Sport Im Interview: Miro Klose lernt von Joachim Löw

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Miro Klose bejubelt ein Tor bei der WM 2014.

Miroslav Klose arbeitet seit November 2016 im Stab von Bundestrainer Joachim Löw. Dort will der Weltklassestürmer die aktuellen DFB-Angreifer noch besser machen. Nächsten Sonntag kehrt Klose auf den Betzenberg zurück – mit der Nationalelf zum WM-Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan. Ein Interview von Horst Konzok

Miro Klose, Sie haben Ihre wunderbare Karriere beendet, stehen jetzt am Beginn einer zweiten. War der Gewinn des Weltmeistertitels 2014 die Krönung all dessen, was Sie als Spieler erlebt haben?

Ich habe ja schon des Öfteren betont, dass ich in der Zeit, seit ich aufgehört habe, wenn ich beim Angeln am Wasser stand, all das Revue passieren ließ. Ich bin dankbar, dass ich nicht nur die Bundesliga oder die italienische Serie A, sondern vor allem auch die Nationalmannschaft so erleben durfte. Über eine lange Zeit haben wir mit einem Kern, zu dem Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski, Manuel Neuer, Per Mertesacker, Philipp Lahm oder Mesut Özil zählten, zusammengespielt. Ich war ja seit 2002 dabei, wurde einmal Zweiter, zweimal Dritter, bin der Einzige, der in vier WM-Halbfinals stand – umso schöner, dass wir dann 2014 was in der Hand hielten. Das hat alles aufgewertet. Die Tore, die ich geschossen habe, hätte ich ohne diese so besondere Mannschaft nie schießen können. Da wurde so eine Kraft, so eine Energie freigesetzt. Sie sind nun im Trainerteam der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, arbeiten speziell mit den Stürmern. Der Beginn einer zweiten Karriere? Der DFB ist auf mich zugekommen, hat mir das angeboten. Ich empfinde das als eine große Wertschätzung. Ich bin komplett eingebunden, sehe den Fußball nun auch aus ganz anderen Perspektiven als ich das als Spieler getan habe. Ich bringe mich im Trainerteam ein. Ich kann in einem so erfahrenen, einem überragenden Trainerteam um Jogi Löw sehr viel lernen. Ich will jetzt noch einmal eine Turnier-Erfahrung mitnehmen. Sie haben als Spieler vier Weltmeisterschaften gespielt, die WM 2018 werden Sie als Stürmertrainer erleben … Jeden Tag eine Mannschaft auf dem Platz zu haben ist etwas anderes, als sie nur zwei, drei Tage auf ein Länderspiel vorzubereiten. In den Trainingseinheiten mit den Stürmern kann ich ihnen auf dem Platz zeigen, was sie wann wie besser machen können. Ich kann sofort eingreifen, ihnen bei den Spielformen sagen, zeigen, was die richtigen Laufwege sind, ob sie beispielsweise zum langen Pfosten sollen. Wir haben ja vom Typ her sehr unterschiedliche Stürmer in der Nationalelf. Ein Sandro Wagner ist auch vom Charakter her anders als Timo Werner, Werner anders als Lars Stindl. Man muss als Trainer wissen, wie die Spieler über Fußball denken, um das im Training verfeinern zu können, damit sie noch stärker werden. Sie waren Kollege und Rivale von Mario Gomez, Sie haben sich respektiert, jeder hat ohne öffentliches Murren akzeptiert, wenn der andere den Vorzug erhielt. Gomez, derzeit verletzt, will zur WM, wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit ihm? Jeder muss seine Rolle finden. Die Spieler sind alle auf einem Top-Level. Es geht ja auch darum, welcher Stürmer passt in welcher Phase bei welchem Gegner. Wir wollen die beiden Qualifikationsspiele in Nordirland und gegen Aserbaidschan gewinnen, wollen in der Qualifikation ungeschlagen bleiben. Die meisten Spieler haben in 21 Tagen sieben Spiele. Wir müssen sehen, wer fit ist, und sie in den Trainingseinheiten auf die Gegner vorbereiten. Der Bundestrainer hat es ja betont: Es ist keiner gesetzt! Jeder muss sich permanent anbieten. Die Spieler nehmen das auch so an. Sie können sich nicht ausruhen. Das Miteinander ist wichtig. Natürlich gibt es Konkurrenz-Situationen, aber es ist wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen, das bringt positive Gefühle. 2014 hat die Bestätigung gebracht – die Mannschaft hat als Gemeinschaft funktioniert. Sie haben mit Timo Werner einen ganz jungen Stürmer unter den Fittichen, der sich im letzten Jahr grandios entwickelt hat. Er schießt ja auch viele Tore. Wie sehen Sie diesen Jungen? Timo Werner sehe ich positiv. Er besitzt eine ungeheure Qualität. Er ist wirklich top, muss in seinen jungen Jahren aber noch lernen, sein Spiel noch mehr zu variieren, damit er nicht zu leicht zu greifen ist. Er muss lernen, nicht so oft ins Abseits zu laufen. Bei seiner Geschwindigkeit kann er auch eineinhalb Meter tiefer stehen, bevor er startet. Welchen Trainerschein haben Sie, wie geht es in der Trainerausbildung bis zum Fußball-Lehrer weiter? Sie haben ja gesagt, dass es Ihr Fernziel ist, Bundesligatrainer zu werden. >Den Trainerschein für Jugend-Elite habe ich gemacht, den A-Schein-Lehrgang, bei dem auch Simon Rolfes und Sebastian Kehl dabei sind, absolvieren wir voraussichtlich noch bis Jahresende. Den Fußball-Lehrer will ich 2018, 2019 angehen, je nachdem wie die Planungen, die ich mit dem DFB abstimmen werde, mit der WM in Russland übereinzubringen sind. Und dann Bundesligatrainer? Es ist immer gut, einen Schritt nach dem anderen zu machen. Ich bin auch als Spieler in kleinen Etappen immer höher gekommen. Ich will ganz sicher erst einmal eine Jugendmannschaft trainieren, Gespür für Mannschaften entwickeln. Dann erst werde ich mal eine Senioren-Mannschaft übernehmen. Die Scheine sind das A und O. Das andere ist Zukunftsmusik. Wichtig ist eine gute Ausbildung. Sie lernen quasi einen dritten Beruf … Absolut. So war ich in meinem ganzen Leben. Auch als ich Zimmermann gelernt habe – ich weiß, was arbeiten heißt, war ich sehr lernwillig. Sie haben viele Trainer erlebt. Von wem konnten Sie am meisten lernen und sagen: So möchte ich später als Trainer auch mal arbeiten? Ich habe von jedem etwas mitgenommen – positiv wie negativ. Als Vorbild sucht man sich den Trainer aus, von dem man am meisten gelernt hat, mit dem man am besten klarkam. Ottmar Hitzfeld, der immer alle in einem Boot haben wollte, hat das menschlich überragend gemacht. Van Gaal war im taktischen Bereich gut. Thomas Schaaf vertrat einen ganz anderen Fußball, sehr offensiv ausgerichtet. Und von Otto Rehhagel habe ich super viel gelernt. Da war vieles sehr einfach – aber erfolgreich. Und für Jogi Löw zählt immer das Team, inklusive der Betreuer, die gemeinsamen Ziele stehen über allem. Damit kann ich mich sehr gut identifizieren, das war schon als Spieler so. Wie sehen Sie die Länderspiele in Nordirland und nächsten Sonntag gegen Aserbaidschan in Kaiserslautern, die letzten Schritte zur WM 2018? Wir wollen ungeschlagen bleiben. Ich freue mich besonders auf das Spiel auf dem Betze – es ist ja ein Stück weit meine Heimat, meine Familie lebt da. Wie oft sind Sie in der Pfalz? Zwei-, dreimal im Jahr. Meine Familie kommt ja auch oft mich besuchen. Man darf nicht vergessen, ich bin 13 Jahre weg, da verlieren sich auch Kontakte, Freundschaften. Und der FCK? Natürlich verfolge ich den FCK. Aber ich bin zu weit weg, um mir ein fundiertes Urteil zu erlauben. Von den handelnden Personen kenne ich persönlich nur noch Gerry Ehrmann und Zeugwart Wolfgang Wittich. Und Athletiktrainer Bastian Becker war in Blaubach mein Torwart.

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Lehrmeister Man muss als Trainer wissen, wie sie über Fußball denken, um das im Training verfeinern zu können, damit sie noch stärker werden.
Man muss als Trainer wissen, wie sie über Fußball denken, um das im Training verfeinern zu können, damit sie noch stärker werden
Man muss als Trainer wissen, wie sie über Fußball denken, um das im Training verfeinern zu können, damit sie noch stärker werden.
Jahrelang vertraute Bundestrainer Joachim Löw (links) seinem Musterknaben Miroslav Klose im Sturm der Nationalelf. Hier bei der
Jahrelang vertraute Bundestrainer Joachim Löw (links) seinem Musterknaben Miroslav Klose im Sturm der Nationalelf. Hier bei der Euro 2012.
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