Saach blooß – die Dialektserie „Zu bleed, fer e Loch in de Schnee zu brunze“ – Pfälzer Sprüche für Dummies

Kampf der Argumente: Dummheit ist extrem leicht zu erkennen – sofern sie einen nicht selbst betrifft.
Kampf der Argumente: Dummheit ist extrem leicht zu erkennen – sofern sie einen nicht selbst betrifft.

Von „dabbisch wie die anner Woch“ bis „zu doof, fer en Äämer Wasser umzuschmeiße“: Den Dummköpfen dieser Welt haben die Pfälzerinnen und Pälzer unzählige Redensarten gewidmet.

Die Lieblingszitate von „Saach blooß“ zum Thema Dummheit stammen – abgesehen von den klugen Zuschriften der Leserinnen und Leser zur heutigen Folge unserer Serie natürlich – von Friedrich Schiller und Ricky Gervais. Der britische Comedian sagt, Dummheit sei wie der Tod: schmerzhaft nur für die anderen – oder wie „die Karin un die Elke vun de Haßlocher Sparkass“ es ausdrücken: „Dummheit ist ein Geisteszustand, der verhindert, dass man merkt, dass man dumm ist“. Schiller wiederum lässt in „Die Jungfrau von Orleans“ den Heerführer Talbot stöhnen: „Mit Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens“ – ein Zitat, das aus gegebenem Anlass auch Barbara Dürk aus Hochdorf in den Sinn gekommen ist.

Immerhin: Die Pfälzerinnen und Pfälzer haben den Kampf gegen die Dummheit noch nicht ganz aufgegeben, zumindest nicht auf der Ebene der Sprüche und Redensarten. Für heute haben wir uns sogar nur die Vergleiche herausgepickt, also alle Sprüche zur Doofheit, die ein „wie“ enthalten. Außerdem geht es um Beschreibungen, zu was jemand angeblich zu „dabbich“ sein soll. Beschimpfungen wie „Dollbohrer“ (ihm ist im Buch zur Serie ein ganzes Kapitel gewidmet). „Dummbabbler“, „Dabbschädel“ oder „Rindvieh“ lassen wir gänzlich außer Acht.

Bohnenstroh – das Bettzeug für Arme

Starten wir mit „dumm wie Bohnestroh“ – eingeschickt „vun de Karin un de Elke“ sowie von Dieter Kasper aus Lauterecken. Der Spruch, der nicht nur im Pfälzischen verbreitet ist, wirft gleich einmal die Frage auf: Was, bitteschön, soll an Bohnenstroh eigentlich dumm sein? Wohl eher nichts. Die Redensart hat sich aus „grob wie Bohnenstroh“ entwickelt, und zwar zu Zeiten, als viele Menschen sich für ihre Bettsäcke das feinere Getreidestroh nicht leisten konnten und auf derbes Bohnenstroh zurückgreifen mussten.

Etwas direkter funktioniert die Erklärung bei den Sprüchen „dumm wie Holler“ oder „hohl wie en Zehner Weck“, die unter anderem Christa Welker aus Bissersheim nennt: Sowohl Holunder („Holler“ ist die Kurzform) als auch billige Wasserbrötchen sind innen weich beziehungsweise hohl und stehen daher stellvertretend für Hohlheit und Doofheit (im Detail nachzulesen in Folge 32 des Buchs zur Serie). „Dumm wie Brot“ könnte eine Variante des „Zehner Wecks“ sein, kann aber auch auf den Narren mit dem Brot in Psalm 52/53 der Bibel zurückgehen. Und Hermann Grundhöfer aus Harthausen liefert noch eine weitere pfälzische Gemüseversion: „hohl wie en Achzischer Reddich“. Hier geht’s wohl darum, dass besonders große Rettiche dazu neigen, holzig (und hohl) zu werden.

Dumm wie Holler, heißt es hier. Doch ob die formschöne Schüssel wirklich aus reiner Blödheit zu Boden gefallen ist?
Dumm wie Holler, heißt es hier. Doch ob die formschöne Schüssel wirklich aus reiner Blödheit zu Boden gefallen ist?

Hell wie en Schobbe Dunkel

Der Spruch „dumm wie e Pund Blunz“, eingeschickt von Reinhard Hartmann aus Kaiserslautern, ist eine Art Potenzierung: Das Wort „Blunz“ ist ursprünglich nur ein braves Pfälzer Wort für Blutwurst, doch in der Kombination „dummi Blunz“ ist es längst zum weit verbreiteten Schimpfwort geworden (wie in Folge 189 unserer Serie erörtert). Reinhard Hartmanns Version mit dem „Pund Blunz“ geht nun noch einen Schritt weiter.

Die Redensart „dabbi(s)ch wie die anner Woch“, ins Gespräch gebracht von Hermann Grundhöfer aus Harthausen, ist eine schwer zu knackende Nuss, wenn auch keine dumme Nuss, aber das nur am Rande. Vielleicht verweist diese Redensart auf ein Ereignis in der Vergangenheit, als sich jemand besonders dumm angestellt hat?

Die „dumm Blunz“ (links) und ihre Schwippschwägerin, die „beleidicht Lewwerworscht“.
Die »dumm Blunz« (links) und ihre Schwippschwägerin, die »beleidicht Lewwerworscht«.

Eindeutiger, weil alberner, sind Sprüche wie „en IQ wie e Toaschtbrot“, „dumm wie drei Meter Feldweech“ oder „hell wie e Päckel Dunkel“, von denen Frank Sessler aus Speyer uns Nummer 1 und Nummer 3 geschickt hat. Der dritte Spruch bringt Ironie ins Spiel, weil exakt das Gegenteil von dem gemeint ist, was tatsächlich gesagt wird. Christa Welker kennt ihn in der Variante „hell wie en Schobbe Dunkel“. Ebenfalls schon gehört: „hell wie e Tunnel“ (was sich bei richtiger Betonung sogar reimt).

Derb wird’s beim – den Zuschriften nach ziemlich weit verbreiteten – Spruch „dumm wie Schifferscheiße“, eingesandt unter anderem von Fritz Göbel per E-Mail. Fritz Wagner aus Erlenbach nennt noch die alliterative Version „so dumm wie siwwe Schippe Schutzmannscheiße“. Hier ist dann jeweils nichts mehr von einem Augenzwinkern zu spüren, das beim „Zehner Weck“ vielleicht noch mitspielen kann. Soll heißen: Wenn’s derart fäkal wird, dürfen Zuhörer und Betroffene getrost davon ausgehen, dass sich da gerade jemand richtig ärgert.

Zu bleed, fer aus em Bus zu winke

Spielerischer geht’s wieder zu, wenn die Pfälzer ihren Mitmenschen nachsagen, zu doof für eine bestimmte Verrichtung zu sein. „Zu dumm fer aus’m Bus zu winke“ ist hier eine moderne Variante, die allerdings (leider) nicht sehr viele Menschen zu verwenden scheinen. „Zu bleed, fer en Äämer Wasser umzuschmeiße“ (oder umzutrete) ist dagegen in aller Munde, so häufig, wie diese Redensart in den Zuschriften zitiert wird, zum Beispiel von Ruth Metz aus Hatzenbühl. Das Schöne daran: Hier wird der Betroffene als zu blöd für etwas tituliert, das gar nicht erstrebenswert ist. Denn in welcher Situation könnte es wohl wünschenswert erscheinen, dass ein Eimer umgeworfen wird? Genau: in keiner.

Kommen wir zur in der Pfalz ziemlich legendären Redensart „zu bleed fer e Loch in de Schnee zu brunze“. „Uff die Frooch zu dere Redewendung det die KI erscht emol saache: Das ist eine interessante Frage“, schreibt Wolfgang Kuhn aus Rülzheim. „Awwer wanner misch froochen, stell isch ma des schun schwer vor. Erscht emol musses ämol widder schneiche“ (oder „schneie“ oder „schnehe“).

Schnee hin, Achzischer Reddich her, es bleibt die Frage: Wird der Kampf der Pfälzer gegen die Dummheit (der jeweils anderen) irgendwann von Erfolg gekrönt sein?

Nächstes Mal: „anunfersich“

Bevor „Saach blooß“ darauf antwortet, wollen wir schnell die kluge Frage für die nächste Folge stellen. Die soll der Pfälzer Redewendung „anunfersich“ gewidmet sein. Vor allem wollen wir wissen, liebe Leserinnen und Leser: Wann und in welchem Kontext wird sie von Ihnen verwendet. Wann haben Sie zuletzt ein „anunfersich“ gesagt oder gehört? Was genau bringt man damit zum Ausdruck? Wie ist die Forumierung (und die weniger knackige hochdeutsche Version) wohl entstanden? Schreiben Sie uns!

Die Serie und die Adresse: Unter dem Motto „Saach blooß“ ergründen wir seit dem Jahr 2002 den Ursprung von originellen Sprüchen, Redensarten und Wörtern aus der Pfalz und die Geschichten dahinter. Wir tun das mithilfe unserer Leserinnen und Leser, ihres Sprachschatzes, ihrer Erfahrungen und Erinnerungen. Schreiben Sie unter dem Kennwort „Saach blooß“ an: RHEINPFALZ am SONNTAG, Amtsstraße 5-11, 67059 Ludwigshafen, Fax: 0621/5902-613, E-Mail: saachblooss@rheinpfalz.de.

Im Buch „Saach blooß“ sind auf 576 Seiten über 250 Saach-blooß-Folgen zusammengefasst und mit 2000 Pfälzer Begriffen und Redensa
Im Buch »Saach blooß« sind auf 576 Seiten über 250 Saach-blooß-Folgen zusammengefasst und mit 2000 Pfälzer Begriffen und Redensarten verschlagwortet. Darin finden sich auch die in dieser Folge erwähnten Beiträge zu »dumm wie Holler« und »(dummi) Blunz«.

Dieser Artikel stammt aus der RHEINPFALZ am SONNTAG, der Wochenzeitung der RHEINPFALZ. Digital lesen Sie die vollständige Ausgabe bereits samstags im E-Paper in der RHEINPFALZ-App (Android, iOS). Sonntags ab 5 Uhr erhalten Sie dort eine aktualisierte Version mit den Nachrichten vom Samstag aus der Pfalz, Deutschland und der Welt sowie besonders ausführlich vom Sport.

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