Fussball Mainz 05 ist doch ein normaler Verein: Trainer Schwarz entlassen

Unzufrieden am Spielfeldrand: Sandro Schwarz am Samstag in der Partie gegen Union Berlin.
Unzufrieden am Spielfeldrand: Sandro Schwarz am Samstag in der Partie gegen Union Berlin. Foto: dpa

Die 2:3-Niederlage am Samstag gegen Aufsteiger Union Berlin ist die achte Niederlage in dieser Saison für den FSV Mainz 05 gewesen. Die Wiedergutmachung nach dem 0:8 in Leipzig blieb aus. Also zogen die Verantwortlichen des Tabellen-16. die Reißleine. Trainer Sandro Schwarz muss gehen.

Am Sonntagnachmittag nahm Sportvorstand Rouven Schröder Stellung zur überraschenden Entlassung und einvernehmlichen Trennung. „Die Entscheidung zur Trennung ist uns ungeheuer schwergefallen. Sandro Schwarz ist Mainzer und Nullfünfer durch und durch. Er hat sich immer mit großer Akribie, großem Fachwissen, Leidenschaft und Emotionalität für seinen Verein und seine Mannschaft eingesetzt“, erklärte Schröder. Bis auf weiteres wird Co-Trainer Jan-Moritz Lichte das Training des Bundesliga-16. leiten.

Die Saison hat für die „Nullfünfer“ im elften Bundesligajahr in Folge grauenvoll begonnen. Denn die 0:2-Niederlage am 11. August in der ersten Runde des DFB-Pokals beim Drittligisten 1. FC Kaiserslautern war schmerzhaft. Weil die eigenen Fans beim Zündeln auch noch die eigenen Fahnen in Brand setzten, stand Sandro Schwarz in den fies stinkenden Rauschwaden, die vom Block auf der Osttribüne Richtung Haupttribüne und Trainerbänke zogen. Der Trainer hatte keine Wahl, er richtete einen kurzen Blick Richtung Tribüne, ließ das Trauerspiel und den Gestank aber über sich ergehen. Was hätte er auch machen sollen?

In der Anfangsphase des Derbys hatte Mainz 05 alles im Griff gehabt, nur mit den Torchancen sind die Mainzer viel zu fahrlässig umgegangen. Robin Quaison hätte treffen müssen. Und es zeigte sich gleich, dass die Ausfälle im Sturm - Jean-Philippe Mateta und Neuzugang Dong-Won Ji - schwer wiegen würden. Aber so schwer?

Mainzer Stürmer treffen nicht

Der im Sommer als Ersatz verpflichtete Rückkehrer Adam Szalai spielte am Samstag an der Seite von Quaison gegen Union durch. Bemüht, ja. Doch den besseren Angriff stellten die Berliner, die nach dem 1:0 im Hauptstadtduell gegen die Hertha mit einer gesunden Portion Selbstvertrauen nach Mainz gekommen waren. Berlins kühler Blonder, Sebastian Andersson (45.+2, 51.), machte nach Eckbällen zwei Kopfball-Tore, während sein Sturmpartner Sebastian Polter ohne Treffer blieb, aber prima mit dem Schweden harmonierte. Das Mainzer Sturm-Duo verbuchte keinen Treffer. Für die Tore der Rheinhessen waren in der starken halben Stunde am Ende Joker Karim Onisiwo (81.) und Rechtsverteidiger Daniel Brosinski (90.+3) zuständig. Der Mainzer Routinier hatte aber auch den Fuß noch an einem Ball Marcus Ingvartsens (30.), der ins Tor ging. Und so gab es für eine gute Stunde der Berliner drei Treffer und für eine gute halbe Stunde der Mainzer nur zwei. Macht 3:2 für den Gegner.

Wütende Mainzer Fans

Die Mainzer Anhänger, die nach dem 0:3 (51.) schon sehr still geworden waren, tobten nach dem Abpfiff. Sandro Schwarz hatte den schweren Gang vor die eigene „Kurve“ nicht mit angetreten. Die Spieler liefen gegen eine Wand blanker Wut an und stellten sich gemeinsam mit Sportvorstand Rouven Schröder auch den Fans. Immerhin hatte Daniel Brosinski Verständnis für ihre Enttäuschung.

Aber desolat war Mainz 05 nicht. Union-Trainer Urs Fischer sprach von einem „glücklichen 3:2“. Er habe ein Stück weit versuchen wollen, Mainz mit den eigenen Waffen zu schlagen. Den Hausherren fehlte etwas vom sonst üblichen Punch in den Heimspielen, aber sie zeigten immerhin Moral. „Zu wenig Energie im Kollektiv“, meinte Schwarz, aus dessen Sicht es ein Kopfproblem war, dass die Wiedergutmachung nach dem bitteren 0:8 in der Vorwoche in Leipzig misslang.

Die höchste Bundesliga-Niederlage des Vereins und der schlechteste Saisonstart waren den Verantwortlichen bei aller Liebe nun doch zuviel. 30 Gegentore sind nach elf Spieltagen auch ein Desaster. Es war Pech, dass Abwehrchef Stefan Bell sich in Kaiserslautern verletzte und immer noch fehlt. Das 2:3 vom Samstag verfolgte der ehemalige Kapitän mit ernster Miene von der Tribüne aus. Die Saison hatte in Kaiserslautern schlecht angefangen - und im Grunde ist bisher die Wende noch nicht geglückt.

Union für Schwarz erneut ein Stolperstein

Da der nun entlassene Trainer, dessen Vertrag bis 2022 lief, ein Eingengewächs ist, tut die Trennung weh. Der gebürtige Mainzer hat die emotionalen Bundesliga-Anläufe unter Trainer Jürgen Klopp als Spieler miterlebt. Und Union wird nun zum zweiten Mal in seiner Karriere zu einem fiesen Stolperstein. Denn 2002 war Schwarz am 5. Mai dabei, als Mainz 05 am letzen Zweitliga-Spieltag bei den „Eisernen“ noch einen Zähler brauchte. Doch die Partie endete 1:3 und mit Tränen für Mainz 05 und seinen Tross, denn sie rutschen durch die Niederlage vom zweiten auf den vierten Platz ab und mussten den Traum vom Bundesliga-Aufstieg verschieben. 17 Jahre später endet für Schwarz nach einem erneuten 1:3 gegen die Köpenicker die Zeit als Trainer bei seinem Herzensverein. Es ist überraschend, dass sein Kredit nun doch so schnell aufgebraucht war.

Mainz 05, das sich selbst so gerne als Karnevals- und auch anderen Verein deklariert, hat branchenüblich reagiert. Angst, entlassen zu werden, hatte Sandro Schwarz nicht. Gut zwei Jahre lang hat er Mainz 05 trainiert und zweimal den Klassenverbleib geschafft. Im ersten Jahr kam seine Mannschaft als 14. (36 Punkte) ins Ziel, in der vergangenen Runde als 12. (43 Punkte). Dass er Bundesliga kann, hat Schwarz also bewiesen. Mit neun Punkten Startkapital muss nun ein anderer den Klassenverbleib sichern.

Wurde von den Berliner Fans in Mainz groß gefeiert: der zweifache Torschütze Sebastian Andersson.
Wurde von den Berliner Fans in Mainz groß gefeiert: der zweifache Torschütze Sebastian Andersson. Foto: dpa
Vor dem Spiel war die Stimmung noch gut, doch nach der Niederlage kochten auf der Mainzer Tribüne die Emotionen über.
Vor dem Spiel war die Stimmung noch gut, doch nach der Niederlage kochten auf der Mainzer Tribüne die Emotionen über. Foto: dpa
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