Eishockey Kommentar: Der Scheinriese hat wieder echte Größe

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Matthias Plachta trifft zum 3:0 für die Adler.

Die Adler Mannheim sind wieder Rekordmeister. Ihre Perspektiven sind glänzend – auch dank neu erschlossener Märkte.

Die Adler feiern gerade einen quasi doppelten Titelgewinn: Denn mit ihrer siebten deutschen Meisterschaft in der seit 1994 bestehenden Deutschen Eishockey-Liga holten sie sich den Prestigetitel Rekordmeister zurück. Dass sie diesen (noch) mit den Eisbären Berlin teilen müssen, ist verschmerzbar. Die Ära des Rivalen versickerte 2013, die Perspektiven der Adler sind dagegen glänzend: Nachdem sie nun auch die Vormachtstellung Red Bull Münchens beendeten, können sie selbst eine Dynastie begründen – so wie unter Trainer Lance Nethery von 1996 bis 1999. Damals im Spielerkader der Adler: das heutige Trainerduo Pavel Gross und Mike Pellegrims. Ist schon kurios, dass beide 20 Jahre nach ihrem Abschied aus Mannheim nun als Coaches dem darbenden Scheinriesen der Liga endlich zu echter Größe verhalfen – Zufall aber ist es nicht. Nie zuvor hat eine Meistermannschaft der Adler so viele Lehren aus den Punktrundenspielen und ersten Play-off-Runden gezogen. Was hier und dort noch punktuell schiefging, wurde sofort aufgearbeitet. Gross betonte immer wieder, dass auch er als Trainer mit seinem akribischen Stab lernen muss, sich verbessern muss. Diese Tugend, diese Selbstkritik geht nordamerikanischen Trainern häufig ab. Der in Mannheim gescheiterte Sean Simpson badete sich dagegen regelrecht in Selbstherrlichkeit. So war der Dezember 2017, als Klubchef Daniel Hopp das ewige „Weiter so“ brachial beendete und Simpson sowie Manager Teal Fowler entließ, die Keimzelle des Triumphs. Mit mutigen Transfers hat der unverbrauchte Manager Jan-Axel Alavaara das Team unberechenbarer und technisch stärker gemacht sowie läuferisch auf ein nie da gewesenes Niveau gehoben. Als echter Scoutingexperte wusste er genau, wen er da aus Finnland oder Schweden holte. Diese klug und neu erschlossenen Märkte können den Adlern helfen, wenn sie Asse wie Markus Eisenschmid und Moritz Seider an die NHL verlieren sollten – früher oder später.

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