein derzeit etwas mehr als 160.000 Mitglieder.

Noch einmal zu Wort meldete sich Ex-Nationalspieler Cacau. Der DFB-Integrationsbeauftragte warnte im ZDF vor einer Relativierung der Tönnies-Worte. „Man darf nicht an einer Spaltung teilnehmen, die in unserer Gesellschaft passiert oder auf dem Weg dorthin ist“, meinte der frühere Bundesliga-Profi. Tönnies habe eine zweite Chance verdient, müsse aber durch Taten zeigen, dass seine Reue echt und er „kein Rassist“ sei.

Ex-Profi Sascha Riether appellierte an das Gemeinschaftsgefühl und den Zusammenhalt zwischen Verein, Funktionsträgern, Mannschaft und Fans: „Wir dürfen uns nicht spalten lassen“, sagte der Koordinator der Schalker Lizenzspielerabteilung.

Reife Leistung auf dem Rasen

Der gelungene sportliche Auftakt im Pokal mit Toren von Steven Skrzybski (44.), Guido Burgstaller (61., 83.), Daniel Caligiuri per Foulelfmeter (65.) und Münir Mercan (73.) wird schnell vergessen sein. Nur nicht von Trainer David Wagner, für den es das Pflichtspieldebüt als Bundesliga-Trainer war. „Es war ein extrem wichtiges Spiel. Hier haben sich schon vorher einige sehr große Vereine richtig schwergetan. Von uns war es eine gute und reife Leistung“, lautete sein Fazit.

Einen ernsthaften Eindruck über die Entwicklung mit dem neuen Übungsleiter werden aber erst die nächsten zwei Spiele geben. Zum Ligaauftakt muss die Elf am Samstag in Mönchengladbach antreten. Eine Woche später ist Serienmeister FC Bayern im ersten Heimspiel zu Gast.

Rassismus? Bei den Knappen soll dafür kein Platz sein. Foto: dpa
Rassismus? Bei den Knappen soll dafür kein Platz sein.
x