Sport Die Probleme fliegen mit

Saudi-Arabiens Torwart Abdullah Al-Muaiouf kämpft mit Deutschlands Ilkay Gündogan um den Ball. Gündogan wurde vom Publikum mit h
Saudi-Arabiens Torwart Abdullah Al-Muaiouf kämpft mit Deutschlands Ilkay Gündogan um den Ball. Gündogan wurde vom Publikum mit heftigen Pfiffen begleitet.

Titelverteidiger Deutschland reist am Dienstag zur WM nach Russland. Am nächsten Sonntag steht in Moskau gegen Mexiko das erste Vorrundenspiel auf dem Programm. Bis dahin hat Bundestrainer Joachim Löw noch einiges zu tun. Das hat sich auch bei der nicht gerade gelungenen Generalprobe am Freitag in Leverkusen gegen Saudi-Arabien gezeigt.

Sorgenfrei ist anders. Unbeschwert fliegt der Titelverteidiger am Dienstag nicht zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Russland. Bundestrainer Joachim Löw hat mehrere Dinge auf verschiedenen Ebenen, um die er sich in den ersten Tagen im deutschen Quartier im südwestlich von Moskau gelegenen Watutinki kümmern muss. Das wurde auch am Freitagabend in Leverkusen offensichtlich: Die Generalprobe mit dem dürftigen 2:1 (2:0)-Sieg von Löws Stammformation gegen Saudi-Arabien, das am Donnerstag (17 Uhr MESZ) mit der Partie gegen Gastgeber Russland die WM eröffnet, ging ziemlich daneben. Um ein Haar hätte der 67. der Fifa-Weltrangliste die Riesensensation geschafft und in der Nachspielzeit gegen die bei der Chancenverwertung wie beim Umschaltspiel nach hinten allzu nachlässige deutsche Mannschaft noch das 2:2 erzielt.

Ein bisschen Sommerfußball

„Wir haben zu viele Chancen ausgelassen und zu viele Chancen des Gegners zugelassen“, konstatierte der Bundestrainer. Zu sehr erinnerte der nach einer ordentlichen Anfangsphase dann immer laxer werdende Auftritt des Weltmeisters und Weltranglisten-Ersten an diesem schwülen Juni-Abend in Leverkusen an Sommerfußball. Die am Freitag besten deutschen Spieler, Marco Reus und Timo Werner, waren maßgeblich am standesgemäß frühen Führungstreffer beteiligt: Reus brachte den Ball von links nach innen, Werner vollendete den von Joshua Kimmich mit seinem weiten Pass sehenswert eingeleiteten Angriff zum 1:0 (8.). Nach dem Pfostentreffer von Reus (11.) und dem vom am Freitag sehr starken Saudi-Torwart Abdullah Al-Muaiouf an den Pfosten gelenkten Kopfball Sami Khediras (37.) fiel noch vor der Pause das 2:0 (43.). Nach Werners Hereingabe von links lenkte Innenverteidiger Omar Hawsawi den Ball ins eigene Tor (43.). Zwischen den Treffern allerdings waren die Deutschen zu oft im Leerlauf unterwegs, waren im Abschluss nicht konsequent genug. Weil das auch für die zweite Halbzeit galt, durfte Saudi-Arabien verkürzen. Der von Khedira leicht getroffene Taiseer Al-Jassam kam im Strafraum zu Fall. Sein Kollege Mohammed Al-Sahlawi scheiterte am deutschen Torwart der zweiten Hälfte, an Marc-André ter Stegen, der gefoulte Al-Jassam selbst traf im Nachschuss zum 1:2 (84.). Und der Weltmeister hatte Glück, dass Al-Sahlawi kurz vor Schluss bei seiner Großchance nicht entschlossen genug war und Mats Hummels und Jonas Hector in allerhöchster Not klärten (90.+2).

Özil und Gündogan immer noch im Kreuzfeuer

Zu viele ungenaue Pässe im Spiel nach vorne, eine zu löchrige Defensive – und die anhaltenden Pfiffe gegen Mesut Özil und Ilkay Gündogan wegen ihres Auftritts vor vier Wochen in London mit dem politisch höchst umstrittenen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan: Löw hat einige Probleme im Gepäck. Am nächsten Sonntag um 17 Uhr MESZ geht es für die Deutschen in ihrem ersten Spiel in der WM-Gruppe F gegen Mexiko. Dann könnte der am Freitag wegen einer leichten Knieverletzung geschonte Özil wieder dabei sein; er fehlte als einziger der Arrivierten in der Startelf. Özil wurde aber ausgepfiffen, als sein Name vom Stadionsprecher bei der Auflistung der Reservisten verlesen wurde. Gleiches galt für Gündogan, gegen den die Pfiffe bei und nach seiner Einwechslung in der 57. Minute noch lauter wurden. Löw ist ziemlich ratlos, er will vermeiden, dass die Erdogan-„Affäre“ bei der WM auf die Stimmung drückt. „Das hat mich schon geschmerzt“, kommentierte der Trainer die Pfiffe gegen Gündogan. „Er ist auch geknickt, wenn er ständig ausgepfiffen wird.“

Neuers Form lässt hoffen

Viel Beifall gab es in Leverkusen für Torwart und Kapitän Manuel Neuer, der in der ersten Hälfte seinen zweiten Einsatz nach monatelanger Verletzungspause hatte. Jérôme Boateng, der rund sechs Wochen lädiert fehlte, war bei seinem 45-Minuten-Comeback in der Startelf die fehlende Praxis noch anzumerken. „Wir müssen sicherlich noch drauflegen, klar“, sagte Löw. Der Bundestrainer versicherte jedoch: „Wenn es losgeht, werden wir da sein.“ Löw und sein Team hoffen, dass die alte Theaterweisheit in ihrem Fall zutrifft und auf eine wenig glanzvolle Generalprobe eine gelungene Premiere folgt – Auflösung am nächsten Sonntag in Moskau.

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