Sport Der Heimkehrer

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Mannheim. Lew Woronin genoss am Mittwoch die Stunden in der Mannheimer SAP-Arena. Zwei Gründe gab es dafür: Der Co-Trainer der russischen Handball-Nationalmannschaft freute sich über den 27:25-Sieg über Deutschland und genoss außerdem die Möglichkeit, alte Freunde wiederzusehen.

Zwei Jahre war es schon her, als Woronin letztmals in der Region weilte, die zehn Jahre lang sein Lebensmittelpunkt gewesen ist. Zwischen 1998 und 2008 spielte der Linkshänder bei der TSG Friesenheim und gab dem Verein einen internationalen Glanz, denn Woronin zählte als Rechtsaußen zu den Leistungsträgern der russischen Nationalmannschaft, die 1996 Europameister, 1997 Weltmeister und 2000 Olympiasieger wurde. „Es ist schön, mal wieder hier zu sein“, sagte Woronin nach dem Länderspiel gegen die Deutschen und nachdem er sich angeregt und lange mit Freunden in der dann leeren SAP-Arena unterhalten hatte. Immer mal wieder hat er bis heute Kontakt zu Stephan Pfeiffer und Tobias Brahm, zwei ehemaligen Teamkollegen, darüber hinaus gingen die Beziehungen verloren. Das ist wenig verwunderlich, denn Woronin kehrte 2008 in die russische Heimat zurück und arbeitet seit 2010 als Trainer beim dortigen Erstligisten GK Permskie Medwedi. Zwei Flugstunden östlich von Moskau, nahe dem Ural, lebt und wirkt der frühere Rechtsaußen der TSG Friesenheim inzwischen, vor zwei Jahren gewann er mit seinem Klub den nationalen Pokal und hat seit Februar 2015 zudem gemeinsam mit Dimitri Torgowanow die Aufgabe übernommen, der russischen Nationalmannschaft verloren gegangenen Glanz zu verleihen. „Die Aufgabe macht Spaß, Dimitri und ich sehen uns als gleichberechtigte Partner“, berichtet der 45-Jährige. Noch aber sind die russischen Bären aber ein gutes Stück davon entfernt, wieder zu den führenden Handball-Nationen der Welt zu zählen, auch wenn zuletzt eine positive Tendenz erkennbar wurde. „Wir haben in unserem Land auch eine Krise und die spürt natürlich auch der Sport“, berichtet der ehemalige Friesenheimer von finanziellen Schwierigkeiten der Sportverbände. Die Unterstützung vom Staat ist deutlich zurückgegangen, so dass die Möglichkeiten, die besten Talente des riesigen Landes zusammen zu holen, eingeschränkt sind. Woronin verspürt deshalb Dankbarkeit, dass der Deutsche Handball-Bund (DHB) die Russen zu dem Testspiel in Mannheim eingeladen hat. „Wir haben so einen richtig guten Gegner, an dem wir wachsen können“, sagt der Coach. Wenige Tage vor dem ersten WM-Play-off-Duell gegen Montenegro genossen Woronin und die gesamte russische Delegation zudem die guten Bedingungen in der Region, um sich auf die wichtigen Spiele vorzubereiten. Mit einer jungen Mannschaft soll bei der Weltmeisterschaft im Januar 2017 der nächste Schritt zurück in die Weltspitze getan werden. Um dabei zu sein, müssen sich die Russen in zwei Spielen gegen Montenegro durchsetzen. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ist die ehemalige Handball-Weltmacht nur Zuschauer. Doch in vier Jahren in Tokio soll das anders aussehen. Das Vertrauen von Woronin in seine Spieler ist groß. Auf die Frage, was für die Russen in absehbarer Zeit sportlich möglich ist, sagte er: „Genau das gleiche, was die Deutschen geschafft haben.“

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