Fussball Die Grenzen aufgezeigt

Dani Olmo hadert, Neymar jubelt.
Dani Olmo hadert, Neymar jubelt.

Peter Gulacsi wollte gern mit Yussuf Poulsen das Spiel auswerten, was RB Leipzig beim 0:3 (0:2) im Halbfinale der Champions League gegen Paris St. Germain hätte besser machen können. Doch Poulsen wehrte ab. Es war nicht der Moment für kleinteilige Analysen.

Vielmehr sog der Stürmer die Magie des Moments in sich auf. Nach Abpfiff saß der Kapitän der Leipziger noch 20 Minuten im Schneidersitz auf dem Rasen an der Seitenlinie. RB Leipzigs Rekordspieler (252 Einsätze) schaute in sich versunken in das leere Rund des Estadio da Luz in Lissabon, wo normalerweise der Lärm von 60.000 getost hätte. Immer mal wieder kam ein Kollege, Trainer oder Gegenspieler wie Thilo Kehrer vorbei, um Poulsen Mut zuzusprechen. „Es ging mir darum, den Moment zu genießen, mir durch den Kopf gehen zu lassen, was wir hier gerade gespielt haben“, erklärte er.

Auch ein bisschen Demut

Genießen? Nach einer 0:3-Niederlage? „Es geht darum, das zu verarbeiten und stolz zu sein, was wir hier geleistet haben“, betonte der 26-Jährige. Dafür bekam er Lob von Trainer Julian Nagelsmann, denn es war nach diesem Halbfinal-Abend nicht so einfach im Blick zu behalten, dass RB Leipzig elf Jahre nach der Gründung nicht nur gegen eine der besten, sondern auch gegen die sechstteuerste Mannschaft der Welt die Grenzen aufgezeigt bekam. „Man muss im richtigen Moment auch Demut walten lassen“, sagte der sonst so überaus selbstbewusste Nagelsmann. Der 33-Jährige wirkte nach der Pariser Machtdemonstration vergleichsweise gefasst. „Ich nehme sehr viel Positives mit aus der Champions League“, sagte er und meinte die „unerschrockene Leistung“ gegen Atlético. Auch gegen Paris habe sein Team das „Herz am rechten Fleck gehabt“.

Die alte Topspiel-Lethargie?

RB erlitt zwar ein Rückfall in die alte Topspiel-Lethargie. Doch der Gegner hieß eben auch PSG; und RB agierte auf einer Bühne, die für den Klub eigentlich noch eine Nummer zu groß ist. Auch wenn es von oben unterm Dach des in Rot gehaltenen Stadions, wo sonst der Benfica-Adler fliegt, nicht immer so aussah, sei sein Team „an die Grenzen gegangen“ und habe sich „auch außerhalb des Platzes top professionell verhalten. Es tut gut, so eine Mannschaft zu haben“, lobte Nagelsmann.

Ein enger Schulterschluss zwischen dem ehrgeizigen Trainer und seiner Mannschaft, die in der Champions League und speziell bei dem Turnier in Lissabon mehr noch als in der Bundesliga gespürt haben, dass sie perfekt zueinander passen. Zwei Lernende, Trainer wie Mannschaft, die hochbegabt sind und zwei Klassen übersprungen haben, aber in der höchsten Jahrgangsstufe nun auch mal die Grenzen aufgezeigt bekommen.

Nagelsmann ohne Einfluss

Bei der Lehrstunde gegen PSG musste Nagelsmann einsehen, dass er diesmal keinen Einfluss nehmen konnte. „Alle – Spieler und Trainer – hätten vieles besser machen können, es hätte wahrscheinlich trotzdem nicht gereicht“, sagte Nagelsmann und hatte damit wohl recht. Zu gierig auf den Titel war die 800 Millionen Euro teure Equipe aus Paris.

Nagelsmann bekannte zwar: „Aktuell überwiegt der Frust“. Doch vom Spektakel Champions League lenkte er den Fokus bereits auf die nächste Aufgabe: DFB-Pokal in Nürnberg in drei Wochen. „Psychologisch ist das keine einfache Situation. Die Spieler werden jetzt ein bisschen brauchen“, sagte er. „Aber wir müssen uns aufraffen, den Frust beiseiteschieben und dafür arbeiten, dass wir solche Spiele wieder erleben.“

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